Gründerin arbeitet an einem Projekt
Frauen bekommen für ihre Innovationen deutlich weniger Finanzierung als Männer.
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Junge Unternehmen in Österreich haben immer mehr Chancen, an Geld zu kommen. Obwohl es kaum richtig große Deals gab, also solche mit mehr als 100 Millionen Euro für ein Start-up, stieg trotzdem die Anzahl der Finanzierungsrunden im Vorjahr um 22 Prozent auf eine neue Bestmarke von 151 auf 184.

So weit, so hoffnungsreich. Nicht so, wenn man sich die Zusammensetzung der Teams ansieht. Nur drei Finanzierungsrunden gab es für rein weiblich besetzte Teams – das entspricht nur zwei Prozent. Immer noch kommen Investments in heimische Start-ups fast ausschließlich rein männlich besetzten jungen Unternehmen zugute. Bei der Diversität in der Start-up-Szene scheint sich also kaum etwas zu tun.

84 Prozent der Finanzierungsrunden gingen 2023 an Teams mit nur Männern an Bord. Im Gegensatz zu 2022 hat sich die Anzahl sogar um drei Prozent erhöht. 14 Prozent der Investmentrunden schlossen Teams mit männlichen und weiblichen Gründerinnen und Gründern ab. Diese Zahlen gehen aus dem Female-Founder-Index 2023 von der Unternehmensberatung EY hervor. Er beinhaltet Unternehmen, die in Österreich sitzen und deren Gründung höchstens zehn Jahre zurückliegt.

Noch ungleicher ist dabei die Höhe der Geldsumme. 90 Prozent des Kapitals flossen in Start-ups oder die bereits ausgereifteren sogenannten Scale-ups, die nur von Männern geführt werden. Auch dieser Wert hat sich in den letzten Jahren leicht erhöht. Bei den Investitionen in den frühen Phasen ist der Anteil an Gründerinnen noch am höchsten – mit knapp zehn Prozent des Kapitals, welches an sie geht. Je größer die Deals, desto weniger geht aber an weibliche Teams. Runden mit über 50 Millionen Euro gingen letztes Jahr an kein einziges weiblich geführtes Jungunternehmen.

Wenig Investorinnen

"Was mich schockiert, ist die Tatsache, dass sich die Zahlen in Österreich gegen den europäischen Trend entwickeln", sagt Lisa-Marie Fassl, Managing Partner bei der europäischen Wagniskapitalgesellschaft Fund F und Co-Gründerin des Verbands Female Founders. "Wir sehen in Europa eine Zunahme an Finanzierungsrunden mit weiblicher Beteiligung, gerade bei Pre-Seed-Runden", sagt sie.

Dass Österreich hier besonders schlecht dastehe – trotz des überdurchschnittlich hohen Anteils an Start-up-Gründerinnen –, hat aus ihrer Sicht starke gesellschaftliche und strukturelle Gründe. Allerdings sei auch der Anteil der Investorinnen besonders gering – sowohl auf Risikokapital- als auch auf Angel-Investor-Seite. "Mit gezielten Anreizen wie beispielsweise einem Beteiligungsfreibetrag könnte man auf einen Schlag gleich mehrere Probleme lösen." In Europa werden Venture-Capital-Fonds zu 80 Prozent von rein männlichen Partnerteams geführt, außerdem sind 87 Prozent der europäischen sowie 95 Prozent der österreichischen Business-Angels Männer.

Insgesamt waren 335 Gründerinnen und Gründer im Vorjahr an zumindest einer Finanzierungsrunde beteiligt. Nur 29 von ihnen und damit weniger als eine von zehn Personen war weiblich. Damit liegt auch der Anteil an Gründerinnen mit einer Investitionsrunde deutlich unter dem jährlichen Durchschnitt von 17 Prozent. Am höchsten ist der Frauenanteil mit 30 Prozent im Bereich Professional Services. Darauf folgen mit mindestens einer Frau die Branchen E-Commerce, Technologien für die Landwirtschaft, Gesundheit, Hardware und Software und Analytik. In den Bereichen Finanztechnologien, Energie und Mobilität gab es letztes Jahr nur männliche Gründungsteams.

Trotzdem viele Gründerinnen

Allerdings bedeutet das wenige Geld an weiblich geführte Start-ups nicht, dass es generell wenig Gründerinnen gibt. In einem Report über Gründerinnen und Investments untersuchte ein Team des Gründungszentrums der Wirtschaftsuniversität Wien im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. In Österreich sind laut der Untersuchung 36 Prozent aller Start-ups von Frauen oder mit Co-Chefinnen gegründet worden, was den höchsten Wert in der EU darstellt. Der "Austrian Start-up Monitor" verzeichnet zudem für das Jahr 2022 einen Anteil von knapp 39 Prozent an weiblichen Start-ups – und damit etwas mehr als im Jahr zuvor mit 36 Prozent.

Als Ursachen für den "Gender-Funding-Gap" identifizierten die Autorinnen und Autoren der Studie oftmalige unbewusste Vorurteile bei Investitionsentscheidungen. Vor allem würden häufig männliche Teams bei Verhandlungen mit Investorinnen und Investoren andere Fragen gestellt bekommen als weibliche Gründerinnen. An Männer gestellte Fragen würden häufig einen unterstützenden Charakter vorweisen, die Fragen an Frauen verlangten von ihnen meist eine defensive Position. Dies führe dazu, dass Unternehmensbewertungen bei Männern durchschnittlich sieben Mal so hoch seien wie bei Frauen. Allerdings zeigt eine Studie der Boston Consulting Group von 2018, dass Frauen beim Gründen erfolgreicher sind als Männer. Die Studie zeigt, dass jeder von ihnen investierte Euro doppelt so viel wert wird als bei der männlichen Konkurrenz. (mera, 8.3.2024)