Toxisch ist heutzutage bald etwas. Dennoch hat diese von Wolfgang Schüssel geleistete Kürzestanalyse des Begriffs Kommunismus vorige Woche einiges Aufsehen erregt – vor allem in ÖVP-Kreisen. Gleich sprang die niederösterreichische Landeshauptfrau auf, um Schüssel in der "Kronen Zeitung" für seine "deutlichen Worte" zu danken, und zwar mit einer interessanten Begründung. "Es ist wichtig, dass wir die Erinnerung an das Schreckensregime und die Grausamkeit der Naziherrschaft aufrechterhalten."

Wer wollte da nicht Frau Mikl-Leitner für ihre deutlichen Worte danken? Sie hat offensichtlich mitgedacht, schließlich ist nichts dagegen einzuwenden, auch den Nationalsozialismus als toxisch zu definieren. Man soll sich sein Geschichtsbild nicht durch leichtsinniges Differenzieren ruinieren lassen, "alles toxisch" reicht schließlich zum kleinen Erkenntnisgewinn für den politischen Hausgebrauch.

Kay-Michael Dankl -
Kay-Michael Dankl - "nur ein linker Kurz"?
Reuters Leonhard Föger

Die Kurve zu Wolfgang Schüssel kratzen

Aber irgendwann muss Mikl-Leitner die Kurve zu Wolfgang Schüssel kratzen. Das geht dann so: "In Erinnerung an meine Kindheit, die ich neben dem Eisernen Vorhang erlebt habe, ist es erschütternd, dass die Verbrechen des Kommunismus nur noch wenige rühren", erklärt sie und erinnert über ihre Kindheit hinaus auch an ihren bereits im Vorjahr erschienenen Leserbrief in der "Krone". In diesem Juwel der Zeitgeschichte ging es vermutlich um die Verbrechen des Kommunismus im Zusammenhang mit der Grazer Bürgermeisterin, die natürlich klar toxisch ist.

Frau Mikl-Leitner, bekannt für ihre Schwäche für charmante linke Alternativen, auch "rotes Gsindl" genannt, erkennt auf einen Blick: Die KPÖ stehe nicht für eine charmante linke Alternative. "Im Namen dieser Partei wurden weltweit 100 Millionen Menschen umgebracht. Ich halte es für verantwortungslos, in Österreich im Namen dieser Partei auf- und anzutreten." Dass im Namen der KPÖ 100 Millionen Menschen umgebracht wurden, ist nicht nur eine leichte Überschätzung ihrer früheren Möglichkeiten, sondern vor allem ein haarsträubender Blödsinn, wie er einem gehobenen politischen Funktionär selbst in der niederösterreichischen Volkspartei nicht über die Lippen kommen sollte. Man könnte auch sagen: Verantwortungslos.

"In Wahrheit ein linker Sebastian Kurz"

Daran, dass Frau Mikl-Leitner die FPÖ mit ihren geistigen Wurzeln in einer NSDAP für eine charmante rechte Alternative hält, sei nur nebenbei erinnert. Auf deren Konto geht ja auch nur ein Mehrfaches der 100 Millionen Menschen, die sie der KPÖ anlastet. Anderer Parteiname – und schon ist nichts mehr toxisch.

Auch die Ex-Chefredakteurin des "Kurier" eilte herbei, um zur KPÖ zu erklären: "Die Marke ist toxisch", sagt Ex-Kanzler Schüssel zu Recht. Und trotzdem in Salzburg erfolgreich? Nicht nur, weil die anderen so schwach sind, nein, denn außerdem ist der Salzburger Kandidat Kay-Michael Dankl jung, freundlich, spricht nicht in politischen Phrasen, hört aufmerksam zu, ist also in Wahrheit ein linker Sebastian Kurz. Hoffentlich hat der Salzburger Kandidat die Lektüre des "Kurier" halbwegs gut überstanden.

Wen wundert es, dass da auch Andreas Mölzer sein Problem mit dem Kommunismus hat. Endlich spielt Österreich in der Liga von Nordkorea, Nicaragua und Kuba. Wichtige Städte des Landes wie eben Salzburg und Graz zeichnen sich durch starke kommunistische Parteien, wenn nicht gar durch einen entsprechenden Bürgermeister aus. Schlampig gegendert, klar, wir lesen "Zur Zeit".

Industriekonzern KPÖ

Dort wird der Kandidat nicht mit Kurz verglichen, aber seine Beweggründe werden angedeutet. Ein mögliches Motiv, warum die junge KPÖ-Truppe um den Herrn Dankl nach ihrem Hinauswurf bei den Grünen zu den Kommunisten gegangen ist, könnte die alte Legende sein, dass die KPÖ weniger eine Partei als vielmehr ein Industriekonzern ist und im Hintergrund genug Geld hat. Demnach war Dankl von vornherein ein grün getarnter Kommunist, der die Maske fallen ließ, als er erfuhr, dass der Konzern KPÖ Geld wie Heu hat, und da ist es dann leicht, sein Politikergehalt den Bedürftigen aus dem Volk zu schenken, wenn man im Hintergrund von der Partei genug Mittel hat.

Eine interessantere Theorie als die von Mikl-Leitner. Aber auch sie klärt nicht das Rätsel, warum man dann dennoch den Namen KPÖ wählt. Schließlich sollte ein Industriekonzern mit viel Geld im Hintergrund ohne Probleme sein Firmenlogo ändern können, um seine Bemühungen um die Errichtung einer Diktatur des Proletariats ungestört voranzutreiben. Am besten unter dem Namen der Grünen. (Günter Traxler, 23.3.2024)