Leerstand soll höher besteuert werden, das ist einer von vielen Punkten aus dem Wohnbaupaket der schwarz-grünen Bundesregierung. Mehrere Bundesländer haben kürzlich bereits Leerstands- und Zweitwohnsitzabgaben eingeführt, beispielsweise Tirol und die Steiermark. Die Abgaben sind dabei auf niedrige vierstellige Beträge pro Jahr begrenzt. Um die finanziellen Möglichkeiten auszuweiten, plant die Regierung eine Änderung des Bundesverfassungsgesetzes. Dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament; die SPÖ signalisierte dafür am Dienstag ihre Zustimmung. Zunächst gilt es aber noch die Begutachtungsfrist für das Verfassungsgesetz abzuwarten. Sie endet diesen Mittwoch.

60 Stellen und Organisationen wurden angefragt, Stellungnahmen abzugeben. Etwa ein Dutzend Mal wurde das bisher gemacht, außerdem gibt es ein paar Stellungnahmen von Privatpersonen.

Ein neuer Halbsatz im Gesetz

Konkret geht es bei der geplanten Änderung um das sogenannte Volkswohnungswesen. Für dieses ist laut Bundesverfassung der Bund zuständig, jedenfalls was die Gesetzgebung betrifft. Im Artikel 11 der Bundesverfassung heißt es im 1. Absatz: In der Gesetzgebung Bundessache, in der Vollziehung Landessache ist "das Volkswohnungswesen mit Ausnahme der Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung".

Leerstand soll höher besteuert werden.
Leerstand soll höher besteuert werden.
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Vollziehen müssen das Gesetz die Länder. Die erwähnte Kompetenzverteilung verhindert es aber, dass die Länder Leerstandsabgaben einführen können in einer Höhe, die den Eigentümerinnen und Eigentümern leerstehender Wohneinheiten auch empfindlich wehtut. Im Fall der Wiener Leerstandsabgabe in den 1980er-Jahren war das der Grund dafür, warum sie vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) 1985 wieder aufgehoben wurde. Der VfGH entschied damals, dass das Land Wien mit der Abgabe aktiv in den Wohnungsmarkt eingreifen würde, weil die Abgabe so hoch bemessen war, dass sie Eigentümerinnen und Eigentümer quasi dazu zwang, zu vermieten. Das aber sei eine "wohnungspolitische Maßnahme" gewesen.

Um den Ländern nun also Leerstandsabgaben zu ermöglichen, die auch tatsächlich den Wohnungsmarkt beeinflussen können, soll der oben zitierten Phrase im Artikel 11 noch ein Halbsatz hinzugefügt werden: "Nicht jedoch die Erhebung öffentlicher Abgaben zum Zweck der Vermeidung der Nicht- oder Mindernutzung." So steht es im Entwurf der Regierung. Damit soll also klargestellt werden, dass die Bundesländer Leerstandsabgaben in quasi beliebiger Höhe einführen können, ohne Gefahr zu laufen, eine Bundesmaterie zu berühren.

Landeshauptleute wollen mehr

Der Vorschlag wird von den Bundesländern grundsätzlich begrüßt. Allerdings geht er ihnen nicht weit genug. Laut den bisher vorliegenden Stellungnahmen fordern mehrere Bundesländer, dass die Zuständigkeit für das "Volkswohnungswesen" gleich auf sie übertragen wird – komplett oder zumindest "weitgehend". Auf einen entsprechenden Beschluss der Landeshauptleutekonferenz wird in den bereits vorliegenden Stellungnahmen des Amtes der Vorarlberger Landesregierung, des Legislativ- und Verfassungsdienstes des Landes Salzburg, des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung und des Amtes der Wiener Landesregierung hingewiesen.

Der Beschluss stammt eigentlich schon vom Mai 2022; die Weiterverfolgung dieses Vorschlags, der im Rahmen eines ganzen Pakets unter dem Titel "Kompetenzbereinigungen" verhandelt wurde, sei dann durch die Pandemie unterbrochen worden.

"Weitgehende Verländerung"

Die Länder schlugen damals vor, den Begriff des "Volkswohnungswesens" komplett zu streichen und eine Formulierung wie "Angelegenheiten der gemeinnützigen Bauvereinigungen" zu wählen. Alternativ könne auch festgelegt werden, dass der Bund lediglich für das "Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht" noch zuständig ist – also die rechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinnützige Wohnbauträger. Zuständig für das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) ist seit Jahrzehnten das Wirtschaftsministerium.

"Mit einer weitgehenden Verländerung des Volkswohnungswesens" würden den Ländern "gesetzliche Regelungen (...), welche für eine wirkungsvolle Umsetzung des Ziels 'leistbares Wohnen' insbesondere für Klein- und Mittelwohnungen besonders wichtig sind, offenstehen", heißt es auch in der Stellungnahme des Landes Salzburg. Außerdem wird vorgeschlagen, auch im Finanzausgleichsgesetz klarzustellen, dass Leerstandsabgaben ausschließliche Landesabgaben sind.

AK will auch Baulandmobilisierung absichern

Nicht weit genug geht der Gesetzesvorschlag auch der Arbeiterkammer (AK) – allerdings in einem anderen Sinn. Sie schlägt vor, gleich im Verfassungsgesetz klarzustellen, dass auch "mindergenutztes" – also unbebautes – Bauland von der Abgabe umfasst sein kann. "Es wäre schwer nachvollziehbar, dass leerstehender Wohnraum mit höheren Lenkungsabgaben als bisher mobilisiert wird, während ungenutztes Bauland trotz seiner erheblichen Wertzuwächse mit keinerlei Abgaben oder nicht vergleichbaren Lenkungsabgaben versehen werden kann." Auch eine solche Baulandmobilisierung könnte den Bundesländern "bei der Versorgung der Bevölkerung mit leistbarem Wohnraum helfen", schreibt die Arbeiterkammer in ihrer Stellungnahme.

Sie verweist dabei auf einen Vorschlag des Verfassungsrichters Michael Holoubek. Dieser hätte empfohlen, bei einer Novellierung des Artikels 11 gleich auch den Bereich Baulandmobilisierung mitzudenken. Artikel 11 Abs. 1 Z 3 sollte deshalb nach Ansicht der AK wie folgt geändert werden: "Volkswohnungswesen mit Ausnahme der Förderung des Wohnbaus, der Förderung der Wohnhaussanierung sowie der Erhebung öffentlicher Abgaben zum Zweck der Vermeidung der Nicht- oder Mindernutzung von Wohnraum, Geschäftsräumlichkeiten und bebaubaren Liegenschaften und weiters von Maßnahmen zur Baulandmobilisierung für Zwecke des Volkswohnungswesens". Mitenthalten wären da also auch gleich leerstehende Geschäftsräume – genau das wünscht sich übrigens auch die Mietervereinigung Österreichs. (Martin Putschögl, 3.4.2024)