Seit 96 Jahren ist The Peninsula ein Fixstern der globalen Luxushotellerie
Seit 96 Jahren ist The Peninsula ein Fixstern der globalen Luxushotellerie
Getty Images

Sanft perlen die Töne bekannter Swing-Nummern von der Galerie, auf der die Band spielt, hinunter in die großzügig gestaltete Lobby, wo sich Hotelgäste, Geschäftsleute und Locals tummeln und ihren Afternoon Tea mit Scones und Gurkensandwiches genießen. 1928 sah das ganz ähnlich aus. Als das Hotel The Peninsula im Hongkonger Stadtteil Kowloon eröffnete, avancierte die Lobby rasch zum "Wohnzimmer" der asiatischen Me­tropole. Es heißt, damals wählten Eingeweihte ihren Sitzplatz strategisch: Rechts vom Eingang saßen Paare, links nahmen Alleinstehende Platz. Die Hotellobby war also so etwas wie der analoge, schicke Vorgänger von Dating-Apps wie Tinder.

Diese Zeiten sind vorbei, doch eines hat sich nicht geändert: Das Peninsula ist international einer der wenigen wirklichen Ikonen der Luxushotellerie – mit einer Flotte von 14 Rolls-Royce Phantom in der eigens gemischten Farbe "Peninsula Brewster Green", zwei Michelin-prämierten Restaurants, ebenso vielen Hubschrauberlandeplätzen und einer hochkarätigen Gästeschar, die Superstars wie Madonna oder Tom Cruise umfasst.

Auf der falschen Seite?

Dabei standen die Zeichen zu Beginn der Geschichte der Nobelunterkunft nicht gerade gut. "Wir scherzen gerne, dass wir seit 96 Jahren auf der falschen Seite stehen. Aber es funktioniert ja doch", sagt Peter Borer. Der Schweizer ist COO (Chief Operating Officer), also Leiter für das operative Geschäft bei der Hotelgesellschaft Hongkong and Shanghai Hotels, zu der auch das Peninsula Hongkong und die anderen elf Dependancen gehören. Der 71-Jährige ist seit 1981 im Unternehmen, hat das Peninsula Hongkong zehn Jahre lang geleitet, und man könnte ihn als engen Vertrauten der Familie Kadoorie bezeichnen.

Diese gründete das Hotel vor 96 Jahren mit dem Vorhaben, "das vornehmste Hotel östlich von Suez" zu errichten. Die irakisch-jüdisch-stämmige Familie ist noch immer im Besitz von 47 Prozent der Hotelgruppe. Vorsitzender ist Sir Michael Kadoorie, der im engen Austausch mit Peter Borer steht und ihn auch während des RONDO-Interviews anruft, um wichtige Angelegenheiten zu besprechen.

1994 wurde das Hotel um einen Turm erweitert.
1994 wurde das Hotel um einen Turm erweitert.
The Peninsula

Als Borer sich von dem kurzen Telefonat zurückkehrt, erklärt er, die ganze Stadt habe das Vorhaben, in Kowloon ein Hotel zu bauen, belächelt. "Damals spielte sich alles auf der gegenüberliegenden Seite des Victoria Harbours, auf Hong Kong Island ab", sagt Borer. Wobei, nicht alles. Unweit des Peninsula steht noch heute ein rostbrauner Uhrturm, ein Überbleibsel der "Kowloon Station", eines Bahnhofs der Kowloon-Canton Railway. Anfang des 20. Jahrhunderts kamen hier Zugreisende aus Europa an. Anderthalb Monate dauerte der Trip nach Hongkong. Für viele ging’s dann gleich auf eine Erfrischung in die Lobby des Peninsula. Dass die Kleidung der Gäste nach der langen Reise nicht gerade knitterfrei war, machte nichts.

Internationaler Jetset

Noch heute ist es Borer wichtig, dass den Menschen die Schwellenangst genommen wird, sie sich in das vornehme Haus trauen. "Wir erklären unseren Angestellten, die an der Tür arbeiten, wie wichtig es ist, alle Gäste sehr freundlich zu begrüßen, auch wenn sie sehr leger gekleidet sind oder nur kurz reinschauen und gleich wieder verschwinden", sagt Peter Borer. Woher der Spitzname des Hotels "Grand Dame" kommt, kann er nicht sagen, aber "für 96 schaut sie noch super aus. Wobei sie sich regelmäßig eine Botoxbehandlung gönnt", scherzt der Schweizer.

