Soldaten des Bundesheers
Das Verteidigungsministerium sucht junge Menschen für eine Lehre beim Heer – aber warum ausgerechnet per Inserat im Magazin "Ab5zig" des ÖVP-Seniorenbundes?
IMAGO/Andreas Stroh

Es ist eine, gelinde gesagt, kuriose Werbe- und Inseratenpolitik des Verteidigungsministeriums, die ein "Falter"-Bericht im Jänner aufbrachte: Das Bundesheer leidet an Personalmangel – auch bei den Lehrlingen, die man selbst ausbildet, etwa als Tischler oder Mechaniker für Panzer. Deshalb wirbt das Ressort unter Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) um junge Menschen, die eine Lehre im Heer absolvieren wollen. Auch mittels Anzeigen auf Facebook und Instagram, in Zeitungen und Magazinen. So weit, so nachvollziehbar.

Allerdings: Für welche Magazine sich das Verteidigungsministerium konkret entschied, um dort junge Menschen anzuwerben, ist mitunter eher schwer nachvollziehbar. So fand sich Ende des Vorjahres etwa ein Inserat für eine Lehre beim Heer in der Zeitschrift "Ab5zig. Magazin für mehr Lebensfreude". Eine Werbeanzeige, mit der Lehrlinge rekrutiert werden sollen, in einem Magazin für die Zielgruppe 50 plus? Ungewöhnlich genug.

"Wissenschaftliche Kriterien"

Deutlich bemerkenswerter wird die Geschichte aber aus einem anderen Grund: Das Magazin "Ab5zig" ist die viermal jährlich erscheinende Zeitschrift des Seniorenbundes. Und der ist eine Teilorganisation der ÖVP. Ging es bei dem Inserat also gar nicht um die Anwerbung von Lehrlingen fürs Heer, sondern um versteckte Parteienfinanzierung mit Steuergeld, fragte der "Falter" im Jänner das Verteidigungsressort. Die Antwort: Keineswegs, man sei bei der betreffenden Anzeige für 4.430 Euro sogar nach wissenschaftlichen Kriterien vorgegangen.

Das Heer arbeite mit Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier zusammen, um die Bedürfnisse der jüngeren Zielgruppe besser verstehen zu können, sagte ein Ressortsprecher der Wochenzeitung. Laut Heinzlmaier würde die Generation Z im Gegensatz zu früheren Alterskohorten bei wichtigen Entscheidungen wieder vermehrt den Rat ihrer Eltern und Großeltern einholen. Schriftliche Studienergebnisse, die diese These gegebenenfalls belegen könnten, gab das Ministerium auf "Falter"-Anfrage allerdings nicht heraus.

Parlamentarische Anfrage

Den grünen Nationalratsabgeordneten und Wehrsprecher David Stögmüller veranlasste das kurz darauf zu einer parlamentarischen Anfrage an Ministerin Tanner. Er wollte wissen, welche Studie es konkret sei, die belegen würde, dass Großeltern Einfluss auf die Berufswahl ihrer Enkelinnen und Enkel haben, wer diese Studie in Auftrag gegeben und wie viel sie gekostet habe - und warum die Studie auch auf Anfrage nicht veröffentlicht wurde.

Vorweg: Offengelegt wurde die vom Ministerium genannte Studie bis heute nicht. Ende vergangener Woche veröffentlichte das Ressort aber etwas anderes – nämlich die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage der Grünen. Und auch einige der darin enthaltenen Antworten der Heeresministerin sind durchaus bemerkenswert.

Workshop statt Studie

Das Verteidigungsministerium habe gar keine Studie in Auftrag gegeben, schreibt Tanner da. "Es handelt sich vielmehr um eine Eigenstudie von t-factory und jugendkultur.at" – die Institute von Marktforscher Heinzlmaier. Das Ressort habe lediglich einen Workshop angekauft, "in dem die Ergebnisse dieser allgemeinen Jugendstudie präsentiert wurden". Dabei seien auch "Aussagen von Eltern, Großeltern und anderen Personen im relevanten Umfeld" berücksichtigt worden. Wie viel die Studie gekostet habe, fällt demnach nicht in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums. Die Kosten des von ihrem Ressort gekauften Workshops gibt Tanner in ihrer Beantwortung allerdings ebenfalls nicht an.

Auch auf STANDARD-Nachfrage im Büro Tanner werden die Kosten für den Workshop nicht genannt. Ziel des Workshops sei jedenfalls gewesen, mithilfe von Fokusgruppen zu evaluieren, ob die Sujets der geschaltenen Inserate die Zielgruppe – also potenzielle Lehrlinge fürs Heer – auch adäquat ansprechen würden, sagt ein Sprecher.

"Keine weiterführenden Angaben"

Und noch eine weitere Passage aus der Anfragebeantwortung lässt aufhorchen. Auf die Frage der Abgeordneten, ob das Bundesheer im Jahr 2023 auch in anderen parteinahen beziehungsweise Parteizeitungen Inserate schalten ließ, schreibt die Ministerin: "Im Hinblick darauf, dass die zuständige Fachabteilung im BMLV (Bundesministerium für Landesverteidigung, Anm.) nicht erhebt, welche Zeitungen, Publikationen etc. 'parteinahe Publikationen' oder 'Parteizeitungen' sind, können dazu keine weiterführenden Angaben gemacht werden."

Ein ÖVP-geführtes Ministerium also, dem unter Umständen nicht bewusst sein könnte, dass die Zeitschrift des ÖVP-Seniorenbundes wohl tendenziell ÖVP-nahe ist? Um es mit einem Zitat aus der Anfragebeantwortung auszudrücken: Dazu wurden "keine weiterführenden Angaben" gemacht. (Martin Tschiderer, 27.3.2024)