Das Kiewer Team bei einer Herztransplantation.
Heart Institute Kyiv

Derzeit findet in Prag eine Konferenz der internationalen Gesellschaft für Herz- und Lungentransplantation statt. Die Teilnehmenden tauschen sich dort über die neuesten Methoden der Transplantationschirurgie aus. Doch dieses Mal bekamen sie eine ungewöhnliche Geschichte zu hören.

Borys Todurow, der Direktor des Herz-Instituts des ukrainischen Gesundheitsministeriums in Kiew, in dem Herztransplantationen durchgeführt werden, berichtete über die Arbeit an seinem Institut. Trotz des Krieges werden dort weiterhin Herzen verpflanzt. Die Methoden mussten allerdings stark angepasst werden.

Eigene Strom- und Wasserversorgung

Zu Beginn der Invasion vor zwei Jahren wurde das Herz-Institut als Luftschutzbunker verwendet. Als sich abzeichnete, dass Strom- und Wasserversorgung bis auf weiteres nicht verlässlich gegeben sein würden, schaffte das Institut seine eigenen Stromaggregate und Wassertanks an.

Es gab allerdings noch ein weiteres Problem. Bei Herztransplantationen ist ein schnelles Verpflanzen des Spenderorgans entscheidend. Normalerweise wurden die Herzen dafür nach der Entnahme in einem lokalen Krankenhaus mit dem Hubschrauber ins Herz-Institut gebracht, wo der Empfänger des Organs bereits auf dem OP-Tisch lag und wartete. Doch Hubschrauberflüge sind nicht mehr möglich.

Das medizinische Team, das in der Ukraine Herzen transplantiert.
Heart Institute Kyiv

Ausrüstung in Van

Um weiterhin lebensrettende Herztransplantationen durchführen zu können, musste das Team improvisieren. Statt das Organ zum Empfänger in die dafür spezialisierte Klinik zu bringen, muss die Operation in der Klinik durchgeführt werden, in der der Spender liegt. "Wir bauten einige Sitze aus dem hinteren Teil eines Mercedes-Busses aus und begannen, unser gesamtes Team und unsere gesamte Ausrüstung zum Empfänger des Spenderherzens zu bringen", sagt Todurow.

Die Gruppe besteht aus einem Fahrer, dem Chirurgen, zwei Assistenten, zwei Anästhesisten, einem Kardiologen und einer Krankenschwester. Da es in den meisten Krankenhäusern an spezialisiertem Equipment fehlt, muss dieses ebenfalls in den Van. Mit dabei sind unter anderem eine Herz-Lungen-Maschine, Heiz- und Kühlgeräte sowie Perfusionssysteme.

"Beim ersten Mal, als wir den Transporter beladen haben, haben wir vier oder fünf Stunden gebraucht, vor allem, um die Herz-Lungen-Maschine hineinzubekommen. Jetzt haben wir das auf wenige Minuten reduziert", berichtet Todurow. Auf keines der Teile und auf kein Teammitglied kann verzichtet werden, betont der Mediziner: "Die Leute in den Kliniken vor Ort wollen uns helfen, aber ihnen fehlt die Erfahrung."

Genehmigung für Fahrt

Auch die Fahrt an sich ist in der vom Krieg erschütterten Ukraine eine Herausforderung. "Für jede Reise muss ich eine Sondergenehmigung einholen, um außerhalb der Ausgangssperre durch die verschiedenen Regionen der Ukraine zu fahren", sagte er. "Manchmal bedeutet das, dass man auf stark beschädigten Straßen oder durch Kontrollpunkte mit schlangenartigen Straßen fahren muss." Man fahre in der Nacht, doch auch das sei wegen der Drohnen und Raketen gefährlich. Der Zustand der Straßen sei bei Anfahrtsstrecken von bis zu 500 Kilometern ein zusätzliches Problem.

Dennoch gelang es auf diese Weise seit Beginn des Krieges 40 Herztransplantationen durchzuführen. Manchmal lagen dabei Spender und Empfänger in benachbarten Operationssälen. Dieses Jahr sei unter anderem die Transplantation eines Herzens bei einem vier Jahre alten Mädchen gelungen. "Es ist wichtig, dass wir unsere Arbeit jeden Tag weiterführen", sagt Todurow. "Wer kann helfen, wenn nicht wir?" (rkl, 13.4.2024)