Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und anderen Bereichen betonen bereits seit Jahren, dass es in Österreich weit mehr Gebäude gibt, als benötigt werden: "Österreich ist fertig bebaut", hieß es etwa unlängst von der Kammer der Architektinnen und Ziviltechniker. Die logische und für das Klima beste Folge wäre daher, die Sanierungsrate zu erhöhen und Leerstände zu beleben.

Wo Neubauten zur Nachverdichtung und mehrgeschoßig errichtet werden, sind sie am nachhaltigsten. Dennoch gibt es bei dem Thema noch viel Luft nach oben.
IMAGO/Michael Gstettenbauer

Gleichzeitig entwickeln Bauträger weiter komplett neue Projekte, teilweise auch immer noch auf der grünen Wiese. Viele hätten sich allerdings bereits selbst dazu verpflichtet, nur mehr sogenannte Brownfields zu bebauen, also Grundstücke, die bereits versiegelt sind oder vorgenutzt wurden, sagt Sebastian Beiglböck, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (Vöpe).

Die Bedeutung des Bestands werde zunehmen, der Wohnbedarf lasse sich ausschließlich durch Bestandsbauten vor allem in Ballungsräumen jedoch nicht stemmen, glaubt Beiglböck. Alexander Bosak, geschäftsführender Gesellschafter von Exploreal, einem Unternehmen, das sich mit Immobiliendaten beschäftigt, ergänzt: In Städten, also dort, wo es bereits gut ausgebaute Infrastruktur gibt, könne Nachverdichtung durch mehrgeschoßige Neubauten zudem auch nachhaltig sein.

Wie nachhaltig sie tatsächlich sind, soll in Zukunft jährlich evaluiert werden. Dafür werden Neubauten ab fünf Wohneinheiten auf den Heizwärmebedarf, das Heizsystem, die Baumaterialien und soziale Faktoren wie Gemeinschaftsräume abgeklopft. Der erste Bericht, den Vöpe und Exploreal nun präsentiert haben, hat über alle Bundesländer verteilt rund 125.000 zwischen 2022 und 2024 fertiggestellte und geplante Wohneinheiten unter die Lupe genommen. Verglichen wurde dabei auch der Gesamtmarkt mit jenen 60 Bauträgern, die Teil der Vöpe sind und sich damit zu besonderer Nachhaltigkeit verpflichtet haben.

Niedrigenergiehäuser in der Mehrzahl

Die konkreten Daten zeigen, dass es noch viel Potenzial nach oben gibt. Obwohl die Gebäude allesamt jüngst fertiggestellt oder geplant wurden, verfügen noch 13 Prozent der Wohneinheiten über ein nicht nachhaltiges, also ein fossiles Heizsystem. 52 Prozent werden mit Fernwärme versorgt, die zu einem großen Teil noch mittels Gas erzeugt wird. 27 Prozent der Wohneinheiten werden nachhaltig beheizt, fünf Prozent mit Pellets und drei Prozent mit Nahwärme.

Der durchschnittliche Heizwärmebedarf, der angibt, wie viel Energie zugeführt werden muss, um eine Temperatur von 20 Grad Celsius zu halten, beträgt insgesamt 26,4 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Bei einem Bedarf unter 25 Kilowattstunden spricht man von Niedrigstenergiehäusern. Die durchschnittliche neu gebaute Wohneinheit schrammt also knapp an diesem Grenzwert vorbei. Zwischen 25 und 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr ist die Rede von Niedrigenergiehäusern.

Auch der Baustoff Holz ist im Neubau, einigen Pionierprojekten zum Trotz, bislang nur ein Nischenprodukt. Nur vier Prozent der Wohneinheiten wurden in Holzbauweise entwickelt, 96 Prozent sind aus Ziegel, Beton oder einer Mischform der beiden Baustoffe.

Letztlich werden auch soziale Komponenten in vielen Projekten noch eher vernachlässigt. In nur 19 Prozent der untersuchten Wohneinheiten hatten die Bewohnerinnen und Bewohner Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen wie einem Gemeinschaftsgarten, Fitness-, Spiel- oder Mehrzweckräumen, Coworking, Carsharing oder Leihfahrrädern. Zwar sind diese, wie es von der Vöpe heißt, gemäß Bauordnung nicht verpflichtend – jedoch ein großer Mehrwert für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Gesellschaft insgesamt. (Bernadette Redl, 18.4.2024)