Pflegekräfte im Krankenhaus
Nostrifizierungen sollen vor allem im Pflegebereich in Zukunft viel schneller und unkomplizierter werden.
Heribert Corn

Bis 2050 benötigen Österreichs Gesundheitsinstitute 70.000 zusätzliche Fachkräfte in der Pflege. Die Bundesregierung setzt daher schon seit einiger Zeit auf Personal aus dem Ausland, um den drängenden Mangel ausgleichen zu können. Denn nur mit Personen im Inland wird der Mehrbedarf nicht zu decken sein, heißt es. Wer aber den Weg nach Österreich als Pflegefachkraft antreten will, hat meist aufwendige bürokratische Hürden. Denn um die Arbeitsbewilligung, die Rot-Weiß-Rot-Karte, zu bekommen, muss die Ausbildung anerkannt werden. Bei dieser sogenannten Nostrifizierung gibt es einen Antrag an die jeweilige Institution, wie eine Uni oder Fachhochschule, in der jeweiligen Fachabteilung werden dann Expertinnen und Experten befragt. Diese erstellen Gutachten, mit denen dann ein entsprechender Bescheid erstellt werden muss. Das sei zeit- und kostenintensiv, obwohl man vor allem in Pflegeberufen dringend schnell neue Personen brauche, sagt der Bundesminister für Bildung, Martin Polaschek (ÖVP). Nun sollen diese Prozesse deutlich schneller und effizienter vonstatten gehen oder gar ganz wegfallen.

Polaschek und Wirtschaftsminister Martin Kocher gaben nach ihrem Arbeitsgespräch am Freitag eine Pressekonferenz zu den Nostrifizierungen für reglementierte Berufe (all jene Jobs, für die es eine konkrete Ausbildung und Prüfung gibt). "Diese Verfahren dauern oft sehr lange, sind sehr aufwendig und teuer", sagt Polaschek. "Daher ist es wichtig, die Nostrifizierung völlig neu bereitzustellen und dort, wo es möglich ist, abzuschaffen." Im ersten Schritt wollen sich die beiden Minister vor allem auf die Pflegeberufe konzentrieren. Sie kündigten einen Gipfel mit allen beteiligten Institutionen und Stellen an, um die Anerkennungsprozesse zu verschlanken.

Zentralisierte Stellen

Vorstellen können sich die Minister eine Abschaffung der Nostrifizierung nach dem Beispiel des Nachbarn Deutschland. Dort gibt es seit 2012 Berufsbehörden, und ausschließlich diese sind für die Anerkennungen der beruflichen Ausbildungen zuständig. Die Vorteile wären, sagen Polaschek und Kocher, eine praxisnahe Prüfung und eine bessere Berücksichtigung der Berufserfahrung und nicht nur der Vergleich von Studiencurricula. Als weitere Möglichkeit nennen sie "Herkunftsländerschablonen". Bedeuten soll das etwa eine Datenbank zu verschiedenen Berufen und deren Ausbildungswegen und Standards im Ausland.

In Deutschland würden seit 2012 bereits Standardgutachten für Gesundheitsberufe erstellt. Anhand dieser Datenbanken könne man schnell feststellen, welche Qualifizierungen noch nachgeholt werden müssten. Vor allem für Pflegepersonal soll es in Zukunft schneller gehen, in den österreichischen Arbeitsmarkt einzusteigen: Schon jetzt können sie während der Nostrifizierung ihrer akademischen Pflegeausbildung in verschiedenen Institutionen als Pflegefachassistenz arbeiten. Wenn die Anerkennung abgeschlossen ist, sollen sie keine Rot-Weiß-Rot-Karte mehr beantragen müssen, wie ursprünglich der Fall. Im Vorfeld der neuen Pläne waren die Fachhochschulen jedoch zurückhaltend. Vor einigen Tagen erklärte Ulrike Prommer, Präsidentin der österreichischen Fachhochschulkonferenz und Chefin der FH Krems, der "Kleinen Zeitung", es hätte dieses Jahr bereits 100 Nostrifizierungsanträge im Pflegebereich gegeben – im Vergleich zu fünf in 2022. Eine Zentralisierung würden die FHs dennoch eher skeptisch sehen, sagte Pommer.

Irritation im Gesundheitsministerium

Der grüne Koalitionspartner reagierte am Freitag irritiert: Das Sozialministerium begrüße jeden Vorstoß, der zu Erleichterungen und einer Beschleunigung von Nostrifizierungen führt, hieß es in einer Stellungnahme aus dem von Johannes Rauch geführten Ressort gegenüber der APA. "Wir sind seit zwei Jahren im Gespräch mit dem Koalitionspartner dazu. Die Gesundheit Österreich GmbH erarbeitet bereits im Auftrag des Sozialministeriums eine sogenannte Nostrifikationsdatenbank im Bereich Pflege und Betreuung." Erste Ergebnisse würden in den kommenden Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt. "Es ist deshalb sehr verwunderlich, wenn Wissenschaftsminister und Arbeitsminister nun einen Nostrifikationsgipfel für Pflege- und Gesundheitsberufe ankündigen, ohne zuvor das Gesundheits- und Sozialministerium zu befassen." (mera, red, APA, 22.3.2024)