Eine Kohlmeise am Futterspender
Seitenansicht einer Kohlmeise. Der kohlschwarze Kopf ist namensgebend. (Belichtungszeit 1/400 Sek., Blende f5.6, Lichtempfindlichkeit ISO 500, Belichtungskorrektur +2, Brennweite 500 mm am APS-C-Sensor entspricht einer Bildwirkung von 750 mm umgerechnet aufs Kleinbildformat)
Michael Simoner

Manche Vögel sieht man so oft, dass sie gar nichts Besonderes mehr sind. Kohlmeisen, zum Beispiel, gehören wie Blaumeisen sowie Feld- und Hausspatzen zur Grundaufstellung bei uns im Garten. Sie sind eigentlich immer da, nur zur Mauser im Sommer ziehen sie sich wie viele Vögel komplett zurück. Der Garten wirkt dann für ein paar Wochen wie ausgestorben. Doch nach dem Comeback leuchtet das erneuerte Gefieder gerade bei Kohlmeisen besonders kräftig. Auch jetzt bei der Winterfütterung wird mir wieder bewusst, wie hübsch sie eigentlich sind.

Weibchen oder Männchen

Der namensgebende kohlschwarze Kopf mit den weißen Wangen macht Kohlmeisen (Parus major) unverkennbar. Dazu eine leuchtend gelbe Brust und Unterseite mit einem schwarzen Längsband, das sich vom Kinn abwärts zieht. An diesem Streifen ist auch zu erkennen, ob es sich um ein Weibchen oder ein Männchen handelt. Bei männlichen Tieren wirkt der schwarze Streifen dick aufgetragen, bei weiblichen ist er dünner und unterbrochen. Beide Geschlechter haben elegante, blaugraue Flügel mit einer weißen Binde. Die Mantelfedern darüber sind grünlich.

Vor den Spatzen bei der Winterzählung

Kohlmeisen sind nicht nur Stammgäste in unserem Garten (und in diesem Fotoblog), sondern in vielen Gärten und Parks in ganz Europa. Bei der jüngsten Zählaktion "Stunde der Wintervögel" haben sie in Österreich inoffiziell wieder den ersten Platz von und vor den Haussperlingen zurückerobert. Inoffiziell deswegen, weil Birdlife Österreich als Veranstalter die Endergebnisse noch nicht bekanntgegeben hat. In der jüngsten Zwischenbilanz sind Kohlmeisen aber mit großem Abstand die häufigsten Vögel. Sie wurden in neun von zehn Gärten gesichtet. Trotz teilweise schlechten Wetters während der Zählung gab es mit mehr als 26.800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen neuen Mitmachrekord. Gratulation!

Am Winterbuffet sind Kohlmeisen keine Kostverächter. Sie holen sich Erdnüsse und Sonnenblumenkerne und stierln auch gern in weichen Fettblöcken. Sie wurden aber auch schon als Aasfresser gesehen. Und es gibt Berichte, wonach Kohlmeisen in der Not Zwergfledermäuse erbeuteten. Unter normalen Bedingungen ernähren sie sich im Sommer hauptsächlich von Insekten, Raupen und Spinnen. Damit wird auch der Nachwuchs innerhalb von rund drei Wochen hochgepäppelt. Hoffentlich haben wir heuer im Frühling wieder Glück und bei uns piepst's aus einem der Nistkästen.

Geschickte Kulturfolger

Meisen sind ziemlich clever. In den 1920er-Jahren wurde in Großbritannien vereinzelt beobachtet, dass Kohlmeisen und ihre Cousinen, die Blaumeisen, Verschlussfolien von damals vor den Haustüren abgestellten Milchflaschen öffneten, um an die darunter befindliche Rahmschicht zu gelangen. Jahre später konnten das schon Meisen auf der ganzen Insel.

Wenn Sie diese Erfolgsgeschichte der Kulturfolger auf Englisch nachschlagen, werden Sie mit Sicherheit auf "Great Tits" stoßen. Das ist nämlich die britisch-englische Übersetzung von Kohlmeisen. "Tit" heißt Meise und war in früheren Zeiten ein Sammelbegriff für etwas sehr Kleines. Und weil Kohlmeisen unter den eigentlich kleinen Meisen die größten in Europa sind, sind sie eben die "Great Tits". Sollten Sie jetzt auf die Idee kommen, mit lustigen T-Shirts ein Vermögen zu verdienen, sind Sie um Jahrzehnte zu spät dran. (Michael Simoner, 17.1.2024)

Nachtrag: Birdlife Österreich hat das Endergebnis der "Stunde der Wintervögel" am 22. Jänner 2024 präsentiert, hier dazu ein Bericht unserer Wissenschaftsredaktion.

Eine Kohlmeise auf einem Ast
Frau Kohlmeise von unten. Das schwarze Längsband auf der Brust ist ein wenig schwächer ausgeprägt als bei Männchen. (1/500 Sek., f5.6, ISO 1600, 500 mm APS-C)
Michael Simoner
Eine Kohlmeise am Futterspender
Das Gefieder von oben: Grüne Decke, graublaue Flügel und Schwanzfedern. (1/640 Sek., f5.6, ISO 2500, 420 mm APS-C)
Michael Simoner
Kohlmeisen verlassen das Nest
Ähnliche Bilder vom erstmaligen Verlassen des Nestes in einem Ofenrohr gab's hier schon mal. Aber die kleinen Kolhlmeiserln sind einfach sooo süß. (1/400 Sek, f6.3, ISO 2000, 500 mm APS-C)
Michael Simoner