Die kleine Raiffeisenbank Flachgau Mitte vergab Kredite und stand plötzlich ohne Sicherheiten da. Involviert sind auch Treuhänder bzw. Rechtsanwälte.
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Bis zu 20 Millionen Euro könnte eine kleine Bank im Salzburger Flachgau in den Sand gesetzt haben – mit Krediten, die sie drei Immobilienentwicklern bzw. Bauträgern aus ihrer Gegend eingeräumt hat. Involviert in die Sache sind auch zwei Treuhänder, einer davon ein Wiener Anwalt, die eigentlich dafür hätten Sorge tragen sollen, dass die Pfandrechte, die sich die Bank (vermeintlich) einräumen ließ, ins Grundbuch eingetragen werden. Das ist allerdings nicht geschehen. Die Folge: Als die Rückzahlungen ausblieben und das Institut die Kredite fällig stellte, saß die Bank ohne verwertbare Sicherheiten da. Nun braucht sie frisches EigenkapitaI, die Rede ist von rund zwölf Millionen Euro. Banken müssen ja bestimmte Eigenkapitalerfordernisse erfüllen; werden Kredite notleidend oder fallen andere Wertberichtigungen an, geht das zulasten des Eigenkapitals, und Selbiges muss, sozusagen, aufgefüllt werden. Genau das ist nun der Fall. Das harte Kernkapital der Raiffeisenbank Flachgau Mitte betrug 2022 rund 23 Millionen Euro.

Inzwischen beschäftigt die Angelegenheit auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, denn die Wiener Anwaltskammer hat, offenbar im Rahmen eines Disziplinarverfahrens gegen die involvierten Anwälte, Anzeige erstattet. Mit der Aufarbeitung des mutmaßlichen Kriminalfalls ist laut APA auch der Präsident der Salzburger Rechtsanwaltskammer, Rechtsanwalt Wolfgang Kleibel, beschäftigt.

Zwölf Millionen Euro Eigenkapitalspritze und neue Eigentümer

Im Mittelpunkt der mutmaßlichen Veruntreuungscausa steht die kleine, genossenschaftlich organisierte Raiffeisenbank Flachgau Mitte (Bilanzsumme 2002: rund 407 Millionen Euro; der Jahresgewinn lag bei 423.000 Euro), der nun vom Sektor unter die Arme gegriffen werden muss. Der Raiffeisenverband Salzburg (RVS), der das Spitzeninstitut der Salzburger Raiffeisenbanken ist, für die Revision zuständig ist und auch selbst Bankgeschäfte betreibt, gab am Mittwochnachmittag per Aussendung bekannt, man werde helfen, "wenn der Schaden, der gerade aufgearbeitet wird, für die Bank alleine zu groß sein sollte". Und, so ließ der Generaldirektor des RVS, Heinz Konrad, wissen: Man stehe "voll hinter der Raiffeisenbank Flachgau Mitte". Was er angesichts der Vorfälle besonders betont: Für die Kunden ergebe sich daraus "keinerlei Schaden".

Den Beschluss, Eigenkapital einzuschießen, hat der Raiffeisenverband Salzburg aber diese Woche bereits gefasst, wie DER STANDARD im Sektor erfahren hat. Das Geld werde auch "zeitnah" fließen. Der Raiffeisenverband Salzburg übernimmt dafür im Gegenzug Anteile an der Flachgauer Bank, die aus der Fusion kleinerer Institute entstanden ist. Dadurch verändert sich auch die Eigentümerschaft, der Raiffeisenverband Salzburg wird künftig Mehrheitseigentümer der RB Flachgau Mitte sein; andere Genossenschafter sind laut Auskunft eines Raiffeisensprechers etwa ortsansässige Landwirte oder Gewerbetreibende.

Stichwort ortsansässig: Die drei Bauträger, um deren Kredite es geht, stehen einander nahe und sind seit mehreren Jahren Kunden des Salzburger Instituts mit Geschäftsstellen in Eugendorf, Bergheim, Hallwang und Plainfeld. Mit dem Geld der kleinen Raiffeisenbank in Salzburg haben sie dem Vernehmen nach vor allem Bauprojekte in Wien und Niederösterreich finanziert. (Renate Graber, 21.3.2024)