Buchstaben und Zahlen leuchten auf einem Bildschirm, auf dem ein Hacker-Programm geöffnet ist.
Störung der Produktion, Verlust von Kundendaten - Angriffe, die unter Cybercrime zusammengefasst werden, fürchten Unternehmer am meisten. Doch auch die Angst vor dem Fachkräftemangel nimmt zu. Weniger am Radar haben die Firmen-Chefs noch das Klimarisiko.
APA/dpa/Sina Schuldt

Die vergangenen Jahre waren für Unternehmen wahrlich nicht einfach. Die Pandemie hat die Weltwirtschaft und die Lieferketten gehörig durcheinander gewirbelt, die Inflation Preise für Materialien in die Höhe getrieben. Die Welt ist zweifelsohne komplexer geworden. Doch welche Sorgen stehen bei Unternehmern gerade ganz weit oben? Das haben die Experten von Aon erfragt. Alle zwei Jahre führt das internationale Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen die Umfrage zum globalen Risikomanagement durch. Für den "Global Risk Management Survey 2023" wurden 3.000 Entscheidungsträger aus 61 Ländern und Regionen in insgesamt elf Sprachen befragt. In Europa nahmen rund 1000 Teilnehmer an der Umfrage teil.

Cyberrisiko bleibt on top

Die Angst vor einem Cyberangriff führt das Risiko-Ranking an – sowohl in Europa als auch international. Die Umfrage zeigt, dass Unternehmen in Bezug auf Cyberrisiken den höchsten Grad an "Risk Readiness" aufweisen: Das heißt, Entscheidungsträger sind bereits stark auf das Thema sensibilisiert und vorbereitet. Dementsprechend gehen diese Risiken mit einem der niedrigsten ausgewiesenen Einkommensverluste einher und weisen zugleich die prozentual höchsten Anteile an Maßnahmen zur Risikominderung im Vergleich zu den zehn größten globalen Risiken auf.

In Europa wird der Bereich Rohstoffpreise bzw. Materialknappheit als zweitgrößtes Risiko wahrgenommen. Das zeigt wohl auch, wie abhängig Europa von anderen globalen Playern geworden ist. Denn im internationalen Ranking liegen diesbezügliche Bedenken erst auf Platz sieben.

Unterbrechung des Betriebs

Betriebsunterbrechungen stehen international auf Platz zwei – das war bereits im Risikoreport 2021 der Fall. In Europa ist das die drittgrößte Sorge. Laut Aon widerspiegelt diese Tatsache, dass Betriebsunterbrechungsereignisse zunehmen und mehrere Branchen und Unternehmen gleichzeitig betreffen können.

Neu unter den top ten Risiken ist die Angst vor dem Versagen bei der Gewinnung von Spitzenkräften. Im aktuellen Ranking liegt dieses Risiko international auf Platz vier, in Europa auf Platz fünf. Gleichzeitig stufen die in Europa befragten Unternehmen auch das Thema Mangel an Arbeitskräften als ein treibendes Risikothema mit einer Nominierung auf Platz zehn im Ranking ein. Auffallend ist laut Aon, dass weltweit nur elf Prozent der Umfrageteilnehmer angaben, ihre Personalrisiken quantifiziert zu haben, was eine erhebliche Lücke zwischen Risikobewusstsein und Risikovorbereitung verdeutlicht.

Das Risiko in den Lieferketten und Vertriebsausfälle haben international mit Platz sechs (Europa: Platz sieben) den höchsten Rang seit 14 Jahren im Ranking erklommen. Der Risk-Report offenbart hier aber eine Lücke zwischen Wahrnehmen von Risiko und Vorbereitung darauf. Denn weniger als 40 Prozent der Unternehmen haben laut dem Report eine Bewertung der Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferanten durchgeführt und weniger als 20 Prozent haben ihre Lieferantenbasis diversifiziert, um das Risiko von Lieferketten- oder Vertriebsausfällen zu mindern.

Tiefgreifende Veränderungen

"Die Welt ist unbeständiger geworden. Dies spiegelt sich in einer Reihe von tiefgreifenden Veränderungen in den Bereichen Handel, Technologie, Klima und Humankapital wider, die den Unternehmensleitern die zunehmende Verflechtung von unterschiedlichen Risiken vor Augen geführt haben", fasst Greg Case, CEO von Aon, den Report zusammen.

Überraschenderweise fehlen die Risiken Klima (Platz 17) und künstliche Intelligenz (Platz 49) in der globalen Top-Ten-Rangliste. Laut Aon lässt das auf ein mangelndes Bewusstsein für die potenziellen Auswirkungen dieser Themen auf das Risiko von Unternehmen schließen lässt. Zu den unmittelbareren klimabedingten Risiken gehören Sachschäden, Auswirkungen von Unwettern und Naturkatastrophen sowie die Folgen klimabezogener regulatorischer Änderungen und Compliance-Verpflichtungen für Unternehmen.

Großer Aufholbedarf

"Es ist beunruhigend zu sehen, dass Klimarisiken in der Einschätzung von Führungskräften nicht oder nur knapp zu den Top-Herausforderungen gezählt werden – Risiken, die dringend angegangen werden müssen, aber fast unbeachtet bleiben", sagt Marcel Armon, CEO von Aon Österreich. "Das Klima ist kein neu entstandenes, sondern ein dringliches Risiko, das für Unternehmen aller Größenordnungen immer größere Auswirkungen hat." (Bettina Pfluger, 26.12.2023)