Die modernen Vögel entspringen einem Seitenast des Dinosaurierstammbaumes, daran hegen die meisten Paläontologen keinen Zweifel. Ihre nächsten lebenden Verwandten sind die Krokodile, und ihre unmittelbaren Vorfahren waren wahrscheinlich baumbewohnende kleine Raubdinosaurier aus der Gruppe der Maniraptora. Wann die ersten Wesen auf den Plan traten, die bereits als Vögel gelten können, ist umstritten.

Die ältesten bekannten Fossilien, die diese Bezeichnung verdienen würden, stammen aus rund 150 Millionen Jahre alten Ablagerungen des Oberjura. Bekannt sind etwa Exemplare aus der chinesischen Tiaojishan-Formation, die sogar auf bis zu 160 Millionen Jahre datiert werden.

Abdrücke, die ein früher Vogel vor rund 120 Millionen Jahren im Schlamm hinterlassen hat.
Foto: Martin et al., Plos One

Kaum Fossilien

Bis Vertreter des neu entstandenen Zweigs am Baum des Lebens die Südhemisphäre unseres Planeten eroberten, dürfte eine Weile vergangen sein. Entsprechende alte Frühvogelfossilien von den südlichen Kontinenten, die einst Teil der Landmasse Gondwana waren, gibt es zumindest nur sehr wenige. Daher ist das Bild über die Verbreitung der ersten Vögel auch äußerst lückenhaft.

Nun aber haben Forschende buchstäblich Spuren entdeckt, die auf die Existenz von Vögeln in den südlichen Polargebieten bereits vor 120 Millionen Jahren hindeuten: Ein Team um Anthony Martin von der Emory University (USA) berichtet im Fachjournal "Plos One" vom Fund einer Reihe von Vogelfußabdrücken aus der frühkreidezeitlichen (129 bis 120 Millionen Jahre alten) Wonthaggi-Formation in Victoria, Australien.

Mehrere Arten

Die Paläontologinnen und Paläontologen beschrieben 27 einzelne Spuren mit Merkmalen, die man ausschließlich von Vögeln kennt. Sie sind zwischen sieben und 14 Zentimeter breit – ähnlich wie die Fährten heutiger Küstenvögel. Die unterschiedlichen Größen und Formen dieser Abdrücke weisen sogar auf die Anwesenheit verschiedener Vogelarten hin. Einige könnten zu den größten Arten zählen, die die Kreidezeit kannte.

Die Fährten haben sich in mehreren stratigrafischen Schichten eines alten polaren Überschwemmungsgebietes erhalten. Das könnte bedeuten, dass diese Vögel das damalige Gebiet saisonal besucht haben, vielleicht als Teil einer Zugroute, meinen die Forschenden.

Die große Zahl unterschiedlicher Spuren weist auf die Anwesenheit von mehreren Arten hin.
Foto: Martin et al., Plos One

Gab es mehr?

Abgesehen von einigen wenigen fossilen Knochen und Federn sind dies die ältesten bekannten Beweise für Vögel in Australien oder einem anderen Teil des alten Gondwana. Außerdem sind die Spuren auch die frühesten Belege dafür, dass Vögel auch die polnahen Regionen erobert haben. Ob es sich bei den Vogelspuren freilich um zufällige Ausnahmen oder ein Anzeichen für eine dichtere Vogelbevölkerung von Gondwana handelt, muss offen bleiben.

"Wir hoffen jedoch, dass unsere Entdeckung von Spurenfossilien andere Forscher dazu inspiriert, nach weiteren Vogelspuren aus der frühen Kreidezeit anderswo auf der südlichen Hemisphäre zu suchen", erklärte Martin. (tberg, 17.11.2023)