In China sind zahlreiche Webseiten nicht auf normalem Wege abrufbar, weil sie auf der Liste der mächtigen Pekinger Zensurbehörde stehen. Und diese greift zu allerlei technischen Maßnahmen und Vorgaben für die Provider, um durchzusetzen, dass Internetnutzer nichts zu sehen bekommen, was den Zielen und Ansichten der kommunistischen Partei zuwiderläuft.

Es gilt aber auch als offenes Geheimnis, dass jeder, der die "große Firewall" umgehen will, das auch kann. Gerade jüngere Nutzer sind häufig versiert im Einsatz von VPNs und anderen Hilfsmitteln, um offiziell gesperrte Inhalte zu sehen. Nun verstärkt die Regierung aber offenbar ihre Gangart dagegen, berichtet Radio Free Asia.

Polizei will Handy durchforsten

Immer mehr Chinesen berichten von Anhaltungen auf der Straße, die sie beobachtet haben oder die ihnen widerfahren sind. Die Polizei stoppt dabei scheinbar zufällig Passanten und fragt diese nach ihrem Smartphone, um auf diesem nach VPN-Software oder anderen Hilfsmitteln zu suchen, mit der die Internetzensur umgangen wird. Die intensivierten Kontrollen dürften eine Folge von größeren Protesten im Jahr 2022 sein, die von der Regierung auf Einfluss durch "fremde Mächte" zurückgeführt werden.

Eine Warn-SMS an einen Bürger wegen Umgehung der Onlinezensur.
Radio Free Asia

Meldungen über die Anhaltung von Passanten gibt es etwas aus Schanghai, Chengdu und Peking, aber auch aus ländlicheren Regionen. Ob die Rechtsgrundlage dafür gegeben ist, ist zumindest anzuzweifeln. Ein Betroffener berichtet, dass er die Herausgabe seines Handys unter Verweis auf das Gesetz verweigert habe und der Beamte ihn ohne Weiteres habe ziehen lassen.

Immer mehr Vorsicht nötig

Bürger werden außerdem immer wieder gezwungen, eine "Anti-Betrugs-App" zu installieren, die ihre Aktivitäten am Handy überwacht. Gesprächspartner von Radio Free Asia geben an, dass man mittlerweile sehr vorsichtig sein müsse, wenn man außerhalb der "großen Firewall" surfe. Postet man etwa Bilder, die nicht von einer staatlich tolerierten Quelle stammen, auf dem Messenger Wechat, so läuft man schnell Gefahr, gesperrt zu werden.

Immer öfter kommt es in China zu Handydurchsuchungen bei Passanten.
AP/Andy Wong

Ein Bewohner der Provinz Hubei übermittelte außerdem einen Screenshot, auf dem eine SMS der Lokalpolizei zu sehen ist. Diese warnt ihn, dass Software zur Umgehung der Netzsperren auf seinem Handy installiert sei und er damit gegen das Gesetz verstoße. Er habe diese zu entfernen und eine Unterlassungserklärung abzugeben oder müsse bei der örtlichen Polizeidienststelle für "weitere Maßnahmen" vorstellig werden. Es ist allgemein bekannt, dass bei solchen Terminen das Smartphone durchleuchtet wird; dementsprechend sollten Eingeladene inkriminierende Inhalte und Software entweder vorher sauber löschen oder überhaupt das Gerät komplett zurücksetzen.

Auch die Zensur einheimischer Seiten, um unerwünschte Inhalte zu entfernen, wird weiter hochgefahren. 2023 hat die Cyberspace-Behörde mehr als 10.000 Webseiten die Lizenz entzogen und weitere 10.000 Betreiber zu "Gesprächen" eingeladen. (gpi, 27.3.2024)