Was haben der koreanische Elektronikkonzern LG Electronics, die Fluglinie Austrian und der deutsche LKW-Hersteller MAN gemeinsam? Eigentlich nur eines: Sie alle haben in unterschiedlichen Phasen ihrer Geschichte Standortgarantien für Arbeitsplätze und Niederlassungen in Österreich abgegeben.

LG machte das, als es im Jahr 2018 den niederösterreichischen Autozulieferer ZKW Group übernahm. Die Austrian-Mutter Lufthansa sprach sie während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 aus, um im Gegenzug mit 150 Millionen Euro Zuschuss an Steuergeld durch die Krise gebracht zu werden. MAN schließlich, eine Tochterfirma von VW, bediente sich im Jahr 2019 des gleichen Instruments, um im oberösterreichischen Steyr die Ängste der Belegschaft vor Zusammenlegungen und Schließungen zu zerstreuen.

Auch eine Klage half nicht

Es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Die Standortgarantien waren kaum das Papier wert, auf dem sie geschrieben standen.

Die ZKW Group kündigte Anfang 2023 den Abbau von 600 Stellen ab, obwohl die Garantie noch aufrecht war – aber sie gelte nicht für den Fall wirtschaftlicher Krisen, erklärte das Management. Bei MAN Steyr wurde sie im Jahr 2020 schlicht aufgekündigt und das Werk später im Rahmen eines konzernweiten Sparprogramms abgegeben. Gegen die Verletzung der Standortgarantie zogen Arbeitnehmervertreter gar vor Gericht, nur half das auch nicht.

Die AUA-Flugzeuge heben nach dem Streik inzwischen wieder in Wien ab – dass das noch länger so bleibt, dafür soll eine Standortgarantie aus dem Jahr 2020 sorgen.
Die AUA-Flugzeuge heben nach dem Streik inzwischen wieder in Wien ab – dass das noch länger so bleibt, dafür soll eine Standortgarantie aus dem Jahr 2020 sorgen.
APA/ROBERT JAEGER

Und bei der AUA? Hier ist es zwar zu keinem Abbau gekommen, aber die Airline-Chefin Annette Mann droht gerade damit, dass "die AUA in ihrer jetzigen Form keine Zukunft haben wird", wenn die Beschäftigten nicht ihre Gehaltsforderung zurückziehen. Wie das zur zehnjährigen Standortgarantie passen soll, erklärte Mann nicht. Offenbar verliert eine solche nicht nur bei Wirtschaftskrisen ihre Gültigkeit, sondern auch bei Arbeitskämpfen.

Zwar haben Standortgarantien zumindest einen kleinen Vorteil: Normalerweise erfolgen Werksschließungen und Jobabbau nicht sofort, nachdem sie ausgesprochen sind. Doch abgesehen davon sind sie, bei Licht betrachtet, ein Ding der Unmöglichkeit. Selbst wenn ein Unternehmen besten Willens wäre, einen Standort zu halten – es kann sein ein paar Jahre zuvor abgegebenes Versprechen nicht erfüllen, falls sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen stark ändern sollten oder es gar zu Pleiten kommen sollte. Also sind Konzernlenker gut beraten, der eigenen Belegschaft, politischen Entscheidungsträgern und Öffentlichkeit nicht mit Standortgarantien Sand in die Augen zu streuen. Und falls sie es doch tun, sollte man ihnen nicht glauben.

Wirksame Beruhigungspillen

Aber Standortgarantien eignen sich eben als Beruhigungstabletten, nicht nur von Unternehmen, sondern auch von Politikerinnen und Politiker. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Wählerschaft kalmieren und nebenbei die eigene vermeintliche wirtschaftspolitische Kompetenz vorführen. Im Fall der AUA etwa erfolgte die staatlichen Corona-Rettungsaktion 2020 unter der Regierung von Sebastian Kurz ohne nennenswerte Bedingungen – ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo Anteile an der Lufthansa an den Staat gingen. Aber dieses Faktum ließ sich ein Stück weit kaschieren, indem die Regierung den Verweis auf die Standortgarantie trommelte.

Bei der nächsten Rettungsaktion sollte sich die Öffentlichkeit, statt sich in falscher Sicherheit zu wiegen, besser fragen: Was ist wirklich die Gegenleistung? (Joseph Gepp, 29.4.2024)