Für die Finanzministerin der USA, Janet Yellen, war der vergangene Dienstag ein freudiger Tag. Sie verbucht ihn als Schlag gegen die Kryptobranche. "Es ist die höchste Strafe, die das Finanzministerium je verhängt hat", sagte sie mit breiter Brust.

Es geht um die größte Kryptobörse der Welt: Binance. Am Dienstag endete in den USA ein langjähriges Strafverfahren gegen das Unternehmen in einem Vergleich, der Binance 4,3 Milliarden Dollar kostet.

Changpeng Zhao sitzt auf einer Bühne und spricht mit einer Moderatorin.
Der Binance-Gründer Zhao löste einen Bankrun auf den größten Konkurrenten FTX aus. Lange profitierte er nicht davon.
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Binance sowie der Firmengründer Changpeng Zhao haben sich schuldig bekannt, gegen Geldwäschegesetze und Sanktionen verstoßen zu haben. Darüber hinaus muss Changpeng Zhao, besser bekannt unter der Abkürzung CZ, das Unternehmen verlassen und darf dort die kommenden drei Jahre auch nicht aktiv sein.

Binance muss US-Markt verlassen

Im Detail sieht die Strafe so aus: Binance zahlt 1,8 Milliarden Dollar, dazu kommen 2,5 Milliarden Dollar als Teil eines Deals mit dem Justizministerium. Außerdem muss Binance den US-Markt verlassen, wann genau, steht aber noch nicht fest. Zhao selbst muss 50 Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen zahlen, darf dafür aber die Mehrheit der Firmenanteile behalten. Die 50 Millionen sind für den 46-Jährigen aber wohl nicht mehr als ein größer ausgefallener Strafzettel, sein Vermögen wird auf mehr als 23 Milliarden Dollar geschätzt.

All das kam nicht ganz unerwartet. Verschiedene US-Behörden hatten bereits kurz nach der Gründung von Binance im Jahr 2017 Ermittlungen eingeleitet, und die Vorwürfe hatten es in sich: Neben Geldwäsche sowie der Missachtung von Sanktionen gegen den Iran und Russland soll es Binance ermöglicht haben, dass Terrororganisationen wie die Hamas, der IS und Al-Kaida über die Plattform Zahlungen erhalten. Auch von Transaktionen in Zusammenhang mit Drogenhandel und Kinderpornografie ist die Rede.

Finanzministerin Yellen wie auch Chef der US-Börsenaufsicht SEC sind bekennende Gegner der Kryptobranche und verbuchen die Strafe als riesigen Erfolg. Nichtsdestotrotz wurde im Zuge des Vergleichs auch eine Klage der Derivate-Aufsicht CFTC ad acta gelegt, eine von der US-Börsenaufsicht SEC steht allerdings noch aus.

Hätte schlimmer kommen können

Doch nüchtern betrachtet hätte es für Binance und CZ viel schlimmer kommen können. Die Strafe kann sich das Unternehmen wohl ohne größere Probleme leisten, auch wenn zu Umsatz- und Gewinnzahlen nichts Genaues bekannt ist. Ein Zusammenbruch wäre wohl in einem milliardenschweren Bankrun resultiert, was der Branche extrem zugesetzt hätte. Damit ist innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit die nächste der weltgrößten Kryptobörsen in einen Skandal verwickelt.

Zur Erinnerung: Vor einem Jahr war die Kryptobörse FTX rund um Sam Bankman-Fried kollabiert. Zhao selbst hatte einen nicht unwesentlichen Anteil daran, denn er war es, der im vergangenen Herbst den Bankrun auf FTX mit ins Rollen gebracht hatte. Kurz darauf war der große Binance-Konkurrent FTX zusammengebrochen, und vor wenigen Wochen wurde FTX-Gründer Bankman-Fried in einem aufsehenerregenden Prozess in New York von Geschworenen wegen Betrugs schuldig gesprochen. US-Ermittler konnten sie überzeugen, dass Bankman-Fried Kundengeld heimlich für Geschäfte seines eigenen Hedgefonds abzweigte. Ihm drohen mehr als 100 Jahre Haft. Doch die Auswirkungen waren andere. Nach dem FTX-Kollaps rasselten die Kurse der meisten Coins über Nacht um mehr als 20 Prozent in den Keller. Wegen Binance ist nicht viel passiert, der Bitcoin-Kurs etwa bewegt sich weiterhin zwischen 36.000 und 37.000 Dollar.

Große Probleme trotz FTX-Kollaps

Zhao war damals also kurzzeitig der große Gewinner. Doch die Sorgen wegen der rechtlichen Konsequenzen in den USA haben die Binance-Kunden zuletzt zurückhaltend werden lassen. Gerade in den USA ist das Geschäft massiv eingebrochen. Während der vergangenen Monate haben immer wieder Führungskräfte das Unternehmen verlassen, und die Börse hat heuer mehr als 1.000 Mitarbeiter entlassen, da das Unternehmen Schwierigkeiten hatte, sich mit den US-Ermittlungen auseinanderzusetzen.

Immer wieder kommt es zu Skandalen in der Kryptobranche. Dass dort viel Schindluder getrieben wird, streiten auch die größten Kryptoverfechter nicht ab. Vieles ist möglich, weil es nach wie vor an Regulierungen mangelt. Das wollen zwar viele ändern, doch es mangelt in Washington an Mehrheiten, deswegen ist mit einer umfassenden Regulierung zeitnah nicht zu rechnen.

Das kann mittelfristig zum Wettbewerbsnachteil für US-Unternehmen und zum Vorteil für jene aus Europa werden. Skandale schwächen das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten. Dementsprechend könnte es sie in Märkte ziehen, auf die mehr Verlass ist.

Regulierung in Europa

Da prescht Europa vor. Im Frühherbst gab es grünes Licht für die sogenannte DAC-8-Richtlinie, um verstärkt gegen Steuerhinterziehung et cetera vorgehen zu können. Kryptoplattformen müssen den nationalen Steuerbehörden verstärkt Informationen zu Transaktionen liefern, diese sollen dann EU-weit automatisch zwischen den Behörden ausgetauscht werden. Die Richtlinie baut auf der jüngst verabschiedeten EU-Verordnung Markets in Crypto Assets (MiCA) auf, die den Handel mit Kryptowährung reguliert. Zudem sollen die Mitgliedsstaaten stärker Informationen zu Steuervorbescheiden für Superreiche austauschen. Auch diese Richtlinie will Steuerhinterziehung verhindern. Expertinnen und Experten sind sich sicher, dass die USA nachziehen müssen und das auch werden.

Momentan sind vor allem Behörden und Justiz damit beschäftigt, diverse Brandherde zu löschen. Behörden, allen voran die SEC, haben in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Kryptobörsen und -firmen verklagt, darunter Coinbase und Gemini. Erst am Dienstag reichte die SEC eine Klage gegen Kraken ein. Somit stehen die drei größten Kryptobörsen der Welt – Binance, Coinbase, Kraken – allesamt im Konflikt mit der Börsenaufsicht. (Andreas Danzer, 22.11.2023)