Der bis in hohe Kreise vernetzte und mittlerweile verstorbene US-Geschäftsmann und Multimillionär Jeffrey Epstein (in der Mitte) soll zahlreiche auch minderjährige Mädchen sexuell missbraucht haben.
AP/Uma Sanghvi

New York / Washington – Im Missbrauchsskandal um den ehemaligen US-Multimillionär Jeffrey Epstein hat ein New Yorker Gericht die Klarnamen von mutmaßlich rund 170 zuvor meist anonym behandelten Personen veröffentlicht. Sie wurden in einem Zivilstreit zwischen der geschädigten US-Amerikanerin Virginia Giuffre und Epsteins langjähriger Partnerin Ghislaine Maxwell genannt.

Bislang wurden die Personen als "John Doe" in Kombination mit einer Zahl bezeichnet. Die zuständige Richterin Loretta A. Preska hatte die Geheimhaltung der wahren Identitäten vor etwa zwei Wochen mit dem Argument aufgehoben, dass diese bereits in anderen Prozessen oder in Medienberichten enthüllt worden seien. Dieser Schritt erfolgte nun am Mittwoch.

Besseres Verständnis

Sigrid McCawley, eine Anwältin von Virginia Giuffre, erklärte, die Aufhebung der Geheimhaltung dieser Akten würde der Öffentlichkeit helfen zu verstehen, was Epstein alles gemacht habe und wieso er so lange damit davongekommen sei.

In den über 900 Seiten Gerichtsunterlagen finden sich unter anderem die zuvor in diesem Kontext bereits bekannten Namen des früheren US-Präsidenten Bill Clinton und des britischen Prinzen Andrew, die einst als Vertraute von Epstein galten. Epstein ist seit knapp viereinhalb Jahren tot.

Bill Clinton und Prinz Andrew

Eine Nennung bedeutet nicht, dass die Person aktiver Teil des Missbrauchsnetzwerks um Epstein war, sondern zunächst nur, dass der Name in dem Zivilprozess fiel. Manche Personen auf der Liste sind beispielsweise auch Verwandte von Missbrauchsopfern Epsteins. Clinton, bisher im Prozess als "John Doe 36" bezeichnet, hatte Medien zufolge gegen die Nennung seines Namens keinen Einspruch erhoben.

Die nun veröffentlichten Unterlagen enthalten Clintons Namen Dutzende Mal, unter anderem in Zeugenaussagen, die ihn in die Nähe der Taten Epsteins rücken. Ein anderes mutmaßliches Opfer, Johanna Sjoberg, etwa erinnerte sich laut Prozessakten an eine Bemerkung Epsteins, dass der Ex-US-Präsident "eher junge Mädchen bevorzuge". Bereits 2019 ist eine Sprecherin Clintons auf die Vorwürfe eingegangen. Der ehemalige Präsident wusste nichts über die "grauenhaften Verbrechen" Jeffrey Eppsteins, hieß es.

Auch ein anderer ehemaliger Bewohner des Weißen Hauses taucht in den Akten auf, allerdings nicht im Zusammenhang mit Epsteins Missbrauchsnetzwerk. Eine Zeugin gab lediglich an, niemals sexuellen Kontakt mit Donald Trump gehabt zu haben.

Prinz Andrew mehrmals genannt

Nicht überraschend taucht der britische Prinz Andrew mehrmals in den Akten auf. Der Adelsspross konnte 2022 einen Zivilprozess im Zusammenhang mit Epsteins Missbrauchsring abwenden. Er gab öffentlich trotz der Vorwürfe der US-Klägerin Giuffre gegen ihn nie zu, Sex mit der damals Minderjährigen gehabt zu haben.

Den Prozessakten zufolge gab Giuffre an, dass Maxwell sie diversen Männern für sexuelle Übergriffe überlassen habe, darunter eben Andrew. Den Dokumenten zufolge sagte Giuffre auch: "Ich weiß genau, dass es noch mehr waren. Ich kann mich an ihre Namen aber nicht mehr erinnern."

Festnahme 2019

Epstein war im Juli 2019 festgenommen worden. Der bis in die höchsten Kreise vernetzte Geschäftsmann soll zahlreiche auch minderjährige Mädchen sexuell missbraucht und sie anderen Männern zugeführt haben. Rund einen Monat nach der Festnahme wurde Epstein im Alter von 66 Jahren tot in seiner Zelle gefunden. Offiziellen Angaben zufolge nahm er sich das Leben.

Jahrzehntelang soll der Missbrauch zahlreicher Minderjähriger auf Epsteins Anwesen in New York, Florida, Santa Fe und auf den Virgin Islands stattgefunden haben. Eine frühere Anklage gegen Epstein mündete in einen für den Unternehmer sehr vorteilhaften Deal, der ihn zum Symbol einer gesellschaftlichen Elite machte, die selbst mit Verbrechen durchkommt.

Der Fall hatte auch deshalb weltweit für Aufsehen gesorgt, weil der Unternehmer bis in die höchsten Kreise vernetzt war. Seine Beziehungen zu Prominenten und sein Tod führten zu zahlreichen Gerüchten und Verschwörungstheorien.

Michael Jackson und David Copperfield

Auch die Veröffentlichung der nun freigegebenen Dokumente hatte für viele Spekulationen über Prominente gesorgt. Genannt werden unter anderem der "King of Pop" Michael Jackson oder Zauberer David Copperfield, die an Partys in Epsteins Anwesen teilnahmen. Letzterer führte laut Sjoberg "ein paar Zaubertricks" auf.

In den Akten taucht auch der 2018 verstorbene Astrophysiker Stephen Hawking auf. In einer Mail hatte Epstein seine Partnerin Maxwell aufgefordert, Gerüchte über eine Orgie des Wissenschafters mit minderjährigen Mädchen aus der Welt zu schaffen.

Nicht veröffentlicht wurde Beweisstück 52, Epsteins Adressbuch. Die Richterin hatte gefordert, die "nutzlose Nennungen von Namen" zu vermeiden, weshalb sich Anklage und Verteidigung in diesem Fall auf eine weitere Geheimhaltung geeinigt haben. (APA, red, 4.1.2024)