Thomas Gottschalk
Das Blondhaar ist etwas lichter geworden, die schrillen Anzüge und das lose Mundwerk blieben: Thomas Gottschalk hört jetzt auf.
Foto: ZDF, Sascha Baumann

Die eine Frage, die sich vor ­jeder Show stellte, wird am Samstag um 20.15 Uhr schnell beantwortet sein: Was hat der ­73-Jährige an? Vor einem Jahr, bei der großen Revivalshow in Friedrichshafen am Bodensee, war es ein weinroter Anzug im Leopardenlook von Dolce & Gabbana.

Darauf war in all den Jahren immer Verlass: Thomas Gottschalk inszenierte sich als Hingucker. Das tat er schon am 26. September 1987, als er zum ersten Mal durch die Sendung führte. Er erschien in flammendem Rot und zeigte sich gutgelaunt, frisch und frech.

"Ein Yuppie, wie er im Buche steht", urteilte die altehrwürdige Frankfurter Allgemeine Zeitung, meinte aber auch, Gottschalk "versteht es mit professioneller Spontaneität, sich in Form von Kalauern und raschen Wortwitzen behaglich mitzuteilen".

Lagerfeuer mit Baggern, Hunden, Eiern

Ja, behaglich war es damals noch. Es gab kein Internet, kein iPhone, Fernsehen – erst recht am Samstagabend – hatte noch eine integrative Kraft. Die Familie saß am Lagerfeuer, und dort bekam sie auch allerhand zu sehen: Wetten mit Baggern, Hunden oder Eiern, bei vielen derer man über Geschick und Präzision nur staunen konnte.

Es war allerdings nicht Gottschalk, der für die höchste Einschaltquote sorgte. Diese hatte noch sein Vorgänger, Wetten,_dass..?­-Erfinder Frank Elstner, erreicht. Am 9. Februar schauten 23,42 Millionen Menschen zu.

In die Ära Gottschalk, die von Wolfgang Lippert (1992 bis 1993) und Markus Lanz (2012 bis 2014) unterbrochen wurde, fiel hingegen der größte Skandal. 1988 veräppelte Bernd Fritz, der damalige Chefredakteur des Satiremagazins Titanic, Gottschalk, indem er behauptete, die Farbe von Buntstiften am Geschmack zu erkennen. In Wirklichkeit lugte er unter dem manipulierten Augenschutz hervor.

Fremdscham

Diese Wette blieb inmitten all der Bagger, Bierdeckel und Bulldozer (siehe Wissen unten) hängen. An andere ­erinnert man sich weniger gern. 2009 etwa behauptete ein Medizinstudent, mit Essstäbchen innerhalb von drei Minuten 25 Models den BH öffnen zu können. "Er macht das aus rein sportlichen Gründen", feixte Gottschalk. Es war noch lange vor MeToo, aber zum Fremdschämen.

Gottschalks Witz und Schlagfertigkeit haben lange begeistert, sein "Altherrenhumor" passte hingegen immer weniger. Viele meinten, 2014 hätte eigentlich mit dem Abgang von Markus Lanz Schluss bei Wetten, dass..? sein sollen.

Doch im Jahr 2021 tauchte Gottschalk wieder auf und machte zwei weitere Sendungen. Eine Kostprobe seines Humors gab er noch einmal, als er erklärte, warum er nun die allerletzte Show am Samstag nicht mit seiner langjährigen Co-Moderatorin Michelle Hunziker moderieren will: "Ich brauche keine junge, blonde Frau an meiner Seite, die mir zeigt, wo’s langgeht. Ich habe die erste Show allein gemacht, und ich werde die letzte Show allein machen."

"Shitstorm-Warnungen"

Seinen Entschluss aufzuhören begründet er so: "Die großen Zeiten der Samstagabendunterhaltung, über die am Montag überall gesprochen wird, sind vorbei." Bevor man ihm Gags aufschreibe und über einen Stecker im Ohr "ständig 'Shitstorm-Warnungen' durchgibt", mache er sich "lieber vom Hof". Die meisten hätten "mittlerweile am Samstagabend eh was anderes vor".

Zum finalen Farewell wird Gottschalk noch einmal die Sängerinnen Cher und Helene Fischer auf der Couch begrüßen. Wie es danach mit der Sendung weitergeht, ist unklar. Der beteiligte ORF budgetiert für 2024 jedenfalls mit noch unbenannter Moderation.

Gottschalk äußerte in seinem Podcast folgende Vermutung: Wetten, dass..? gehe mit ihm "in die ­Grube". Aber dann werde es das ZDF wieder ausgraben, "weil ihnen eh nichts Besseres einfällt". (Birgit Baumann, 25.11.2023)