Stadtseilbahn in London
In London verbindet seit dem Jahr 2012 eine Seilbahn die Stadtteile Greenwich und Docklands, überquert wird auch die Themse. In Wien hat eine Machbarkeitsstudie nun zwei mögliche Stadtseilbahntrassen überprüft.
TAL COHEN / EPA / picturedesk.co

Von einem Ort zum nächsten gondeln, über Wien schweben: Immer wieder poppten in den vergangenen Jahren Ideen für eine Stadtseilbahn in der Bundeshauptstadt auf. Zuletzt wurde vor einem Jahr von einem privaten Projektwerber eine Seilbahn vom Bahnhof Heiligenstadt hinauf auf den Kahlenberg vorgestellt. Zu diesem Vorhaben gibt es aber große Vorbehalte vonseiten der Stadt Wien. Andererseits hat es das Thema Stadtseilbahn auf Betreiben der Neos kurz, aber doch ins rot-pinke Regierungsprogramm geschafft: Die Stadtkoalition hat sich darin geeinigt, bis zum Jahr 2022 die Machbarkeit von bestimmten Seilbahnprojekten zu prüfen.

Nun liegt mit Verspätung das Ergebnis dieser von der Stadt beauftragten Studie vor, wie DER STANDARD auf Anfrage im Ressort der zuständigen Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) in Erfahrung bringen konnte. Das Verkehrsplanungsbüro Komobile widmete sich der Aufgabenstellung, ob eine Stadtseilbahn in Wien als Ergänzung zum bereits bestehenden Öffi-Netz einen Mehrwert generieren kann. Intensiv untersucht wurden zwei von der Stadt festgelegte Streckenverläufe. Das erste Projekt betrifft die Verbindung Hütteldorf und Ottakring samt Anbindung des riesigen Otto-Wagner-Areals. Die Strecke mit fünf Zwischenstationen ist rund 4,6 Kilometer lang.

So sieht die geplante Streckenführung einer Stadtseilbahn zwischen dem Bahnhof Ottakring und dem Bahnhof Hütteldorf aus. Diese verläuft auch über das riesige Otto Wagner Areal (OWA)
So sieht die geplante Streckenführung einer Stadtseilbahn zwischen dem Bahnhof Ottakring und dem Bahnhof Hütteldorf aus. Diese verläuft auch über das riesige Otto Wagner Areal (OWA).
Grafik: DER STANDARD

Beim zweiten Projekt geht es um die Verbindung zwischen dem Wiener Hauptbahnhof und dem künftigen Fernbusterminal beim Happel-Stadion: Der Streckenverlauf sieht zunächst eine Zwischenstation im Bereich Arsenal vor, ehe die Seilbahn entlang der Südosttangente führen soll. Auf knapp sieben Kilometer Länge wären auch Stopps bei der geplanten Eventhalle in Neu Marx im Prater oder bei der Donaumarina vorgesehen.

In der Studie wird darauf verwiesen, dass Wien kein Einzelfall sei und sich mehrere Städte in Europa mit Seilbahnprojekten ähnlicher Größenordnung beschäftigen würden. In München wird eine Seilbahnidee per Machbarkeitsstudie geprüft, ebenso in Köln, Bonn oder Wuppertal. Im französischen Toulouse wurde 2022 bereits eine rund drei Kilometer lange Stadtseilbahn eröffnet, in London werden seit 2012 die Stadtteile Greenwich und Docklands über die Themse per Gondelbahn verbunden. Der Haupteinsatzzweck ist laut Studie bei europäischen Stadtseilbahn-Ideen eine vorhandene Verkehrsnachfrage und "so gut wie immer die Überwindung von topografischen Hindernissen wie Höhenunterschiede oder Gewässer".

