Vergoldermeisterin Bärbel Weigel
Vergoldermeisterin Bärbel Weigel in der Großen Galerie im Schloss Schönbrunn.
DER STANDARD/Christina Rebhahn-Roither

Bärbel Weigel ist eigentlich "gar nicht so der Glitzertyp", wie sie selbst sagt. Dabei spielt Glanz doch eine wichtige Rolle bei ihrer Arbeit, denn Weigel ist Vergoldermeisterin – nicht zu verwechseln mit einer Goldschmiedin. "Wir veredeln, wir imitieren Oberflächen", sagt die 42-Jährige über ihren Beruf. Die meiste Arbeit entstehe beim Herstellen des Untergrunds. Das Vergolden an sich nennt sie den effektvollsten Moment, der allerdings nur noch der Abschluss sei.

Als Weigel von ihrem Beruf erzählt, spricht sie auch über Handwerkstechniken. Sie arbeitet mit hauchdünnem Blattgold, das nicht mit der Hand angefasst werden kann. Stattdessen pustet Weigel einzelne Blättchen behutsam aus einem Seidenpapierheftchen auf ihr Vergolderbrett. Um das Gold dann vom Brett an die gewünschte Stelle zu transportieren, verwendet sie einen Anschießer, einen Pinsel aus Eichhörnchenhaar. "Mit dem Anschießer arbeitet man elektrostatisch und mit ein bisschen Fett. Dafür streife ich mir über die Wange", sagt Weigel. Anschließend kann das Blattgold aufgenommen werden.

Blattgold und Anschießer
Zum Anheben des Blattgolds vom Vergolderbrett nimmt Weigel einen Anschießer. Das Seidenpapierheftchen mit Blattgold hat sie mit einem Gummiring fixiert.
DER STANDARD/Christina Rebhahn-Roither

Seit 2010 arbeitet die Vergoldermeisterin im Atelier Mahr. Zu den Orten, an denen sie schon vergoldet hat, zählen unter anderem das Wien-Museum und das Schloss Schönbrunn. Hier traf auch DER STANDARD die Vergoldermeisterin. Sie verrät, was sie auf Basis ihres Berufs auf keinen Fall tun würde:

1. Eine Zahnbehandlung vor der Arbeit machen

"Ich würde nie eine Zahnbehandlung mit Betäubung machen, bevor ich vergolden müsste. Diesen Fehler habe ich schon mal in meiner Lehrzeit gemacht. Das sind so minimale Vorgänge, wie man pusten muss, um ein Blattgold aus einem Heftchen herauszuziehen, um es dann auf das Vergolderbrett zu bringen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie genau Sie die Lippe anspannen müssen. Das lernt man mit der Zeit. An dem Tag, an dem ich diese Betäubung hatte, konnte ich meine Lippe nicht anspannen und musste wirklich warten, bis die Symptome weg waren."

2. Eine Polimentvergoldung feucht reinigen

"Eine Polimentvergoldung würde ich nie mit einem feuchten Tuch reinigen. Der Laie nicht weiß das oft nicht, wischt einmal drüber und wundert sich, wo das Gold hin ist. Wir verwenden wasserlösliche Werkstoffe. Kommt da ein Tropfen Wasser drauf, löst sich der Untergrund, und man wischt das Gold weg. Denn das Blattgold ist die letzte Lage und nur einen achttausendstel Millimeter dünn. Man muss eine Polimentvergoldung trocken mit einem weichen Pinsel oder Tuch reinigen. Wenn sie stärker verschmutzt ist, muss man sie an den Fachmann geben.

Es gibt mehrere Arten zu vergolden. Die Polimentvergoldung ist die aufwendige Vergoldung für Innenräume, die sich löst, wenn Wasser draufkommt. Hier braucht man viele Aufträge, muss schleifen und polieren. Die Ölvergoldung dagegen ist nicht wasserlöslich, man sieht sie auch im Außenbereich, etwa auf Kirchturmkuppeln."

3. Ungeduldig sein

"Der Schichtaufbau erfordert viel Zeit, nach jeder Lage gibt es Trocknungszeiten, die man einhalten muss. Poliert man zu früh, reißt man womöglich den ganzen Untergrund wieder auf. Mit einem Kollegen, der den Vorgang beschleunigen wollte, habe ich einmal versucht, das zu optimieren. Wir sind kläglich gescheitert. Das ist für mich an dem Handwerk so besonders und speziell, dass nichts zu beschleunigen geht. Die Technik der Polimentvergoldung ist Jahrhunderte alt – seit der Gotik unverändert! Wir arbeiten mit Naturmaterialien, für die man sich Zeit nehmen muss. Ungeduld verzeiht diese Technik nicht." (Christina Rebhahn-Roither, 10.3.2024)