Boris Nadeschdin.
Boris Nadeschdin hat laut seiner Website über 200.000 Unterschriften gesammelt.
IMAGO/Vyacheslav Prokofyev

Schluss mit dem Krieg! Mit dieser Forderung will der 60-jährige Boris Nadeschdin im kommenden März gegen Amtsinhaber Wladimir Putin antreten. Dieser habe, so steht es in Nadeschdins Wahlprogramm, mit der "Spezialoperation" in der Ukraine "einen fatalen Fehler begangen". Keines der erklärten Ziele sei erreicht worden.

Nadeschdin ist kein Aktivist wie etwa der inhaftierte Alexej Nawalny. Und auch kein Newcomer wie Jekaterina Dunzowa, der die Kandidatur versagt bleibt und die jetzt Nadeschdin unterstützt. Er ist ein Liberaler, ein Politprofi, durchaus erfahren im politischen Establishment Russlands.

Boris Nadeschdin ist Spross einer Musiker- und Wissenschafterfamilie. Verheiratet ist er mit der Psychotherapeutin Natalia, die beiden haben zwei Söhne. Seit 30 Jahren ist er in der Politik, eine herausragende Position hatte er aber nie. Nadeschdin hat eng mit dem 2015 ermordeten liberalen Politiker Boris Nemzow zusammengearbeitet. Von 1999 bis 2003 war er für die liberale Union der rechten Kräfte stellvertretender Fraktionschef im russischen Parlament. Heute ist er Abgeordneter in der Stadt Dolgoprudny, die an Moskau grenzt.

Lange Warteschlangen

Die Bewerbung des erklärten Kriegsgegners Boris Nadeschdin ist auf unerwartet großes Interesse gestoßen. So groß, dass inzwischen der Kreml reagiert hat. "Wir betrachten ihn nicht als Rivalen", wiegelte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow ab. Nadeschdin schreibt in seinem Wahlprogramm: "Russland braucht eine Zukunft – die Zukunft eines Landes, zu dem man aufschaut und in das freie und gebildete Menschen zurückkehren oder umziehen wollen."

Auf Bildern in sozialen Netzwerken waren in verschiedenen Städten lange Schlangen von Bürgern zu sehen, die dem Oppositionspolitiker zur Kandidatur verhelfen wollten. Die Unterschrift sei für die Menschen eine Möglichkeit, "ihre Unzufriedenheit" zum Ausdruck zu bringen, "ohne Angst vor einer Festnahme haben zu müssen", meint ein 19-Jähriger in der Warteschlange.

Ob Nadeschdin am Ende als Kandidat für die Wahl registriert wird, ist unsicher. Russlands Zentrale Wahlkommission fordert 105.000 Unterschriften von Unterstützern. Laut Nadeschdins Website sind es am Schluss genau 200.924 Unterschriften geworden. Aber viele werden vermutlich als fehlerhaft bezeichnet werden. (Jo Angerer, 28.1.2024)