Doris Klepp und Peter Mlczoch sind 2004 durch Zufall auf ein marodes Häuschen in St. Andrä-Wördern gestoßen – und haben beschlossen, das Ganze mit einem selbstgeplanten Holzbau aufzustocken.

"Wir posieren hier mit unserem Yuki, das heißt so viel wie ‚Schnee‘ auf Japanisch, und man könnte sagen: Das Foto entsteht auf Basis freiwilliger menschlicher Teilnahme, jedoch mit einer gewissen Zwangsbeglückung des Hundes. Und je länger wir dastehen, desto mehr kommt uns die Szenerie vor wie eines dieser Wimmelbilder, mit allerhand Zeugs und Krimskrams, und unten im Erdgeschoß steht noch ein alter Postler, ein Mannequin mit Posthornkapperl. Wo ist der eigentlich her? Keine Ahnung mehr.

Doris KIepp und Peter Mlczoch in ihrem verwinkelten Zuhause in Niederösterreich.
Lisi Specht

Wir stammen beide aus Familien, die immer schon viel gesammelt haben. Daher auch die vielen Engel, irgendwo müssen sie ja hängen. Einer davon heißt Kreisky, weil er echt ausschaut wie eine geflügelte Version seinesgleichen. Außerdem haben wir Muscheln, Steine, Ostereier, getrocknete Kürbisse, Hundewollkugeln, Verkehrsschilder, Tee- und Keksdosen, uralte Haushaltsgeräte, Mitbringsel von Flohmärkten, aus dem Urlaub, vom Strand, aus dem Wald oder einfach von einem Spaziergang an der Donau.

Auch Bücher sind ein Hobby, und zwar leider eines, das viel Raum in Anspruch nimmt, und damit wir nicht in Büchern untergehen, haben wir ein System: Es gibt Stapel und Regale mit Büchern, die gerade gelesen werden, die bald einmal gelesen werden und die irgendwann einmal gelesen werden, wenn alle anderen aus allen anderen Stapeln schon gelesen worden sind. Aktuell ganz oben auf dem Stapel? Ferdinand von Schirach, Musils Mann ohne Eigenschaften, Geschichte der deutschen Sprache, türkische Grammatik und das Alte Testament.

"Wir stammen beide aus Familien, die immer schon viel gesammelt haben", sagen Doris Klepp und Peter Mlczoch.
Lisi Specht

Bis 2004 haben wir in Wien gewohnt, schöne Mietwohnung mit Blick auf die Alte Donau, aber eines Tages haben wir uns eingebildet, Hunde züchten zu wollen, was allerdings – um den Cliffhanger vorwegzunehmen – niemals was geworden ist. Dazu brauchte es jedenfalls ein Häuschen auf dem Land mit Garten, und eigentlich wollten wir was mieten, das war der Plan, doch dann sind wir auf eine Anzeige in der Zeitung gestoßen: historisches Wohnhaus, sanierungsbedürftig, 2000 Quadratmeter Grund, Ortszentrum St. Andrä-Wördern.

Nun ja, das Häuschen war nicht nur historisch, sondern auch ein bisschen marode, und der Garten hat sich als ziemlich steile Hanglage mit vielen Treppen herausgestellt. Das Objekt war jahrelang am Markt, niemand wollte sich daran die Finger verbrennen, kein Wunder, doch nachdem bei der Besichtigung ein Reh auf dem Grundstück stand – vielleicht hoppelte irgendwo, wer weiß, auch ein Osterhase durch den Garten – und die Hunde vor lauter Jagdfreude ganz außer sich waren, gab es kein Entkommen. Auch der Preis von 130.000 Euro war – selbst für damalige Verhältnisse – eine Okkasion. Also haben wir beschlossen, zuzuschlagen und das Haus fifty-fifty zu kaufen.

Die Katzen freut der Zuschnitt des Loftraums. Für die Bücher gibt es ein eigenes Regalsystem.
Die Katzen freut der Zuschnitt des Loftraums. Für die Bücher gibt es ein eigenes Regalsystem.
Lisi Specht

Wir stehen beide im Grundbuch, sind damit also mehr als verheiratet. Das Erdgeschoß haben wir saniert, das Dach abgetragen und das Ganze mit einem Holzleichtbau aufgestockt. Bei der Sanierung der Steinmauern meinten die Maurer: ‚Wieso reißts des Klumpert net nieder?‘ Die Konstruktion hier oben ist übrigens eine klassische Holzständerwand, außen mit Holz beplankt, innen mit Lehm verputzt, im Grunde genommen ein Loftraum, aber mit lauter verwinkelten Nischen. Das wissen unsere beiden Katzen zu schätzen, die meist im Schrankraum zwischen Badetüchern und Unterhosen herumliegen.

Wir lieben das Haus mit all seinen Treppen, aber keine Ahnung, ob wir hier alt werden können. Und so erfreuen wir uns daran, solange es geht – an diesem Wochenende beispielsweise mit Osternestern, die wir für unsere Enkerln im Garten verstecken werden. Und dann, eines Tages, wenn wir nicht mehr treppenfit sind, würden wir am liebsten auf einen Oma-Opa-Bauernhof ziehen. Es gibt sehr schöne betreute Seniorenwohngruppen, wo man mit irgendwelchen bellenden und grunzenden Viecherln zusammenwohnen kann. Klingt doch gut, oder?" (31.3.2024)