Sein Wahlerfolg ist auch ein schwerer Schlag für Europas Klimapolitik: Geert Wilders.
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Der Wahlerfolg des niederländischen Rechts-außen Geert Wilders ist nicht nur eine katastrophale Nachricht für Migranten, Musliminnen und alle Niederländer, die die liberale Tradition ihrer Heimat hochhalten. Es ist auch ein schwerer Schlag für die europäische Klimapolitik – und damit für die gesamte Weltbevölkerung.

Wenn Wilders in der nächsten Regierung einen bestimmenden Einfluss erhält, wird das Land zwar nicht aus der Europäischen Union austreten. Sein "Nexit"-Gerede ist nicht mehrheitsfähig. Aber die Niederländer dürften zu Klimabremsern werden, und das dürfte, wie Umfragen und Wahlen zeigen, in weiten Teilen der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen. Das käme dann in einer Phase, in der sich womöglich entscheiden wird, ob die Industriestaaten den Sprung in eine CO2-neutrale Wirtschaft und Gesellschaft schaffen oder ob sie durch Zögern und Blockieren die Klimakatastrophe näherbringen.

Klimaskeptische Rechtspopulisten

Das Problem ist nicht auf die Niederlande beschränkt. Überall im Westen legen klimaskeptische Rechtspopulisten zu. In Italien sind sie bereits an der Macht, in den USA könnte Donald Trump zurückkehren, in Österreich will Herbert Kickl Wilders Wahlerfolg nächstes Jahr noch übertreffen, in Frankreich droht eine Präsidentin Marine Le Pen.

Abgesehen von einer diffusen Proteststimmung gegen das politische Establishment, das auch von den sozialen Medien genährt wird, sind es zwei Themen, die die Wählerschaft zu den Rechtspopulisten treiben: Migration und Klimaschutz. Beides empfinden viele als Bedrohung ihres Umfelds und ihres Lebensstils, beides löst Unbehagen und zunehmend auch Zorn aus.

Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen den beiden Themen: Eine allzu restriktive Migrationspolitik wirft völker- und menschenrechtliche Probleme auf und richtet längerfristig wirtschaftlichen Schaden an. Aber sie ist nicht existenzbedrohend.

Beim Klimaschutz geht es um die Zukunft der Menschheit, die sich in den kommenden zehn Jahren entscheiden wird – also in der Regierungszeit jener Leute, die derzeit im Aufwind sind. Wird diese Entwicklung nicht gestoppt, sind die Folgen katastrophal.

Illegale Migration

Um dies zu verhindern, müssen die Verteidiger der liberalen Demokratie den Demagogen entschlossen entgegentreten – und müssen gleichzeitig die Sorgen der Menschen auf glaubwürdige Weise ernst nehmen. Illegale Migration ist die Folge menschlicher Bedürfnisse und persönlichen Leids und deshalb nicht per se verwerflich. Aber sie sorgt in den Zielstaaten für gesellschaftliche Verwerfungen und wirkt als wahlpolitisches Gift. Wenn die Verfechter eines starken Klimaschutzes als allzu tolerant gegenüber Asylwerbern gelten, verlieren sie in der Mitte der Gesellschaft an Rückhalt.

Es klingt hart, sogar zynisch: Aber um das Klima zu retten, müssen die US-Demokraten und Europas Mainstream-Parteien die illegale Migration besser stoppen als bisher – auch mit umstrittenen Schritten. Nur im Wahlkampf darüber zu reden, wie es in den Niederlanden Mark Ruttes Nachfolgerin tat, bringt wenig. Ein Beispiel dafür sind die dänischen Sozialdemokraten, die einen rechten, manchmal brutalen Migrationskurs mit einer vorbildhaften Klimapolitik verbinden. Aus moralischer Sicht tut das weh. Aber die Alternative ist, dass Wilders und Co die Welt an den Abgrund führen. (Eric Frey, 24.11.2023)