Junger Mann in Industriefirma arbeitet an elektronischem Gerät
Eine entscheidende Rolle für die Zufriedenheit des beruflichen Nachwuchses spielen die Ausbilderinnen und Ausbilder.
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Bei der Suche nach mehr Lehrlingen im Land wird ein Paradigmenwechsel eingeleitet, ist Alexander Hölbl, Leiter der Abteilung Berufsausbildung im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft, überzeugt. Im Vorjahr wurden rund 108.000 junge Menschen in 28.500 Betrieben ausgebildet, die Anzahl sei damit über die letzten Jahre stabil geblieben. Das Bundesgesetz über die höhere berufliche Bildung (HBB-G), das am 1. Mai in Kraft tritt, soll jedoch für ein deutliches Plus bei den Auszubildenden führen.

Darauf setze das Wirtschafts- und Arbeitsministerium. Auf gesetzlicher Basis können dann neue Abschlüsse für Ausbildungsberufe entwickelt werden. Der Erwerb eines Diploms ohne wissenschaftlichen Anspruch werde dadurch möglich. Man verstehe die neuen Ausbildungswege als Ergänzung zu den praxisorientierten Fachhochschulen. Über Pläne wie diese sprach Hölbl, der kurzfristig Bundesminister Martin Kocher (ÖVP) vertrat, beim diesjährigen Ausbildner:innentag am Dienstag in der Wiener Urania.

Wie gewinnt man junge Menschen für den eigenen Betrieb, welche Rolle spielen die Eltern bei dieser Entscheidung, und wie wollen die jungen Generationen geführt werden? Diese und weitere Themen beschäftigten die Teilnehmen am "Gipfeltreffen der Lehrlingsausbilder:innen", veranstaltet von der Akademie Herkert, ein privater Anbieter für Weiterbildungen. Neben Vorträgen und Keynotes zu den unterschiedlichen Themenbereichen bildete ein Diskussionspanel zur Zukunft der Lehre den letzten Programmpunkt.

Wunsch nach Anerkennung

Vor welchen Herausforderungen steht die Lehre gerade, wollte Robert Frasch, Moderator der Diskussionsrunde und Gründer der Initiative Lehrlingspower.at, wissen. Schließlich wird in vielen Branchen über fehlendes Personal geklagt, die anrollende Pensionierungswelle verschärft das Problem zusätzlich. Laut Hölbl seien Betriebe nun mehr gefordert denn je, "die Lehre als Teil ihrer selbst zu begreifen", Verantwortung für die Ausbildung der Fachkräfte von morgen zu übernehmen.

"Der Stellenwert der Lehre, ist immer noch nicht dort, wo er hingehört", antwortete Mitdiskutant Peter Reiböck. Der Lehrlingsausbilder bei Welser Profile wünscht sich außerdem ein stärkeres Miteinander mit berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. Dafür müsse man weg vom Konkurrenzdenken. Der ausgezeichnete Nachwuchskoch Marco Panhölzl forderte hingegen mehr Unterstützung aus der Bevölkerung bei der Sichtbarkeit und Anerkennung der Lehrberufe. Der Berufswettbewerb Euroskills, an dem der 25-Jährige im Vorjahr selbst teilgenommen habe, würde beispielsweise zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. "Veranstaltungen wie diese finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt", pflichtete ihm der Lehrlingsausbilder bei Leithäusl, Andreas Hüttner, bei.

Strukturelle Hürden

Brigitte Heller vom Fachstab der Bildungsdirektion Wien forderte wiederum eine triale statt der dualen Ausbildung. Junge Menschen sollten nicht nur in Unternehmen und der Berufsschule, sondern auch im Ausbildungsverbund – also betriebsübergreifend – ausgebildet werden. Ein solches Modell sei bereits bei unseren Schweizer Nachbarn etabliert. Außerdem könne sie sich eine stärkere internationale Vernetzung vorstellen, gerade in Branchen wie im Tourismus und der Gastronomie. "Ich war beruflich schon viel unterwegs, und egal, wo auf der Welt ich in einem Hotel war, überall war zumindest eine Fachkraft aus Österreich tätig", sagte sie. In der Ausbildung gebe es in puncto ortsunabhängiges Lernen aber noch Luft nach oben.

Und wie kommen mehr Junge in die Lehre? Eine entscheidende Rolle spielen die Ausbilderinnen und Ausbilder, heißt es aus der Runde. Sie müssen ihren Bildungsauftrag erfüllen, offen mit den Jugendlichen kommunizieren sowie das Potenzial in ihnen sehen und entfachen. Ein großes Hindernis seien aber nach wie vor strukturelle Hürden, sagte Alexander Hölbl vom Arbeitsministerium. Berufsorientierung habe in den Schulen keinen festen Platz. Ähnlich sieht das Bildungsexpertin Brigitte Heller. "In der Schweiz ist Berufsbildung sogar ein eigenes Unterrichtsfach", erklärte sie. Auch daran könnte man sich ein Beispiel nehmen. (Anika Dang, 13.3.2024)