Die Wohnung von Amira Bibawy-Mollay und Michael Mollay im Wiener Freihausviertel ist eine Collage unterschiedlicher Epochen und die Summe von vier kleinen Bassena-Wohnungen, die im Laufe der Jahre zusammengelegt wurden.

"Die erste Idee für ein gemeinsames Wohngespräch gab es eigentlich schon vor ein paar Jahren. Ich hatte eine tolle Wohnung am Spittelberg, in der ich fast 30 Jahre lang war. Irgendwie ist damals kein Termin zustande gekommen. Vor kurzem habt ihr mich dann wieder kontaktiert, doch in der Zwischenzeit – das war 2018 – bin ich zu meinem Mann gezogen. Wir hatten uns für seine Mietwohnung entschieden, hier im 4. Bezirk, mitten im Freihausviertel, weil sie eine schöne Terrasse und vor allem zwei Badezimmer hat. Wir haben sie dann gemeinsam adaptiert und neu eingerichtet.

Amira Bibawy-Mollay und Michael Mollay sind auch zu Hause von ganz viel Kunst und Design umgeben.
Lisi Specht

Die Wohnung ist die Summe von vier kleinen Bassena-Wohnungen, die mein Mann im Laufe der 40 Jahre, in denen er hier schon lebt, zusammengelegt hat. Insgesamt haben wir nun an die 160 Quadratmeter. Michaels Wohnung war immer schon großartig, hat mich aber auch ein wenig an eine niemals fertig gewordene Junggesellenwohnung erinnert. Ich darf das so sagen, da sind wir uns einig. Heute wissen wir: Wir haben aus beiden Wohnungen die unschönen Dinge entsorgt und die schönen Dinge zusammengeführt. Und obwohl es sich um zwei ganz unterschiedliche Haushalte handelt, haben wir daraus ein neues Ganzes geschaffen. Irgendwie fügt sich alles perfekt zusammen.

mollay bibawy
An manchen Abenden mutiert die Wohnung des Paares zur Party- und Dinner-Location.
Lisi Specht

Wir wohnen in einem wilden, eklektizistischen Mix aus sämtlichen Epochen. Wir haben barocke Spiegel, Biedermeierschränke, Aktenschränke aus der Jahrhundertwende, Bauhaus- und Stahlrohrmöbel aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren und jede Menge Mid-Century – von den Fünfzigern bis in die späten Siebziger. Dazwischen immer wieder Werke befreundeter Künstler und unsere eigenen Kunst- und Designobjekte. Ein exotischer Ausreißer ist Michaels uraltes, selbstgebautes Hochbett, eine lustige Konstruktion mit Wendeltreppe um die Ecke.

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Die Einrichtung ist ein wilder Mix aus sämtlichen Epochen, darunter jede Menge Mid-Century.
Lisi Specht

Was erstaunlich ist: Eigentlich hassen wir beide Orange, aber wenn man ein Faible für Mid-Century und noch dazu für außergewöhnliche Designobjekte aus dieser Zeit hat, dann führt an Orange kein Weg vorbei, und so dürfen ein paar orange Objekte bleiben: Lampe, Vasen und das eine oder andere Bild. Manchmal kommt der eine nach Hause, und der andere hat wieder irgendwas umgestellt, verschoben oder komplett neu bearbeitet. Alles ändert sich ständig! Die einzig wichtige Komponente ist: Es muss eine gewisse Ästhetik und handwerkliche Qualität haben, und es muss uns beiden etwas erzählen.

mollay bibawy
Die beiden nennen es "ein lebendiges, dynamisches Museum".
Lisi Specht

Und ganz egal, welche Farben, Fundstücke, Linien und Geschichten sich unsere Wohnung zu eigen macht: Zu entdecken gibt es genug, und eigentlich haben wir eh schon viel zu viel. Jedenfalls wird uns beim Suchen, Schauen und Studieren nie fad. Es ist fast, als würden wir ein lebendiges, dynamisches Museum bewohnen. Und das brauchen wir auch, um ehrlich zu sein. Wir leben von der Fülle der visuellen Reize, die auf uns einprasseln. Ein Wohnen ohne diese Dichte? Unvorstellbar!

Dazu gehört auch, dass wir es sehr lieben, wenn hier nicht nur Dinge, Objekte und Geschichten zusammenkommen, sondern auch Menschen, viele Menschen! Diese Wohnung ist einerseits Rückzugshöhle für uns beide, wir arbeiten hier auch, entwerfen und entwickeln Objekte, an manchen Abenden aber mutiert die Wohnung zur Party- und Dinner-Location, wenn wir Freunde, Bekannte oder Familie einladen und uns dann in der Küche oder auf der Terrasse bei Cocktails und Kaffees auf engstem Raum zusammenquetschen.

mollay bibawy
Die Wohnung wurde im Lauf der Jahre aus vier kleinen Wohnungen zusammengelegt.
Lisi Specht

Das schönste Projekt in der ganzen Wohnung ist die Ahnengalerie im Schlafzimmer: Wir haben Fotos von unseren beiden Familien in Archiven und auf Dachböden ausgebuddelt und haben an die 100 Fotos unserer noch lebenden und schon lange verstorbenen Familienmitglieder wie einen surrealen Stammbaum an die Wand gehängt. Wieder eine ziemlich dichte Reise! Und doch beruhigt uns der Blick in die Gegenwart und Geschichte enorm, erdet uns irgendwie." (PROTOKOLL: Wojciech Czaja, 8.4.2024)