Die Republik fordert von Benkos Villen-Firma in Igls 12 Millionen Euro an Steuern
Die Republik fordert für Benkos Villenfirma in Igls Steuern in der Höhe von zwölf Millionen Euro.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Wien/Innsbruck – Mit der Signa-Pleite rückt der Firmensitz- und Finanzamtswechsel von Wien nach Innsbruck im Jahr 2018 in ein neues Licht. Es gibt einen Widerspruch den Standort der Zentrale betreffend: Das Finanzamt Innsbruck hatte die Steuerprüfung damals übernommen. Bei der Insolvenz im Herbst 2023 habe es aber geheißen, die tatsächliche Leitung des Konzerns erfolge vom Wiener Standort aus. Nun wurde auch René Benkos Villenfirma nach Innsbruck verlegt: Die Neos orten Parallelen, so die "Tiroler Tageszeitung".

Im Jänner habe der Signa-Gründer auch den Sitz seiner Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG – Eigentümerin der Benko-Villa in Igls – von Wien auf Innsbruck geändert, wo auch die Signa offiziell sitzt. Der Schlosshotel-Firma hänge ebenfalls eine Steuercausa an, so die "TT" (Montagsausgabe). Die Republik fordert zwölf Millionen Euro an Steuern und hat sich bei der Villa Benkos bereits ein Pfandrecht gesichert.

Beim Finanzministerium wollte man auf Anfrage der Zeitung zu den Widersprüchen um den Signa-Sitz und die Sitzverlegung der Villenfirma nichts sagen. Dort habe es geheißen, man dürfe zu konkreten Fällen keine Auskunft erteilen. Signa habe auf eine Anfrage der "TT" nicht reagiert.

Neos: "Kein Zufall"

Die Vorgänge um Benkos Villa im Innsbrucker Stadtteil Igls im Detail: Die Liegenschaft rückte vergangenen Dezember ins Visier der Finanzverwaltung, wie das Ö1-"Morgenjournal" des ORF am Montag berichtete. Offiziell sei das 60 Millionen Euro Anwesen zur gewerblichen Nutzung vorgesehen und gehöre über Umwege zum privaten Stiftungsgeflecht von Benko. Doch nur der Firmengründer und seine Familie sollen dort wohnen, "so die Vermutung". Die Finanzverwaltung fordere zwölf Millionen Euro an Umsatzsteuer zurück. Mitte Jänner, also nur wenige Wochen, nachdem die Republik ein Pfandrecht auf die Immobilie vorgemerkt habe, sei ein Schreiben beim Handelsgericht Wien eingegangen, in dem die Eigentümer der Villa wie folgt wissen ließen: "Die Gesellschafter geben bekannt, dass der Sitz der Gesellschaft von Wien nach Innsbruck verlegt wurde." Das Dokument liegt der Redaktion des Radiosenders eigenen Angaben zufolge vor.

Die mittlerweile verpfändete Villa Benkos in Innsbruck sorgt nun weiter für innenpolitischen Wirbel. Die Neos erinnert das Vorgehen bei der Villa laut ORF-Radio an die Verlegung des Firmensitzes der Signa Holding im Jahr 2018 nach Tirol. Sie wollen nun eine mögliche Sonderbehandlung von Benko durch das Finanzamt Innsbruck prüfen. "Es kann kein Zufall sein, dass Unternehmen, die mit Benko in Verbindung stehen, bevorzugt in die Zuständigkeit des Finanzamts Innsbruck wechseln", so Neos-Mandatar Yannick Shetty zur "TT". Auch die Grünen wollen dem Bericht zufolge vom Finanzminister wissen, welches Finanzamt einst für das Abgabeverfahren der Benko-Villa zuständig gewesen sei.

Die Neos möchten im anstehenden Cofag-U-Ausschuss mit dem Titel "Zwei-Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder" jedenfalls auch durchleuchten, welche Rolle die Tiroler Finanzbeamten beim Umgang mit Benkos Signa-Firmen spielten. "Wie kann es sein, dass das Finanzamt Innsbruck die zentrale Geschäftstätigkeit der Signa in Innsbruck verortete und so die Steuerprüfung an sich zog, wenn Signa nun betont, ihre Zentrale sei in Wien?", zitiert die "TT" Shetty, der Fraktionsführer der Pinken im U-Ausschuss ist. "Aus unserer Sicht steht der Verdacht im Raum, dass im Finanzamt Innsbruck zählt, wen du kennst."

Auch SPÖ-Nationalrat Jan Krainer hinterfragte dem Bericht zufolge unlängst im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage die damalige Firmensitzverlegung. Auch für ihn zeige sich, dass die Signa ihren tatsächlichen Sitz nie nach Innsbruck verlegt habe, schreibt die Zeitung und verweist darauf, dass Signa-Gründer Benko nun auch die Firma, der seine Villa in Igls gehört und die der Republik zwölf Millionen Euro Steuern schuldet, von Wien nach Innsbruck verlegt habe.

