Google, Suchmaschinen, Fake news
Bei der Suche nach der Wahrheit sind Suchmaschinen – ohne entsprechende Medienkompetenz bedient – nicht selten kontraproduktiv.
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Das waren noch Zeiten, als sich Kapazunder wie Karl Kraus bemüßigt fühlten, Falschmeldungen in seriöse Zeitungen wie die "Neue Freie Presse" zu schwindeln, um sich über deren mangelnde Qualitätsstandards zu mokieren. Heute gibt es hierzulande ganze Kanäle wie Auf 1, Report 24 oder TKP, die sich darauf spezialisiert haben, mehr oder weniger gut getarnte Falschinformation zur Klimakrise, der Corona-Pandemie oder anderen in der Öffentlichkeit aktuellen Themen unter das Volk zu bringen.

Wie gut aber sind wir dagegen gewappnet, solchen Fake News – wo und wie auch immer wir damit konfrontiert sind – auf den Leim zu gehen? Können wir dank der Hilfe von Onlinesuchmaschinen möglichen Unsinn nicht sehr schnell als solchen enttarnen? Dagegen spricht Brandolinis Gesetz, eine auf den italienischen Informatiker Alberto Brandolini zurückgehende Weisheit aus dem Jahr 2013, die sich gerade auch in der Pandemie bestätigt hat: "Das Widerlegen von Schwachsinn erfordert eine Größenordnung mehr Energie als dessen Produktion."

Unwahrheitssucher

Ein US-Forscherteam um Kevin Aslett (University of Central Florida in Orlando) hat nun untersucht, wie die Hinzunahme von Onlinesuchmaschinen die Bewertung von wahren und falschen Meldungen beeinflusst. Die Wissenschafter untersuchten hierfür rund 3.000 Personen, denen wahre und falsche Nachrichten und Meldungen von "Mainstream-Medien" und "Low-Quality-Medien" gezeigt wurden. Sie sollten bewerten, ob sie diese für wahr oder falsch hielten.

Eine Hälfte der Teilnehmenden durfte für die Bewertung eine Onlinesuchmaschine nutzen, die andere Hälfte sollte ohne Google und Co eine Bewertung abgeben. Das Ergebnis, das am Mittwoch im Fachblatt "Nature" publiziert wurde, war überraschend: Bei jenen Personen, die eine Suchmaschine verwendeten, war die Wahrscheinlichkeit 19 Prozent höher, eine falsche Meldung als wahr zu bewerten, als bei der Gruppe, die nicht online recherchieren durfte. Folgeuntersuchungen stützten das Ergebnis: Auch wenn die Recherche nach einer ersten Meinungsbildung erfolgte, die Meldungen schon älter waren oder das breit berichtete Thema Corona-Pandemie betrafen, führte die Hinzunahme der Suchmaschine zu mehr Zustimmung bei falschen Meldungen.

Suchmaschinenschaden

Nach diesen Fragebogenstudien haben die Forscher in einer dritten Untersuchung die genaue Onlinesuche durch digitale Spurendaten mitverfolgt, um Rückschlüsse auf die verwendeten Quellen ziehen zu können. Dabei fanden sie heraus, dass die falsche Beurteilung vor allem auf die Qualität der Onlinerecherche zurückzuführen sei, die gerade bei der Prüfung von falschen Meldungen schlechter sei.

Bemerkenswert war dabei, dass 77 Prozent der Suchanfragen, die konkret nur die Schlagzeilen oder URLs der fehlerhaften oder irreführenden Artikel einsetzten, in den Top-Ten-Suchergebnissen mindestens zu einem unzuverlässigen Link führten. Im Kontrast dazu resultierten Suchanfragen, die nicht direkt diese spezifischen Schlagzeilen oder URLs kopierten, lediglich in 21 Prozent der Fälle in unzuverlässigen Links unter den Top-Ten-Ergebnissen.

Die Forscher ziehen aus ihren Erkenntnissen vor allem zwei Schlussfolgerungen: Einerseits müssten die digitalen Kompetenzen der Allgemeinheit weiter gefördert werden, am besten bereits von Kindesbeinen an. Andererseits betonen sie auch die Verantwortung der Suchmaschinenanbieter, durch ihre Algorithmen verlässliche und hochqualitative Informationsquellen prominent zu listen. (tasch, 20.12.2023)