Ich unterhalte mich mit meinem Nachbarn, während meine beiden Kinder (sechs und drei Jahre alt) neben uns im Garten spielen. Wir befinden uns am Rande einer kleinen, schönen Stadt in Kärnten, umgeben von Seen und Bergen. Der Ort, den ich seit zehn Jahren mein Zuhause nenne. Das Gespräch wendet sich schnell einem Thema zu, das uns beiden am Herzen liegt: Bildung in Österreich, genauer gesagt, der Zustand staatlicher Volksschulen.

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Geht es um die Frage, in welche Schule das Kind geschickt werden soll, wird der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund häufig als Faktor herangezogen – doch oft nur mit einer negativen Konnotation.
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Der Enkel meines Nachbarn wohnt nämlich in Wien und sollte dort zur Volkschule gehen. Mein Gesprächspartner beschwert sich über die Lage in der Hauptstadt – es sei sehr schlecht, die Volksschulklassen bis zum Rand voll, und "überfüllt von Ausländern, die kaum Deutsch sprechen". Während er spricht und ich mitfühlend nicke, ist mir die ganze Zeit klar, dass mein Mann und ich auch Ausländer sind, unser Kind Migrationshintergrund hat – und ich frage mich, ob ihm das auch bewusst ist. Als ob er meine Gedanken erkannt hätte, fügt er bald hinzu: "Ich hab' nichts gegen Ausländer." Ich glaube ihm, er war immer nur freundlich zu uns. Das Problem läge bei der Politik, meint er, die Integration ist gescheitert. Dennoch fühle ich mich nicht besonders erleichtert.

Es ist noch nicht lange her, dass wir uns mit einer Familie angefreundet haben, die kürzlich von Wien weggezogen ist. Der (Haupt-)Grund? Die schulpflichtige Tochter wäre die einzige in die Klasse mit Deutsch als Muttersprache gewesen. Ein kurzer Blick in den Kommentarbereich vieler Artikel des STANDARD zum Thema Bildung, etwa dieser hier, offenbart einen besorgniserregenden Trend: Unsere Freunde sind bei weitem nicht die Einzigen. Es scheint, als ob die Einheimischen die Schulen für ihren Nachwuchs nach einem Hauptkriterium auswählen würde: dem Ausländeranteil der Schule.

Was spricht gegen Mehrsprachigkeit?

Mein Sohn kommt heuer in die Schule. Da seine beiden Elternteile im Ausland geboren wurden (ich in Slowenien, mein Mann in den USA), er selbst aber in Österreich, ist er "eine Person mit Migrationshintergrund zweiter Generation". Das bringt mit sich, dass er mehrsprachig aufwächst. Er besucht den öffentlichen Kindergarten zwar schon seit er drei Jahre alt ist, trotzdem sehen seine Pädagoginnen noch "Luft nach oben" in Bezug auf die Kompetenz der deutschen Sprache. Deswegen wird er in der Volksschule noch weiter Deutsch-Förderung bekommen, was ich gut finde.

Umso mehr ich mich jedoch mit diesem Thema beschäftige, desto mehr bin ich der Meinung, dass Mehrsprachigkeit an österreichischen Schulen als eine Belastung und nicht als Vorteil angesehen wird. Im Kindergarten ist alles schön und gut, denn dort spielen die Kinder nur. Aber wenn es Zeit für die Schule ist, wird es ernst. Jetzt soll die deutsche Sprache beherrscht werden – zum Wohle des Kindes selbst und auch aller seiner Mitschüler.

Das eigene Dilemma

Einige Migranten, die ich kenne, haben diese harte Realität selbst erkannt und möchten nicht, dass ihr Kind mit zu vielen anderen Migrantenkindern in einem Klassenzimmer sitzt. Denn das würde ihre Integration und das Sprachenlernen verlangsamen. Ein pensionierter Professor hat meiner Freundin folgendes geraten: Die beste Schule für Ihr Migrantenkind ist die, in der es der einzige Ausländer in der Klasse wäre. Die Ironie daran ist mir nicht entgangen – wir Ausländer sollten darauf achten, dass unser Kind nicht mit anderen Ausländern in einem Klassenzimmer unterrichtet wird. Ich frage mich, ob das wirklich im besten Interesse meines Kindes ist – es würde zwar auf diese Weise schneller Deutsch lernen, aber würde es sich dann nicht auch als Außenseiter fühlen? Ich fürchte, es gibt keine einfache Antwort auf dieses Dilemma.

Welche Volksschule haben ich und mein Mann also für unseren Sohn ausgewählt? Eine öffentliche Volksschule in der Nachbarschaft, weil uns deren Programm am besten gefiel. Wie viele Migrantenkinder noch in seiner Klasse sein werden, weiß ich nicht. Und der Enkel meines Nachbarn? Er zog von Wien aufs Land. Über den Grund kann ich nur raten. (Nina Bernardon, X.2.2024)