Finanzamtswechsel 2018

2018 hatte die Signa den Firmensitz "während einer Steuerprüfung überraschend von Wien in die Innsbrucker Maria-Theresien-Straße verlegt", so die "Tiroler Tageszeitung". Das Innsbrucker Finanzamt habe sich daraufhin für zuständig erklärt, weil der Ort der Geschäftstätigkeit der Signa damit in Innsbruck liege und nicht in Wien. Dabei stützten sich die Innsbrucker Finanzbeamten dem Zeitungsbericht zufolge auf die Einschätzung einer Innsbrucker Steuerberatungskanzlei, wie Unterlagen zeigten. Und so sei die Steuerprüfung von den Großbetriebsprüfern in Wien nach Tirol gewandert, "sehr zur Verwunderung der Wiener Finanzbeamten", schreibt die "TT". Die Steuercausa sei in Innsbruck dann relativ rasch im Sinne der Signa ausgegangen, die rund um den Verkauf eines Hunderte Millionen schweren Immobilienpakets einen deutlich geringeren Betrag versteuern musste, als es die Wiener Prüfer gefordert hätten.

Konkret forderte das Finanzamt Wien 2018 laut Ö1-"Morgenjournal" 50 Millionen Euro an Steuern von der Signa. Dabei sei es um den Verkauf des Tuchlauben-Komplexes in der Wiener Innenstadt gegangen. Die Zeitung "Falter" habe darüber als Erstes berichtet. Daraufhin habe die Signa ihren Firmensitz nach Innsbruck abgezogen. Dort sei das Finanzamt auf eine wesentlich geringere Summe von 36 Millionen Euro an fälligen Steuern gekommen – um 14 Millionen weniger als das Finanzamt Wien.

Der damalige Finanzamtswechsel nach Innsbruck wurde laut "TT" unter anderem mit drohender Verjährung gerechtfertigt. Die Causa sei auch Teil der Ermittlungen der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund um Ex-Finanzministeriums-Generalsekretär Thomas Schmid. Laut Aussage eines Wiener Steuerprüfers vor der WKStA sei zugunsten Benkos interveniert worden, schreibt die Zeitung. Rückenwind für den Wechsel des Finanzamts sei damals "mutmaßlich auch aus dem Finanzministerium" gekommen.

Signa-Insolvenzen am Wiener Handelsgericht

Im Insolvenzantrag 2023 betonte die Signa Holding dann wiederum, die tägliche Leitung des Unternehmens erfolge von der Wiener Niederlassung aus, der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Beziehungen befinde sich in Wien. Auch die Hauptstandorte und der Sitz der Geschäftsleitung der wesentlichen Tochtergesellschaften seien in Wien. Dort würden auch die wesentlichen Geschäftsführungs- und Beiratssitzungen abgehalten. Ebenso würden Buchhaltung und Lohnverrechnung für die österreichischen "Oberbau"-Gesellschaften in Wien verrichtet. "Im Vergleich dazu nimmt der Standort in Innsbruck eine untergeordnete Stellung ein. Die tatsächliche Leitung des Unternehmens erfolgt vom Wiener Standort aus", wurde betont. Deshalb werden die milliardenschweren Signa-Insolvenzen auch am Wiener Handelsgericht verhandelt und nicht am offiziellen Firmensitz in Innsbruck.

Im Finanzministerium wollte man sich auch gegenüber dem ORF nicht zu den Vorwürfen äußern. Zu konkreten Fällen dürfe aufgrund der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht keine Auskunft erteilt werden, habe es geheißen. Die Signa sowie die Eigentümergesellschaften der Immobilie in Igls hätten auf Anfragen des ORF nicht geantwortet.

Tagsatzung am Dienstag nach Insolvenzantrag gegen Benko

Nachdem die Finanzprokuratur als Anwältin der Republik Österreich beim Insolvenzgericht am Landesgericht Innsbruck einen Insolvenzantrag gegen Signa-Gründer René Benko eingebracht hatte, findet am Dienstag die sogenannte Insolvenzeröffnungstagsatzung statt. Eine Gerichtssprecherin bestätigte der APA einen entsprechenden Bericht des ORF Tirol und betonte gleichzeitig, dass die Tagsatzung nicht öffentlich und damit auch nicht medienöffentlich sei. Benko muss laut Rechtslage nicht persönlich anwesend sein. Dass der Tiroler Investor trotzdem zu der Tagsatzung erscheint, ist laut APA-Informationen nicht anzunehmen bzw. nahezu ausgeschlossen.

In der Tagsatzung werde die Sachlage bzw. die Vermögenssituation erörtert, die Benko-Seite wird am Dienstag ein Vermögensbekenntnis ablegen, wie es hieß. Dann könnte die Entscheidung durchaus auch schnell fallen. Ob der Insolvenzrichter diese aber tatsächlich bereits am Dienstag fällt, war offen. Dies sei "nicht in Stein gemeißelt", so Landesgerichtssprecherin Birgit Fink. Letztlich muss festgestellt werden, ob tatsächlich Zahlungsunfähigkeit besteht. Sollte keine Zahlungsunfähigkeit gegeben sein, wird der Insolvenzantrag abgewiesen. Das Landesgericht wird die Entscheidung medial per Aussendung bekanntgeben. (APA, red, 12.2.2024)