Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann in einer Pressekonferenz.
Gelddrucken ist auf Dauer keine Lösung, sagt der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, Robert Holzmann.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Robert Holzmann, Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), macht sich für eine vorzeitige Beendigung der in der Corona-Krise aufgelegten EZB-Anleihenkäufe im Notfall-Programm Pepp stark. In der Dezember-Zinssitzung solle darüber gesprochen werden, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) in einem Interview der Zeitung Die Presse.

"Mein Vorschlag wäre, dass man ab dem kommenden März schrittweise die Nachkäufe reduziert", sagte der Nationalbank-Gouverneur. Die durchschnittliche Restdauer der Anleihen liege derzeit bei 7,5 Jahren. "Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass wir hier auch mehr tun", sagte Holzmann. Die nächste EZB-Zinssitzung ist am 14. Dezember.

Bond-Käufe im großen Stil

Mit dem billionenschweren Kaufprogramm Pepp wollten die Währungshüter die Finanzierungsbedingungen für Staaten, Unternehmen und Haushalte nach der Finanzkrise günstig halten. Während der Corona-Pandemie wurde es ausgeweitet. Doch diese ist inzwischen abgeklungen. Auslaufende Anleihen aus dem Programm werden jedoch noch immer vollumfänglich ersetzt. Bislang sollen diese Reinvestitionen zumindest bis Ende 2024 fortgesetzt werden.

Für ein vorzeitiges Ende der Käufe plädieren inzwischen mehrere Währungshüter der Eurozone. Zugleich warnte Holzmann vor tiefroten Zahlen der OeNB im Zuge der Zinswende. "Und das führt dazu, dass wir heuer die größten geldpolitischen Verluste haben werden, die es in der Geschichte der OeNB je gab", sagte er. Laut dem für Veranlagung zuständigen OeNB-Direktor Thomas Steiner steht die genaue Summe zwar noch nicht fest, es würden aber wohl über zwei Milliarden Euro sein. DER STANDARD berichtete bereits am 21. 11. 2022.

Die beiden stimmten die Öffentlichkeit gleich auf weitere rote Zahlen ein: Im kommenden Jahr werden es voraussichtlich 3,5 Milliarden Euro werden. Gewinnausschüttungen an den Finanzminister gab es in den vergangenen Jahren nicht mehr und es werde sie laut Holzmann wohl über Jahre hinweg nicht geben. In den vergangenen 15 Jahren sei versucht worden, jede Krise im Wege des Gelddruckens zu lösen, sagte Holzmann.

Gelddrucken gegen Krisen

Auch die Deutsche Bundesbank erwartet mehrere Verlustjahre. Der Gewinn werde vielleicht 2028, 2029 zurückkommen, hatte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel im September in Aussicht gestellt.

Die Verluste kommen nicht von ungefähr: Die EZB hatte zur Ankurbelung der Konjunktur und zur Abmilderung der Folgen zunächst der Finanz- und Wirtschaftskrise und in der Folge der Corona-Pandemie seit 2015 massive Staatsanleihen- und Unternehmensanleihen-Kaufprogramme aufgelegt. Die billionenschweren Bestände an Bonds werfen derzeit aber nur geringe Zinsen ab. Auf der anderen Seite müssen die Euro-Wächter im Zuge der Zinswende den Geschäftsbanken nun wieder kräftig Zinsen zahlen für deren Einlagen bei der Notenbank. Der Einlagensatz liegt inzwischen bei 4,00 Prozent.

Billiges Geld

Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) hingegen wurde im Gefolge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009, die sich rasch zur Euro-Schuldenkrise auswuchs, Schritt für Schritt auf null Prozent gesenkt. Darüber hinaus kauften die Euro-Mitgliedsländer über die Notenbanken Staatsanleihen. Dadurch stieg die Geldmenge im Euroraum von 800 Milliarden Euro auf zeitweise neun Billionen Euro.

Was eigentlich als Hilfe für wankende Euro-Staaten wie Griechenland, Portugal und Irland gedacht war, wurde bald zur Dauerlösung.

Die niedrigen Zinsen hatten freilich auch positive Effekte, die nicht unterschätzt werden sollten. Auch Österreich profitierte in hohem Maße. Die Republik ersparte sich seit 2012 rund 43 Milliarden Euro an Zinszahlungen.

Mit der Geldflut stieg jedoch auch die Inflation, die die EZB mit Zinserhöhungen in den Griff zu bekommen suchte. Für alle Notenbanken ergibt sich daraus folgendes Problem: Für die Staatsanleihen erhalten sie kaum Zinsen, die Geschäftsbanken hingegen deponieren ihr überschüssiges Geld bei der Notenbank, die dafür 4,0 Prozent Zinsen zahlen muss. "Das führt dazu, dass wir heuer die größten geldpolitischen Verluste haben werden, die es in der Geschichte der OeNB je gegeben hat", sagte Holzmann. Damit dürfte die OeNB nächstes Jahr sogar ein negatives Eigenkapital aufweisen, gab Gouverneur Holzmann an.

Rechnungshof prüft

Der Nationalbank bescherten ihre Eigenveranlagungen übrigens hohen Besuch: Der Rechnungshof wurde nach einem Antrag auf Gebarungsprüfung aktiv, den die SPÖ einbrachte. Geprüft werden die Jahre 2020 bis 2022 und die neue Veranlagungsstrategie. Um die Verluste abzudecken, wurden Risikorückstellungen von rund zwei Milliarden Euro aufgelöst, um 2022 mit einer schwarzen Null auszusteigen.

Die Nationalbank hat ihre Veranlagungsstrategie daraufhin geändert, sie steckt nun 12,5 Prozent ihrer veranlagten Mittel in Aktien. Das seit Mai 2019 für Veranlagungen zuständige Direktoriumsmitglied Thomas Steiner war von 2009 bis 2013 in den Kabinetten von Innen- und Finanzministerium (beide ÖVP-geführt), ehe er 2013 in den Vorstand der für die Schuldengestion der Republik zuständigen Bundesfinanzierungsagentur bestellt wurde. (Reuters; APA; red, 24.11.2023)