Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) lächelt zerknirscht, weil der Koalitionspartner einer Steuerbefreiung für Wertpapiergewinne ablehnend gegenübersteht.
Die Grünen muss Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) von den Vorteilen eines Vorsorgedepots erst überzeugen.
APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Nach der ökosozialen Steuerreform und der Abschaffung der sogenannten kalten Progression will Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) einen weiteren Punkt des Regierungsprogramms angehen: das Vorsorgedepot. Mit dem Instrument sollen Investitionen in die private Vorsorge steuerlich begünstigt und zugleich eine Behaltefrist bei der Kapitalertragssteuer eingeführt werden. "Das Modell soll Menschen eine attraktive Möglichkeit zur finanziellen Vorsorge geben", sagte Brunner am Donnerstag in einem Pressegespräch.

Das Vorsorgedepot ist nach den Plänen der ÖVP auf zehn Jahre ausgelegt und könne mit Aktien oder Anleihen ebenso befüllt werden wie mit Fonds. Für Investitionen in die Vorsorge, etwa für die Zeit der Pension oder des Ruhestands, könne das so angesparte Kapital dann aus diesem Depot steuerfrei entnommen werden. Und zwar auch vorzeitig, also ohne die zehnjährige Spekulationsfrist abwarten zu müssen, skizzierte Brunner mögliche Varianten. Für die Vorsorge könnten drei bis fünf Jahre Behaltefrist ausreichend sein, ein bis drei Jahre wären hingegen verfassungsrechtlich problematisch.

Anreiz für Treue

Bei der Ausgestaltung des neuen Tools sei noch alles offen, warb der Minister vor allem beim grünen Koalitionspartner für das Anliegen. Die Kriterien müssten diskutiert und festgelegt werden, er sei da für Vorschläge offen. "Es geht um Anreize für langfristige Investments und darum, dass sich die Menschen etwas schaffen können."

Angenehmer Nebeneffekt eines solchen Vorsorgedepots: Auch der Kapitalmarkt würde profitieren – und mit ihm die breite Bevölkerung, wie Brunner meint. "Es geht nicht um Spekulation", denn eine Befreiung von der 27,5-prozentigen Kapitalertragssteuer (früher bekannt als sogenannte Sparbuchsteuer) gebe es beim neuen Modell erst nach zehn Jahren. Kurzfristige Kursgewinne oder Immobilienveräußerungsgewinne unterlägen somit weiterhin der 27,5-prozentigen Besteuerung, betonte Brunner.

Für die Reichen?

Die Grünen konnte Brunner für das Vorhaben bis dato noch nicht gewinnen. Finanzsprecherin Nina Tomaselli hatte dem Vorhaben kürzlich eine Absage erteilt. Kapitalgewinne seien in Österreich gegenüber Arbeitseinkommen steuerlich privilegiert. Eine Behaltefrist und damit eine Reduktion der Kapitalertragssteuer würde dieses Ungleichgewicht weiter verstärken, von einer Senkung der Kapitalsteuern profitierten vor allem Reiche.

"Es ist unverständlich, wie man da dagegen sein kann", sagte Brunner. Mit der Behaltefrist von zehn Jahren werde Spekulation unterbunden, auch verfassungsrechtliche Bedenken wären mit einer Behaltefrist von drei bis fünf Jahren ausgeräumt. Nun gebe es "keine sachliche Kritik" mehr.

Aus Sicht des Kapitalmarkts wäre das Vorsorgedepot gegenüber der aktuellen Gesetzeslage eine Verbesserung. Denn seit 2011 wird langfristiges Investment nicht mehr belohnt, auf Wertpapiererträge (Aktien, Anleihen etc.) wird unabhängig von der Dauer des Investments Kapitalertragssteuer fällig. Der Steuersatz wurde 2016 von 25 auf 27,5 Prozent erhöht. (Luise Ungerboeck, 11.1.2024)