Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).
APA/GEORG HOCHMUTH

Wer weiß heute noch, dass es in Österreich einmal einen Finanzminister Müller gegeben hat? Eduard Müller, um genau zu sein. Dabei ist es noch gar nicht so lange her. Dem "Kurier" ist es zu danken, dass wir an seine Existenz erinnert wurden. Er berichtete, dass im Cofag-Untersuchungsausschuss nach Wolfgang Peschorn noch eine hochrangige Finanzbeamtin befragt wurde, die das zweifelhafte Vergnügen hatte, von Kurzzeitminister Eduard Müller beflegelt zu werden. Selbst schuld. Sie ist diejenige, die in der Steuersache Siegfried Wolf Anzeige erstattet hat. Der Grund: Obwohl die übergeordnete Fachabteilung im Finanzministerium Wolfs Wunsch nach einer Steuernachsicht abgelehnt hat, wurde ihm diese doch gewährt – und zwar vom untergeordneten Finanzamt.

"Sind alle deppert geworden?"

Die Beamtin wollte sich aber nicht der höheren Einsicht einer untergeordneten Dienststelle fügen und erstattete Anzeige. Nachdem die Beamtin die Anzeige formuliert hatte, informierte sie Ressortchef Eduard Müller. Ob diese Reihenfolge ihrer Amtshandlungen schlau gewählt war oder im beruhigenden Bewusstsein der Rechtmäßigkeit, ließ der "Kurier" offen. Als Reaktion sei besagter Müller "gelinde gesagt" erbost gewesen und habe mit bebender Stimme gefragt, "ob wir alle deppert geworden sind, dass wir Anzeigen machen". Natürlich zu Recht – man sieht ja, was dabei herausgekommen ist.

Eine andere Schnurre aus dem Leben in Österreichs Ministerien wusste Karoline Edtstadler in der "Presse" vom Sonntag beizutragen. Natürlich kam in dem Interview die unvermeidliche Frage nach der Möglichkeit eines Zusammenlebens mit Herbert Kickl aufs Tapet. Edtstadler äußerte sich negativ, und das wohl begründet. Ich bin eine der wenigen, die Kickl sehr gut kennt, weil ich bei ihm Staatssekretärin war. Kickl schreckt vor nichts zurück, er kennt keine Grenzen, er ist eine Gefahr für dieses Land. Solange sie bei ihm Staatssekretärin war, hat sie es leider nicht für der Mühe wert befunden, ihren Vorgesetzten auf die Gefahr für dieses Land aufmerksam zu machen, die von einer Person ausgeht, die vor nichts zurückschreckt. Das ist schade, aber verständlich. Vielleicht hat sie befürchtet, von Kurz mit bebender Stimme etwas gefragt zu werden.

Der Schrebergärtner

Der Mann, der vor nichts zurückschreckt, hat nun auch für die Exhumierung von Peter Westenthaler als ORF-Stiftungsrat gesorgt. Etwas Besseres hätte dem ORF gar nicht widerfahren können, entwickelte der Untote im "Kurier" doch ein aufwühlendes Programm seines Wirkens. Wenn man so will, ist jetzt der ORF mein Schrebergarten, den ich zu beackern habe, Pflänzlein zu setzen und den Wildwuchs zu roden. Dann schauen wir, dass wir aus dem ORF einen schönen Garten machen, der einen guten Ruf genießt. Immerhin kennt Westenthaler die Grenzen seines intellektuellen Horizonts.

Der politische Horizont wurde ihm in "Zur Zeit" vorgegeben. Dort hieß es klipp und klar: Westenthaler soll im Linksfunk aufräumen. Schluss mit dem Schrebergärtner aus Liebe!, ist der Auftrag, den er von FP-Generalsekretär Hafenecker mit auf den Küniglberg erhielt. Westenthaler soll sich als Mann fürs Grobe im ORF gegen die "einseitige Berichterstattung", "linkslastige Pseudo-Experten", grün-ideologische Klima-Propaganda oder Luxusgagen für die Chefetage starkmachen. Kurz, er soll vor nichts zurückschrecken, keine Grenzen kennen und eine Gefahr für den ORF werden. Schließlich will der Chef eine Totalreform. Mit einem Schrebergärtner.

"Zur Zeit" und die "linke Haltungspresse"

Und das musste in "Zur Zeit" auf jeden Fall kommen. Affäre Föderl-Schmid. Mutmaßliche Plagiatorin inszeniert sich als Opfer. So raffiniert kann eine linke Intrige gar nicht sein, als dass sie an dieser Stelle nicht mühelos entlarvt würde. Die linke Haltungspresse zimmerte aus einer ernsthaften Plagiatsaffäre eine linke Märtyrer-Klamotte. Nach ihrem kurzzeitigen Verschwinden gaben die Haltungsmedien der Plagiatsaffäre einen neuen Spin. Mit ihrem effektvollen kurzzeitigen Abtauchen konnten die Linken die Geschichte drehen. Sie lautet nun: Rechte Hetzer haben eine verdienstvolle Journalistin beinahe in den Tod getrieben. Der Beweis: Zumal die Vorwürfe gegen Föderl-Schmid wesentlich mehr Substanz haben als die etwa mehr oder weniger frei erfundene "geheime Wannseekonferenz" 2.0 in Potsdam.

Jetzt wird Sellner aber beleidigt sein, dass er die Perlen seiner Remigrationsfantasien bei einem mehr oder weniger frei erfundenen "geheimen" Treffen vor die Kameraden geworfen haben soll. Er müsste sich gar nicht als Opfer inszenieren, im linken Mediensumpf hat er gar keine andere Wahl. (Günter Traxler, 9.3.2024)