Angelehnt an den Western der 1960er-Jahre gelten die "Glorreichen Sieben" an der Wall Street als das Maß aller Dinge. Gemeint sind Amazon, Apple, die Google-Mutter Alphabet, Microsoft, der Facebook-Mutterkonzern Meta, der Chiperzeuger Nvidia und Tesla. Diese Aktien haben jahrelang die Börse nach oben gezogen. In den vergangenen zwölf Monaten stiegen die Papiere im Schnitt um fast 80 Prozent, wodurch sie im marktbreiten Aktienindex S&P 500 zusammen eine Gewichtung von gut einem Viertel besitzen. Das Börsenbarometer gewann in dieser Zeitspanne vergleichsweise bescheidene 20 Prozent.

Ein Tesla vor einer Ladesäule, daneben stehen drei Personen.
Die Modellpalette von Tesla ist in die Jahre gekommen. Das neue Fahrzeug für den Massenmarkt soll frühestens Ende 2025 vom Band rollen.
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Doch ein Vertreter der Glorreichen Sieben, der Elektroautopionier Tesla, ist zuletzt ins Schlingern geraten. Während die meisten anderen Technologieriesen seit Jahresbeginn weitere Kursgewinne verzeichneten, liegt die Tesla-Aktie etwa ein Viertel unter Wasser. Auslöser war ein eher düsterer Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr samt der Ankündigung, deutlich langsamer zu wachsen. Vom zuvor wiederholt von Konzernchef Elon Musk ausgegebenen Langfristziel, ein 50-prozentiges Wachstum pro Jahr, war keine Rede mehr.

Keine Absatzziele

"Tesla signalisiert, dass sich die Tage eines 50-prozentigen oder auch nur 30- bis 40-prozentigen jährlichen Wachstums im Jahr 2024 nicht wiederholen werden", folgert Seth Goldstein, Analyst bei Morningstar Research. Zum Vergleich: 2023 stiegen die Erlöse um 19 Prozent auf 96,8 Milliarden US-Dollar. Musk nannte für 2024 keine Absatzziele und kündigte den Marktstart des günstigeren Einstiegsautos frühestens für Ende 2025 an, womit bis dahin wohl auch die Aussichten verhalten bleiben. Bei dem Autopiloten, seit Jahren Hoffnungsträger für Tesla, gab es zuletzt mehr Rückschläge, denn Fortschritte.

Das zeigt sich auch an der Kursentwicklung. Denn die Tesla-Aktie ist um mehr als die Hälfte seit dem Rekord von November 2021 gefallen. Dennoch ist sie die am höchsten bewertete der Glorreichen Sieben. Tesla wird an der Börse zum 56-fachen Jahresgewinn gehandelt. Sonst ist Amazon mit dem 43-Fachen am teuersten bewertet, Meta mit dem 22-fachen Gewinn am günstigsten.

Die Bewertung wird dann zum Problem, wenn sich die Wachstumsaussichten eintrüben. "Eine der Herausforderungen, wenn wir über Unternehmen wie Tesla sprechen, ist, dass sie wie ein Technologieinnovator bewertet werden, aber diese Innovation durch Autos verkaufen müssen – und die Automobilnachfrage ist schwach", sagt Anlagestratege Rob Haworth von US Bank Asset Management.

Nimbus angekratzt

Zudem kratzen die nicht enden wollenden Probleme des einst Twitter genannten Kurznachrichtendiensts X an Musks Nimbus als Unternehmer. Er wirke seit dessen Übernahme abgelenkt, statt sich um Teslas Probleme zu kümmern, sagte Analyst Dan Ives vom Investmenthaus Wedbush dem Handelsblatt: "Wenn das Flugzeug abstürzt, sollte man sich nicht darauf konzentrieren, nach gesalzenen oder ungesalzenen Brezeln zu fragen."

Rosen streute Musk hingegen der Konkurrenz aus China, etwa BYD, weltweite Nummer eins bei Elektrofahrzeugen: "Sie sind extrem gut. Wenn keine Handelsbarrieren aufgebaut werden, werden sie die meisten Autobauer in der Welt zerstören." Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten. Leicht wird es für Tesla aber nicht, mit dem neuen Modell für den Massenmarkt, wo die Chinesen stark sind, wieder auf die Überholspur zu kommen. Oder auch nur zu verhindern, als erstes Unternehmen aus den Glorreichen Sieben auszuscheiden, wie es CNBC-Börsenexperte Jim Cramer vorhersagt. (Alexander Hahn, 30.1.2024)