Die zweite untersuchte mögliche Trasse verläuft zunächst vom Hauptbahnhof in Richtung Arsenal. Weiter geht es entlang der Südosttangente bis zur Donau und dann zum geplanten Fernbusterminal beim Happel-Stadion.
Die zweite untersuchte mögliche Trasse verläuft zunächst vom Hauptbahnhof in Richtung Arsenal. Weiter geht es entlang der Südosttangente bis zur Donau und dann zum geplanten Fernbusterminal beim Happel-Stadion.
Grafik: DER STANDARD

Straßenbahnen und Busse in Wien im Vorteil

Bei den zwei Projektideen in Wien konnten laut Studie keine topografischen Barrieren identifiziert werden, die nicht mit einer Optimierung oder Ausweitung bereits bestehender Öffi-Systeme überwunden werden können. Straßenbahnen und Busse würden sich "generell besser zur Erweiterung oder Verbesserung" des Öffi-Systems eignen. Auch Kostenvorteile im Vergleich zu den bestehenden Öffis ergeben sich demnach nicht. Eine deutliche Verringerung von Reisezeiten würde es mit der Einführung einer Stadtseilbahn nur in Teilbereichen spielen. Dazu kommt, dass bei den Stadtseilbahntrassen erhebliche sogenannte Raumwiderstände und Hürden erwartet werden, weil etwa private Grundstücke, dichtbebaute Siedlungen oder Schutzgebiete überflogen werden.

Die Schlussfolgerung im Bericht fällt deutlich aus: Demnach "wird ein Seilbahnsystem auf den geprüften Korridoren nicht empfohlen". Zu weiteren Seilbahnprojekten in Wien zeigen sich die Studienautoren skeptisch: "Auch generell zeichnet sich ein nutzbringender Einsatz im Wiener Stadtgebiet nicht ab."

Kahlenberg-Projekt nicht untersucht

Das konkrete private Vorhaben einer Stadtseilbahn hinauf auf den Kahlenberg wird im Bericht aber nicht genauer untersucht. Das hat laut Stadt einen einfachen Grund: Wie im Pakt zwischen SPÖ und Neos festgehalten ist, werden "Seilbahnen im Natur- oder Landschaftsgebiet (z. B. Kahlenberg)" ausgeschlossen. Beim Wiener SPÖ-Parteitag am Samstag kommt auch ein Antrag der Jungen Generation zur Abstimmung, der sich gegen die Kahlenberg-Pläne ausspricht. Die Empfehlung der SPÖ-Antragskommission an die Delegierten lautet, diesem Antrag zuzustimmen.

Unternehmer und Projektbetreiber Hannes Dejaco bleibt dennoch am 70-Millionen-Euro-Vorhaben dran. Er wirbt damit, dass mit der Seilbahn eine direkte Öffi-Verbindung zwischen Heiligenstadt und Floridsdorf realisiert wird, bevor es bergwärts geht. Aktuell läuft noch ein Feststellungsverfahren bei der Stadt Wien, ob eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Stadtseilbahn besteht.

Der Streckenverlauf der geplanten Stadtseilbahn auf den Kahlenberg.
Der Streckenverlauf der geplanten Stadtseilbahn auf den Kahlenberg.
APA

Die Wiener SPÖ verweist in einer Stellungnahme darauf, dass die Studie deutlich gemacht habe, dass eine Umsetzung einer Stadtseilbahn entlang der diskutierten Trassen nicht zielführend sei. Der Schwerpunkt in Wien liege "auf dem weiteren Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel". Neos-Mandatar Stefan Gara meinte hingegen: "Es ist gut und wichtig, dass mit dem Vorliegen der Studie ein Diskurs über Stadtseilbahnen startet." Die Neos seien "weiterhin offen für innovative Mobilitätslösungen, wenn es einen verkehrlichen Nutzen gibt". Das betreffe auch eine mögliche Stadtseilbahn auf den Kahlenberg. Hier müssten aber die Ergebnisse der Verfahren noch abgewartet werden. (David Krutzler, 17.4.2024)