Arbeitskollegen beim Plaudern auf der Terrasse
Gratiskaffee im motivierenden Team: Firmen sollten vor allem kulturelle Benefits bieten, sagen Fachleute.
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Jungen Leuten reicht es nicht mehr, ein faires Gehalt zu verdienen. So steht es in zahlreichen Untersuchungen zu nachfolgenden Generationen in der Arbeitswelt. Was ein Unternehmen für Jobsuchende interessant macht, ist, was es abseits von Geld bieten kann – mehr denn je. Denn längst sind Homeoffice (oder das Arbeiten von überall), flexible Arbeitszeiten und zusätzliche Urlaubstage für viele ein Muss. Starre Verhältnisse und strenge Hierarchien kommen kaum noch infrage.

Durch den Fachkräftemangel in zahlreichen Branchen und einen Arbeitsmarkt, der immer mehr von Arbeitnehmern statt Unternehmen dominiert wird, rücken Zusatzleistungen bei der Jobwahl immer mehr in den Fokus. Um keinen Nachteil zu haben – Obstkorb und Tischfußballtisch haben ausgedient –, müssen Firmen kreativ werden.

DER STANDARD hat sich dazu stichprobenartig und in unterschiedlichen Branchen auf der Jobplattform Stepstone angesehen, auf welche Benefits Unternehmen österreichweit setzen. Das Bild zeigt, wie different sie diese definieren und dass häufig auch bestimmte Arbeitsbedingungen als Bonus angeführt werden.

Von Raumtemperatur bis Weihnachtsgeld

Eine Möbelkette nannte moderne, effiziente Arbeitsmittel und pünktliche, zuverlässige Gehaltsüberweisung als Benefit, ein Pharmaunternehmen Räume mit 21 Grad Celsius und ein Handelsunternehmen einen regelmäßigen Dienstplan. Eine Logistikfirma gab unter attraktiven Sozialleistungen kostenloses Obst und Kaffee sowie einen Essenszuschuss an. Die Einschulung durch Kollegen war unter Benefits bei einem Getränkeunternehmen, in einigen Hotels die kostenlose Reinigung der Dienstkleidung angegeben. Eine NGO versprach eine unbefristete Festanstellung mit Vollversicherung sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Wiederum eine Hotelkette schrieb das 13. und 14. Gehalt unter Benefits. Ein Tech-Unternehmen will mit moderner IT und Büroausstattung punkten.

Einige bekannte Großunternehmen führten eine lange Liste an Gesundheits- und Vorsorgeangeboten oder Öffi-Tickets und Essenszuschüsse an. Aber was gilt nun als Hygienefaktor, was wiederum als wahre Bereicherung? Und was wollen Berufseinsteiger heute? "Es fängt schon damit an, wie ein Unternehmen mit Bewerbenden umgeht", erklärt dazu Florian Schnabel. Er ist Professor an der FH Burgenland und leitet den Masterstudiengang Gesundheitsförderung und Personalmanagement. Am besten horche man schon im Bewerbungsgespräch genau hin, welche Benefits es gibt, die über häufig zeitlich begrenzte Angebote wie Fitnessstudio oder kostenloses Obst und Gemüse hinausgehen. "Es sollte konkret kommuniziert werden, ob es etwa Gleitzeitmodelle gibt oder man Beruf und Familie vereinen kann", sagt Schnabel.

Wichtig zu erwähnen sei heute in Stellenanzeigen, wie sinnstiftend die Arbeit in dem Unternehmen ist, sagt der Personalexperte. Benefits wie ein unbefristeter Arbeitsvertrag hingegen nähmen wieder an Bedeutung ab. Wenn die Arbeitsbedingungen nicht passen, würden vor allem jüngere Leute den Arbeitgeber lieber wechseln. Attraktiv seien heutzutage auch konkrete Entwicklungsmöglichkeiten in der Firma wie Fortbildungen und Lernangebote. Damit würden Unternehmen ihren Fürsorgepflichten nachkommen.

Christoph Monschein, Geschäftsführer der digitalen Benefit-Plattform Edenred, will Unternehmen vor allem steuerfreie Benefits näherbringen. Seine Plattform bietet etwa Essens- und Lebensmittelgutscheine, aber auch Geschenkgutscheine, die Unternehmen für ihre Mitarbeitenden nutzen können. Heute könne das Mitarbeitenden etwas Belastung durch die Inflation abnehmen. Was nicht geht, sagt Monschein dem STANDARD, seien Benefits mit Einschränkungen. Etwa wenn man übriggebliebene Produkte nur begrenzt mit nach Hause nehmen dürfe, weil es sonst Diebstahl wäre. Oder wenn Mitarbeitende sich maximal ein Stück Obst nehmen dürfen. "Ein Benefit muss auch wirklich etwas Positives bedeuten", sagt Monschein.

Auch mit weniger Budget

Auch kleinere Unternehmen mit weniger Budget hätten die Möglichkeit, bei jungen Menschen zu punkten. "Wir wissen auch, dass die Viertagewoche als Benefit heute besonders gut ankommt", sagt dazu FH-Professor Schnabel. Managementaufgabe sei aber auch, für einen guten Austausch zwischen Kolleginnen und Kollegen und ein angenehmes Klima zu sorgen. Auch das könne Mitarbeitende bereits stark überzeugen.

Das Thema Nachhaltigkeit ist heute als Benefit immer mehr präsent. Allerdings muss man hier mit dem Begriff aufpassen, betont Schnabel. Unternehmen sollten darauf achten, dass Nachhaltigkeit etwa nicht nur die Ökologie bedeute, sondern auch Nachhaltigkeit im Sinne von sozialer Gerechtigkeit und guten Arbeitsbedingungen. "Sowohl das Umwelt- als auch das Sozialverständnis wird in Zukunft immer wichtiger, über alle Berufsgruppen hinweg."

Ein zu großzügiges Angebot an Zusatzleistungen sei aber auch mit Vorsicht zu genießen, sagt Monschein von Edenred. Beispiele gebe es von Tech-Firmen aus den USA: Ein breites Sport- und Freizeitangebot, gratis Urlaubsmöglichkeiten und zahlreiche Zuschüsse könnten oft auch eine hohe Fluktuation im Unternehmen kaschieren. Große Unternehmen, die zahlreiche Leute rekrutieren, aber sie recht schnell wieder loswerden müssen, seien häufig auch die, die erst zahlreiche Benefits wie maximale Flexibilität oder unendliche Urlaubstage anbieten würden.

Schnabel empfiehlt daher, schon im Bewerbungsprozess besonders auf die Werte und die Kultur eines Unternehmens zu achten. "Weicht die gelebte Unternehmenskultur von den Worten in Stellenausschreibungen ab, dann gibt es ein Zeichen für hohe Fluktuation." In Zukunft würden Arbeitnehmer genauer unter die Lupe nehmen, wie authentisch eine Firma ist – vor allem im Bereich Nachhaltigkeit, Gesundheit und Führungskräfteentwicklung. (Melanie Raidl, 17.4.2024)