"Krone.at" zitierte veröffentlichten Abschiedsbrief und verstieß damit gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.
APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Der Presserat rügt die "Kronen Zeitung" für einen überschießenden Suizidbericht. Auf der Onlineseite "krone.at" wurde über einen Mann, der in der Steiermark seinen Vater erstochen haben soll und anschließend Suizid beging, berichtet. Dabei zitierte das Boulevardmedium auch aus einem auf Social Media veröffentlichten Abschiedsbrief und verstieß damit gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.

Die Zitate aus dem Brief sollen das angespannte Verhältnis zwischen Sohn und Vater belegen. Es sind Schuldzuweisungen des Sohnes gegen den Vater und Abschiedsworte an eine Hinterbliebene zu lesen. Zudem ist dem Beitrag ein Screenshot des Abschiedsbriefs angefügt, wobei Teile verpixelt wurden.

Grundsätzlich für Öffentlichkeit relevant

Der Senat 2 des Presserats hielt in einer Aussendung fest, dass Berichte über Tötungsfälle innerhalb der Familie grundsätzlich für die Öffentlichkeit relevant seien. Bei Berichterstattung über Suizide sei aber große Zurückhaltung geboten – insbesondere wegen der Gefahr der Nachahmung. Die Veröffentlichung von Abschiedsworten könne dazu führen, dass sich andere gefährdete Personen mit den Suizidopfern identifizieren und der Entschluss zum eigenen Suizid begünstigt werde. Zudem könne es die Trauerarbeit der Hinterbliebenen erschweren.

Dass mehrere Passagen des Abschiedsbriefs verpixelt wurden, sei unzureichend. Im Sinne der Suizidprävention hätte die Veröffentlichung der persönlichen Abschiedsworte unterbleiben müssen. Positiv merkte der Senat 2 an, dass unterhalb des Artikels Hilfsorganisationen für suizidgefährdete Personen angeführt wurden. Dies reiche jedoch nicht aus, von einer Rüge abzusehen.

Vonseiten der "Kronen Zeitung" nahm niemand an dem vom Presserat eingeleiteten Verfahren teil. Die "Krone" erkennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Selbstkontrollorgans nicht an. Der Presserat empfiehlt die komplette Entfernung des Abschiedsbriefs aus dem Beitrag. (APA, 29.3.2024)