Nicht bei jeder Sanierung stößt man auf Gold. Beim Wiener Wuk, dem Werkstätten- und Kulturhaus im neunten Bezirk, aber schon: An der Decke der Prunkräume im Währinger Trakt, in denen früher der Fabriksbesitzer und -direktor Georg Sigl logierte, legte man Blattgold frei, berichtete Susanna Rade vom Kommunikationsteam des Wuk bei einem Rundgang durch das Gebäude, für das die Bezeichnung "Institution" heute wohl nicht allzu weit hergeholt ist. Das Wuk ist Kultur- und Eventlocation, beherbergt allerlei Bildungs- und Beratungseinrichtungen, das "Stattbeisl" sowie zahlreiche Werkstätten und Ateliers für Künstlerinnen und Künstler.

Das Wuk wurde in den vergangenen zweieinhalb Jahren runderneuert.
Putschögl

Die Grundmauern stammen aus den 1850er-Jahren, damals wurden die ersten Teile der späteren Lokomotiv- und Maschinenfabrik erbaut. Hier wurden unter anderem Schnellpressen hergestellt, ab 1857 kamen Lokomotiven dazu. Ab 1884 beherbergte das Gebäude dann das Technologische Gewerbemuseum (TGM), eine technische Fachschule des Bundes mit angeschlossenen Versuchs- und Forschungsanstalten. Ende der 1970er-Jahre siedelte das TGM in den 20. Bezirk ab, das Gebäude stand daraufhin leer. Ein Abriss stand im Raum.

285 Quadratmeter an Dachflächen wurden begrünt.
Putschögl

Doch es regte sich Widerstand. Unter dem Schlagwort "Rettet das TGM" fanden Proteste statt. Forderungen, das Gebäude solle für einen autonomen Kulturbetrieb freigegeben werden, wurden immer lauter. 1979 wurde der Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser (Wuk) gegründet.

Auch die Kunsthalle Exnergasse wurde gerneralüberholt, einige bauliche Veränderungen inklusive.
Putschögl

Im Zuge einer Besichtigung kam es 1981 schließlich zu einer "friedlichen Übernahme" vulgo Besetzung des Hauses, wenn auch unter Duldung der Bundes- und der Stadtregierung. Mitte der 1980er-Jahre wurde ein "Abtausch" vorgenommen, der Bund überließ der Stadt das Areal, berichtete der aktuelle Geschäftsführer Vincent Abbrederis. Damals hat man auch die erste nennenswerte öffentliche Subvention bekommen, der einstige Kulturstadtrat und spätere Bürgermeister Helmut Zilk stand dafür als Privatbürge gerade. Das Eröffnungsfest am 3. Oktober 1981 markierte die offizielle Inbesitznahme des Gebäudes als alternatives Werkstätten- und Kulturhaus, das heute als selbstverwaltete Einrichtung rund 150 Gruppen und Initiativen sowie einzelnen Künstlerinnen und Künstlern Räumlichkeiten bereitstellt.

Ganz fertig ist die Sanierung noch nicht, das eine oder andere Gerüst ist noch zu sehen.
Putschögl

Strom vom Dach

Und am 19. April 2024 gibt es wieder etwas zu feiern: Nach jahrelangen Diskussionen und Planungen einer Modernisierung des prächtigen Backsteinbaus wird diese sogenannte "Generalinstandsetzung" – denn um eine Generalsanierung handelte es sich laut Geschäftsführer Abbrederis nicht – an diesem Tag mit einem Eröffnungsfest offiziell abgeschlossen; es war die erste in der mehr als 160-jährigen Geschichte des Komplexes. Geplant wurde sie ab August 2020 von Rahm Architekten und Vasko+Partner, gebaut wurde ab Herbst 2021. Das Haus mit rund 12.000 Quadratmeter Nutzfläche sei da schon mehr eine "Bauruine" gewesen, sagte Architektin Adele Gindlstrasser von Rahm Architekten.

Auf einigen Dächern wurden Photovoltaikanlagen installiert.
Putschögl

Weil das Gebäude unter Denkmalschutz steht, wurden die Baumaßnahmen mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmt. Mehrere Lifte wurden eingebaut, die oberste Geschoßdecke wurde gedämmt, Dächer wurden begrünt oder mit Photovoltaikanlagen bestückt. Ein Drittel des Strombedarfs stellt man nun selbst her.

419 Fenster wurden saniert oder ausgetauscht, 59 Industrieverglasungen restauriert, der ganze Komplex barrierefrei gemacht – jedenfalls fast. Im Severin-Trakt wurde im Stiegenhaus ein Lift eingebaut, dafür musste in den obersten Geschoßen eine eiserne Treppe versetzt werden. An der Fernwärme hing das Wuk schon vorher, die gesamte Heizanlage wurde aber erneuert. Als Bauherr fungierte die Magistratsabteilung 34, wo das Bau- und Gebäudemanagement der Stadt angesiedelt ist.

Linkes Bild: Für den Lifteinbau wurde ein Teil der Treppe versetzt. Rechts: Der Wilde Wein ("Veitschi") wurde abgenommen, versorgt und wieder angebracht.
Putschögl, WUK/Wolfgang Thaler

Ganz fertig war man beim Besuch des STANDARD im Rahmen des jüngsten Wohnsymposiums von STANDARD und "Wohnen Plus" noch nicht; das eine oder andere Gerüst stand noch herum, und an den hölzernen Toren des Haupteingangs wurde gerade noch Farbe angebracht. Der Veitschi an der Mauer, der im Sommer ein saftiges Grün auf den roten Backstein zaubert, war aber schon wieder da. Er hätte nach den ersten Plänen der MA 34 eigentlich entsorgt werden sollen, doch man nahm ihn behutsam ab, wickelte ihn ein und brachte ihn so über die Runden, berichtete Susanne Rade vom Wuk. So wie übrigens auch alle Künstlerinnen und Künstler ihre Ateliers für die Sanierung kurzzeitig verlassen mussten. Mittlerweile sind aber alle wieder da.

Mit 22,38 Millionen Euro förderte die Stadt Wien die Sanierung, es wurden dafür aber auch Spenden gesammelt, und es gab "Eigenleistungen" der Initiativen im Haus. Und nun ist das Wuk bereit für die nächsten 160 Jahre. (Martin Putschögl, 20.3.2024)

UPDATE: Das "Stattbeisl" wurde in einer früheren Version irrtümlich als "Stadtbeisl" bezeichnet.