Greta Gerwig wird bei den Golden Globes am Sonntag sicher nicht leer ausgehen.
Greta Gerwig wird bei den Golden Globes am Sonntag sicher nicht leer ausgehen.
AP/Lee Jin-man

Die Hollywood Foreign Press Association (HFPA) ist ein skurriler Verein. 1944 beschlossen etwa hundert ausländische, in Hollywood beheimatete Journalisten, Preise an die von ihnen gekürten besten Filme des Jahres zu vergeben. Das war wundersamerweise so erfolgreich, dass die Golden Globes mittlerweile zu den wichtigsten Film- und Fernsehpreisen der US-Unterhaltungsindustrie zählen – neben den Oscars und den Fernsehpreisen, den Emmys.

Doch die Geschichte der HFPA (und damit der Globes) klingt wie ein Kapitel aus Kenneth Angers Skandalmemoiren Hollywood Babylon: Unqualifizierte Mitglieder, Freunderlwirtschaft und Bestechlichkeit wurde dem Verein seit jeher vorgeworfen. Ab 1958 strahlte der Fernsehsender NBC die Gala aus, doch zwischen 1969 und 1974 wurde die Übertragung ausgesetzt, da NBC und der HFPA vorgeworfen wurde, die Gewinner durch die Werbepartner bestimmen zu lassen. Außerdem sei Stars angedroht worden, dass sie, falls sie nicht an der Gala teilnähmen, keine Trophäe gewinnen würden.

Dass Kathleen Turner 1981 keinen Golden Globe gewann, war tatsächlich faules Spiel.
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1982 gewann dann überraschend das Schauspielsternchen Pia Zadora gegen Kathleen Turner (Body Heat) und Elizabeth McGovern (Ragtime) den Newcomer-Preis. Danach stellte sich heraus, dass ihr Millionärsgatte der Jury Ausflüge in Luxushotels und Kasinos bezahlt hatte. Selbst Angelina Jolie scheint 2011 bei der Nominierung des Flops The Tourist ihre einflussreichen Finger im Spiel gehabt zu haben.

Diversität? Na ja

Beim seit einigen Jahren forcierten Thema Diversität konnte die HFPA ebenfalls nicht punkten. 2021 kam heraus, dass die sogenannte Auslandspresse kein einziges schwarzes Mitglied hatte – eine Tatsache, die der letztjährige Moderator Jerrod Carmichael spitzzüngig aufs Korn nahm.

Comedian Jo Koy wir heuer die Golden Globes moderieren
Jo Koy

Die Globes sind also nur oberflächlich golden, darunter befindet sich eine lange, schmuddelige Geschichte. Möglicherweise sind sie gerade deshalb ein passendes Aushängeschild für Hollywoods Unterhaltungsindustrie, die sich seit einigen Jahren gerne das diversitätsfreundliche Saubermann-Image überstülpt.

Eine aktuelle Studie des Center for the Study of Women in Television and Film an der Universität San Diego will dazu jedoch ganz und gar nicht passen: Dabei kam heraus, dass 2023 trotz Inklusionsbemühungen bei 83 Prozent der umsatzstärksten Hollywoodfilme Männer in den Schlüsselpositionen saßen.

Wenigstens heuer stehen keine Skandale im Raum, und mit Greta Gerwigs Barbie hat der Film einer Frau die größten Chancen auf die meisten Goldgloben. Barbie führt mit neun Nominierungen, dicht gefolgt von den älteren Meistern Christopher Nolan (Oppenheimer) und Martin Scorsese (Killers of the Flower Moon).

Auch Yorgos Lanthimos’ demnächst anlaufende Alasdair-Gray-Verfilmung Poor Things mit Emma Stone und Mark Ruffalo ist in sieben Kategorien nominiert, darunter – wie Barbie – als beste Filmkomödie. Um den Animationsfilmpreis rittert übrigens Hayao Miyazakis aktueller Kinostart Der Junge und der Reiher. Saltburn und Priscilla treten um Darstellerpreise an.

Comedian Jo Koy moderiert die Show am Sonntagabend. Das Engagement kam so kurzfristig, dass er schlaflose Nächte verbrachte. Seine Witze werden so wenigstens aktuell sein. (Valerie Dirk, 7.1.2023)