Bild von Trumps Aktienkurs.
Trumps fulminantes Börsendebüt hat den Ex-Präsidenten deutlich reicher gemacht.
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Am Ende des Tages setzte Donald Trump noch einmal seinen bösen Blick auf. Der Ex-Präsident postierte sich vor einer ganzen Reihe amerikanischer Flaggen in einem seiner Hochhäuser in Manhattan und polterte los: "Die Leute wissen, dass das ein Beschiss ist!"

Der 77-Jährige redete über das Strafverfahren wegen seiner Schweigegeldzahlung an den Ex-Porno-Star Stormy Daniels. Doch die derbe Beschreibung würde besser zu dem Theater passen, das Trump seit Wochen um seine Prozesse veranstaltet: Der einstige Reality-TV-Star spielt sich als Opfer einer politischen Intrige auf, vergleicht sich auf seiner Propagandaplattform Truth Social mit Jesus Christus, der am Karfreitag das Kreuz tragen musste, zapft das Geld seiner Unterstützer an und und erwirkt bei den Gerichten mit allen möglichen Tricks immer neue Verzögerungen.

Die Taktik geht voll auf: Tatsächlich läuft es gerade bestens für den skrupellosen Geschäftemacher. Am Sonntag konnte sich Trump über zwei Pokale freuen, die er in seinem eigenen Golfclub gewonnen hatte. Am Montag errang er vor dem Berufungsgericht in New York, das seine Kaution von 454 Millionen Dollar auf 175 Millionen Dollar reduzierte und ihm eine Fristverlängerung von zehn Tagen zugestand, einen deutlich wichtigeren Sieg.

Saftiger Stückpreis

Und am Dienstag gelang ihm mit dem Börsengang seiner dubiosen Propagandaplattform Truth Social ein echter Coup: Die Papiere starteten zum Stückpreis von sagenhaften 70 Dollar – fast doppelt so viel wie am vergangenen Freitag. Damit könnte sich auch ein Weg abzeichnen, wie Trump die saftige Strafe von 454 Millionen Dollar bezahlen kann, die ihm ein New Yorker Gericht wegen der jahrelangen Manipulation seiner Vermögenswerte aufgebrummt hat.

Diese Strafe wurde am Montag nicht reduziert, sie bleibt aber ausgesetzt, bis das Berufungsgericht in der Hauptsache entschieden hat – was nicht vor September passieren dürfte. Trump nämlich gehören 60 Prozent von Truth Social, und der Wert dieses Aktienpakets ist binnen weniger Tage von drei auf rund 5,5 Milliarden Dollar hochgeschossen.

Dabei ist Truth Social eigentlich eine traurige digitale Echokammer von Ultrarechten, wo Trump seine Parolen absondert, seit er 2021 beim Kurznachrichtendienst Twitter (heute X) rausgeflogen ist. Bei Twitter hatte der Politiker 87 Millionen Follower, bei Truth sind es 6,7 Millionen. Die Plattform hat von ihrer Gründung bis zum September 2023 gerade mal fünf Millionen Dollar Umsatz gemacht und schreibt rote Zahlen.

Wie kommt Trump an das Geld?

Trotzdem haben Trumps loyale Fans zuletzt wie im Rausch die vermeintlichen Kultpapiere gekauft. "Ich liebe Truth Social", postete Trump. Seine Anhänger waren verzückt. Während viele Medien über eine angeblich drohende "Pleite" des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers spekulierten, hat sich sein vor allem aus Immobilien und Golfplätzen bestehendes Vermögen von bislang rund 2,6 Milliarden Dollar innerhalb weniger Tage also vervielfacht.

Die Frage ist nur, ob, wann und wie Trump an das Geld herankommt. Ein plötzlicher Verkauf seiner Truth-Anteile ist nicht komplikationsfrei: Er könnte die Papiere auf Talfahrt schicken und müsste zudem vom Verwaltungsrat genehmigt werden. Durch die Entscheidung des Berufungsgerichts sind Trumps akute Geldsorgen jedenfalls deutlich kleiner geworden. Der Ex-Präsident muss innerhalb von zehn Tagen nun nur 175 Millionen Dollar in bar oder in Form einer Bürgschaft beibringen. Trump hat die Entscheidung ausdrücklich begrüßt und versichert, er werde die Kaution "sehr schnell" hinterlegen. Nach eigenen Angaben verfügt er über rund 500 Millionen Dollar liquide Mittel.

Keine Zwangsversteigerungen

Daraus könnte er das Geld nehmen oder sich erneut bei Banken um eine Bürgschaft bemühen, die in dieser Höhe leichter zu bekommen sein dürfte. Denkbar wäre auch, dass er seine Truth-Aktien beleiht. Eine Zwangsversteigerung seiner Immobilien oder Golfplätze ist jedenfalls vom Tisch. Sollte das Berufungsgericht das ursprüngliche Urteil bestätigen, fiele die eigentliche Strafe im Herbst mit 454 Millionen Dollar plus der aufgelaufenen Zinsen freilich deutlich höher aus. Formal ist Trump bei seinen Truth-Aktien an eine Haltefrist von sechs Monaten gebunden.

Doch kann der Verwaltungsrat eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Das Gremium ist mit Trump-Vasallen von seinem Sohn Donald Jr. über seinen Ex-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer und zwei Ex-Kabinettsmitglieder bis zum früheren Abgeordneten David Nunes, der Trump einst im Impeachment-Verfahren verteidigte, besetzt. Die "Kontrolleure" könnten ihrem Idol kurzfristig zumindest den Verkauf eines Teils seines Aktienpakets erlauben. (Karl Doemens aus Washington, 26.3.2024)