Eine Frau unterschreibt einen Vertrag
Auch aufgrund der Altersstruktur der Gesellschaft steht in den kommenden Jahren bei vielen Unternehmen eine Übergabe an.
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"Besser zu früh als zu spät", denken sich derzeit offenbar zahlreiche Unternehmer und Immobilieneigentümer, die ihr Vermögen an die nächste Generation weitergeben wollen. Wie Anwälte und Steuerberater dem STANDARD berichten, führt die SPÖ-Forderung nach einer Erbschafts- und Schenkungssteuer derzeit zu einer erhöhten Nachfrage nach Beratungsleistungen im Hinblick auf Schenkungen zu Lebzeiten. Man will einer möglichen Steuerbelastung quasi zuvorkommen und sein Vermögen lieber gleich übertragen.

Erbschaftssteuern umfassen üblicherweise auch Schenkungssteuern, um Umgehungen zu verhindern. Doch "schon bei Beginn einer politischen Diskussion über eine derartige Steuer sind Menschen bestrebt, Maßnahmen zu setzen, um zu vermeiden, dass sie künftig davon betroffen sind", sagt Steueranwalt Philip Vondrak. Fiskalpolitisch bedeutet das eher nichts Gutes: Je länger über die Einführung einer solchen Steuer diskutiert wird, desto geringer ist das Steueraufkommen – jedenfalls in den ersten Jahren.

Schenkung mit Vorbehalt

"Viele der Kunden sind Unternehmen oder Grundeigentümer, die ihr Vermögen in den nächsten Jahren ohnehin an ihre Nachkommen weitergeben wollen", sagt Steuerberater Florian Meindl von BDO im Gespräch mit dem STANDARD. "Auch wenn die Steuer nicht kommt, haben sie dadurch nichts verloren." Schließlich habe eine Nachlassregelung, die zu Lebzeiten getroffen wird, weitere Vorteile – nicht selten können so zum Beispiel Erbstreitigkeiten verhindert werden.

Der Aufwand und die Kosten für eine Übertragung zu Lebzeiten halten sich im Rahmen – oder anders gesagt: Sie sind zumindest nicht höher als bei der Abwicklung einer "herkömmlichen" Erbschaft nach dem Tod. Schenkungen im Familienverband müssen ab 50.000 Euro bei der Behörde gemeldet werden. Bei der Übertragung von Unternehmensanteilen fallen Notar- und Beratungskosten an. Bei Immobilien kommen Grundbuchsgebühren und Grunderwerbssteuern dazu.

Wer sein Vermögen zu Lebzeiten weitergibt, behält sich meist gewisse Rechte vor, sagt Meindl. "Bei der Übertragung von Unternehmen sichert man sich klassischerweise ein Fruchtgenussrecht auf die Dividenden zu. Bei Wohnungen ist ein Fruchtgenussrecht auf die eingenommene Miete oder ein Wohnrecht möglich. Üblich sind auch Verkaufs- und Belastungsverbote."

Rückwirkung möglich?

Aus fiskalpolitischer Sicht stellt sich freilich die Frage, ob man die Steuervermeidung über vorweggenommene Schenkungen verhindern könnte. Diskutiert wird über eine Rückwirkung der Steuer. Der Vorschlag: Sobald das Gesetz in Kraft tritt, sollen auch Sachverhalte, die sich in der Vergangenheit abgespielt haben, von der Steuer erfasst sein. Verfassungsrechtlich wäre eine derartige Rückwirkung aber problematisch.

"Das Vertrauen des Rechtsunterworfenen auf die geltende Rechtslage ist verfassungsrechtlich geschützt", sagt Vondrak. In einem Erkenntnis aus den späten 1980er-Jahren habe der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zudem ausgesprochen, dass nur die Rechtslage für den Einzelnen relevant ist, nicht aber politische Diskussionen, Pläne oder Ähnliches. "Rückwirkende belastende Gesetze verletzen diesen Vertrauensschutz und sind damit im Regelfall unzulässig." Das gelte jedenfalls dann, wenn der Eingriff erheblich ist und keine besonderen Umstände eine Rückwirkung verlangen. Eine nachträgliche Steuer auf Schenkungen, die aktuell stattfinden, wäre aus Sicht des Anwalts deshalb "klar verfassungswidrig".

Laut den Anwälten Marco Thorbauer und Tobias Hayden von Schönherr wäre eine sogenannte unechte Rückwirkung dagegen möglich. Sollte es im Zuge einer Erbschaftssteuer Freibeträge geben, könnten Schenkungen und Erbschaften aus der Vergangenheit auf diese Freibeträge angerechnet werden. Das könnte – je nach individueller Situation – zu einer erheblich höheren Steuerlast führen.

Einfach wegziehen?

Zusätzlich zu einer Erbschaftssteuer, die ab einem Erbe im Wert von über einer Million Euro mit 25 Prozent greifen soll, sieht das SPÖ-Modell auch eine klassische Vermögensteuer vor. Vermögen ab einer Million Euro sollen mit einem Steuersatz von 0,5 Prozent besteuert werden, ab zehn Millionen Euro mit einem Prozent. "Manche Kunden sagen, dass sie wegziehen, wenn eine Vermögenssteuer kommt", sagt Meindl. "Dabei fällt allerdings eine Wegzugsbesteuerung in Höhe von 27,5 Prozent auf die stillen Reserven an, also die nicht realisierten Gewinne." Das können etwa Wertsteigerungen bei GmbH-Anteilen oder Aktien sein. Bei Grundstücken ist der Abzug des Vermögens ins Ausland aus praktischen Erwägungen ohnehin eher schwierig. (Jakob Pflügl, 29.3.2024)