1928 wurde The Peninsula eröffnet.
1928 wurde The Peninsula eröffnet.
IMAGO/GRANGER Historical Picture

Diese ältere Dame hat in all den Jahren natürlich einiges erlebt. Nach der Schlacht um Hongkong 1941 wurde das Peninsula der Stützpunkt der japanischen Armee. In dem Zimmer, das damals die Nummer 336 trug, unterzeichnet der damalige Gouverneur von Hongkong, Sir Mark Aitschison Young, die Papiere seiner Niederlage gegen Japan. Als nach Kriegsende das Hotel wieder an die Familie Kadoorie übergeben wurde, so heißt es, befand es sich in einem schlechten Zustand. Aber bereits in den Fünfzigerjahren fand die Nobelunterkunft zu altem Glanz zurück und wurde zum Treffpunkt des internationalen Jetsets. Auch Stars wie Elizabeth Taylor oder Paul Anka checkten hier ein. Im sogenannten Music Room probten sie für Auftritte. Heute heißt das Zimmer Archive Room und erzählt die wichtigsten Momente der Hotelgeschichte nach.

Voller Service und Sonderwünsche

Dazu gehört auch sicherlich der Aufbau des 30-stöckigen Turms, der nach Fertigstellung im Jahr 1994 die Zimmeranzahl auf 300 erhöhte. "Es gab eine Phase während des Umbaus, da konnte man vom sechsten Stock bis ins Untergeschoß blicken. Es kam ein heftiger Sturm, und es hat durchs ganze Haus geregnet. Das war nicht so schön", erinnert sich Peter Borer. Trotzdem musste man das Hotel zu keinem Zeitpunkt zusperren. "Das wäre ein dunkler Moment für Hongkong", sagt der Hotelier. Auch während der Corona-Pandemie stand das Peninsula für Gäste offen. Und auch Personal habe man nicht entlassen, sagt Borer. Loyalität gehe schließlich in beide Richtungen. Das klingt nach Marketingsprech, aber tatsächlich hört man von einigen Mitarbeitenden im Hotel, die Belegschaft sei wie eine Familie – mit über 7000 Mitgliedern.

Die Lobby ist noch immer ein beliebter Treffpunkt.
Die Lobby ist noch immer ein beliebter Treffpunkt.
The Peninsula

Die Hotel-Ikone bietet aber natürlich noch mehr als eine reichhaltige Geschichte und eine schicke Lobby. Zahlreiche Shops bekannter Luxusmarken wie Louis Vuitton, Harry Winston oder auch die erste Chanel-Boutique außerhalb von Paris sind im Peninsula beheimatet. Mehrere Restaurants stehen zur Auswahl, darunter das von Philippe Starck designte "Felix" oder die mit jeweils einem Michelin-Stern ausgezeichneten Lokale "Spring Moon" (kantonesische Küche) und "Gaddi’s" (französische Küche). Spa-Bereich, Swimmingpool und Fitnessbereich gibt’s selbstverständlich auch. Auf dem Dach des Hotels befinden sich zwei Helikopterlandeplätze, von denen aus Stadtrundflüge gebucht werden können und illustre Gäste unbemerkt in ihr Zimmer gelangen. Manche wollen das aber gar nicht. So wie zum Beispiel Tom Cruise.

Der Hollywood-Star kam für die Promotion eines "Mission Impossible"-Films nach Hongkong. Er sollte mit dem Hubschrauber vom Flughafen ins Peninsula gebracht werden. Kurzfristig änderte er seine Meinung, wollte sich stattdessen doch lieber mit einem der Rolls-Royce ins Hotel bringen lassen, erzählt man hinter vorgehaltener Hand. Grund dafür: Durch den Heli-Transfer hätte Cruise auf das Bad in der Menge verzichten müssen. Die Fans wird’s gefreut haben.

Logiert hat der Schauspieler übrigens in der Präsidentensuite. Umgerechnet rund 28.000 Euro pro Nacht kostet diese. Madonna hat hier auch schon eingecheckt, lässt sich mit etwas Nachdruck in Erfahrung bringen (wenn das Peter Borer wüsste!). Weil die Sängerin nicht mit den anderen Hotelgästen im Fitnessbereich trainieren wollte, habe man das Büro kurzerhand in ein privates Gym verwandelt: Die temporär gedachte Lösung ist mittlerweile permanenter Teil der Ausstattung in der Präsidentensuite. Basketball-Legende Michael Jordan hat hier ebenfalls schon genächtigt. Auch über ihn gibt es eine Anekdote, die eigentlich gegen das Diskretionsgebot verstößt: Das Bett war zu kurz und musste verlängert werden. (RONDO, Michael Steingruber, 19.4.2024)