Schild mit der Aufschrift Kreißsaal in einem Krankenhaus
Nach erfolglosen Gesprächen haben Minnas Eltern und Minna im Februar 2020 Klage gegen den Geburtshelfer und seinen Haftpflichtversicherer eingebracht.
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Nun dürfte die Sache bald beendet sein. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit haben die Klägerinnen und Beklagten im Fall des seit seiner Geburt schwerstbehinderten Mädchens Minna am 25. Oktober am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen einen Vergleich geschlossen. Das bestätigen die beteiligten Parteien, nun muss nur noch das Pflegschaftsgericht seinen Segen zur Einigung geben. Geklagt hatten die von Anwältin Astrid Hartmann vertretene heute fünfjährige Minna und ihre Eltern – nun wird sie von der Donauversicherung, dem Haftpflichtversicherer des bei ihrer Geburt anwesenden Gynäkologen, einen Pauschalbetrag ausbezahlt bekommen.

Aus dem Geld sollen alle anfallenden Kosten für Minnas Pflege, medizinische Versorgung, für ihre Therapien, für Schmerzensgeld, Rentenzahlungen oder Umbau der Wohnung, in der sie mit ihrer Familie lebt und betreut wird, finanziert werden. "Über die Höhe der Vergleichssumme wurde im Einvernehmen mit der Familie Stillschweigen vereinbart", erklärte ein Sprecher der VIG-Tochter Donauversicherung auf Anfrage des STANDARD, sobald die gerichtliche Bestätigung vorliege, werde das Geld überwiesen.

Kernfrage Lebenserwartung

Minna war am 17. August 2018 in der Privatklinik Döbling in Wien zur Welt gekommen, wegen Komplikationen musste sie sofort nach ihrer Geburt wiederbelebt werden. Laut einem Gerichtsgutachter hat der beklagte Gynäkologe einen Kunstfehler begangen, es hätte einen Kaiserschnitt geben müssen. Ein Vorwurf, den der Mediziner immer zurückgewiesen hat. Er argumentierte vor Gericht, die Gebärende habe einen Kaiserschnitt kategorisch abgelehnt – sie und ihr im Kreißsaal anwesender Mann erklärten dagegen, der Arzt habe gar nie zu einem Kaiserschnitt geraten. Minna ist in der höchsten Pflegestufe (Stufe sieben) eingestuft und wird nie gesund werden, nie selbstständig leben können.

Worum vor Gericht am längsten und intensivsten gestritten wurde: Der Haftpflichtversicherer des Arztes, der für bis zu fünf Millionen Euro geradesteht und den Klägerinnen und Klägern eine Akontozahlung von 500.000 Euro geleistet hat, ging in seinen Berechnungen davon aus, dass Minna rund 81 Jahre alt werden und die Versicherungssumme für ihre Versorgung daher nicht ausreichen könnte. Also müsse dann der Arzt mitzahlen – was der verhindern wollte. Ein Gerichtsgutachter errechnete die Lebenserwartung Minnas dagegen mit 20 bis 25 Jahren.

Lange Durststrecke für die Kläger

Mitte August nahmen die Vergleichsgespräche dann Fahrt auf, nun ist der Streit beigelegt. Minnas Vater wies auf Anfrage darauf hin, "wie schwierig es war, bis zum Vergleich finanziell und physisch durchzuhalten". In Versicherungsfällen wie jenem Minnas brauche es andere Lösungen, um solche sollte sich die Politik kümmern. (Renate Graber, 14.11.2023)