Es bewegt sich was. Immer mehr Frauen sprechen über Übergriffe und solidarisieren sich.
Es bewegt sich was. Immer mehr Frauen sprechen über Übergriffe und solidarisieren sich.
IMAGO/ANE Edition

Der Internationale Frauentag ist ein wichtiger Tag für laute Kritik an den verbleibenden Hürden auf dem Weg zu echter Gleichberechtigung. Denn noch immer entscheidet allein ihr Geschlecht maßgeblich darüber, welchen Risiken Menschen wahrscheinlicher ausgesetzt sind, welche Arbeiten sie im Durchschnitt eher verrichten oder wie sie in einer Beziehung oft behandelt werden.

Innerhalb weniger Tage wurden erst vor kurzem fünf Frauen und ein Mädchen Opfer tödlicher Gewalt durch Männer. Jede dritte Frau ist in Österreich von Gewalt betroffen. Es ist auch noch nicht lange her, dass eine neue Studie zeigte: Frauen stemmen noch immer den größeren Teil der unbezahlten Arbeit. Jede zweite Frau arbeitet in Österreich Teilzeit. Das ist im EU-Vergleich eine besonders hohe Teilzeitrate, die zu einer weiteren Schieflage zwischen den Geschlechtern führt: Die Gefahr, im Alter von Armut betroffen zu sein, ist für Frauen höher. Die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen liegt bei unglaublichen 40 Prozent.

Mithelfen reicht nicht

Es liegt also noch viel im Argen. Deshalb muss es für Männer endlich selbstverständlich werden, dass auch sie für Familienarbeit oder auch die Pflege von kranken oder alten Angehörigen verantwortlich sind – und dass es zu wenig ist, in ihrem eigenen Zuhause lediglich "mitzuhelfen". Die Politik könnte mit deutlich stärkeren finanziellen Anreizen für Paare, die sich die Karenzzeiten fair aufteilen, viel beitragen. Und die Zahlen zu Gewalt gegen Frauen und jeder einzelne Frauenmord zeigen besonders schmerzlich, was alles noch nicht geschafft ist.

Trotzdem, oder gerade deshalb, ist es wichtig, auch die Fortschritte laufend hervorzuheben. Wurden Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet, brachte das noch vor wenigen Jahren keine Debatten zu herrschenden Geschlechterverhältnissen als Nährboden für Gewalt mit sich. Heute ist das anders. Es ist insbesondere bei Gewalt gegen Frauen wichtig zu zeigen, was alles getan wird. Dass Frauen damit nicht allein zurechtkommen müssen und in Österreich viele Einrichtungen kompetent helfen können. "Es tut sich nichts!" darf nicht das vorrangige Signal an Frauen sein, die Unterstützung brauchen.

Mehr Solidarität

Auch gibt es deutlich mehr Beratungseinrichtungen für Belästigungen oder Machtmissbrauch, die auf verschiedenste Berufsgruppen fokussiert sind. Die jüngsten Debatten um Übergriffe im Kunst- und Kulturbereich sind laut, und immer mehr Frauen nehmen sexualisierte Übergriffe nicht mehr hin – und reden öffentlich darüber. Eine Dokumentation des NDR über Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe in der Film- und Theaterbranche zeugte erst vor kurzem von steigender Solidarität in einer stark von Einzelkämpferinnentum geprägten Branche. Auch mehr sechs Jahre nach #MeToo ist die Empörung nicht abgeflaut.

Vielmehr wird laufend darüber gesprochen – und das bringt viele Verbesserungen mit sich und für Betroffene vor allem das wichtige Bewusstsein, dass erlebte Übergriffe nichts mit ihnen persönlich zu tun haben. Nicht sie müssen sich ändern, die Gesellschaft muss sich ändern. Das ist ein Kraftakt, der allerdings nur gelingt, wenn man das Geschaffte und jene würdigt, die so viel auf den Weg gebracht haben: feministisch engagierte Frauen. Es ist ihr Erfolg, der letztlich allen neue Freiheiten bringt. Neben viel und berechtigter Kritik darf auch der Blick darauf am Frauentag nicht fehlen. (Beate Hausbichler, 8.3.2024)