Frau hebt Geld vom Bankomaten ab.
Die Bankensparte der Wirtschaftskammer betont, dass versuche, auf unterschiedliche Lebenssituationen einzugehen.
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Der Verein Vertretungsnetz ortet bei Bankgeschäften eine "klare Form der Diskriminierung" von Menschen mit Erwachsenenvertretung. Betroffene könnten mitunter kein Konto eröffnen, über das sie selbst verfügen dürfen, obwohl sie ein Recht darauf hätten.

Hintergrund ist die Reform des Erwachsenenschutzrechts im Jahr 2018. Personen, die ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen können, werden von Angehörigen oder von Erwachsenenvertretern rechtlich vertreten – etwa bei Mietverträgen, Versicherungen oder Bankgeschäften. Seit der Reform bedeutet das aber nicht mehr, dass die Betroffenen als völlig geschäftsunfähig gelten. Sie dürfen weiterhin alltägliche Verträge abschließen, etwa beim Lebensmitteleinkauf.

Fünf Jahre nach der Reform gibt es in der Praxis allerdings nach wie vor Hürden, kritisiert das Vertretungsnetz. So gebe es etwa bei Bankgeschäften immer wieder Probleme. Da Personen mit Erwachsenenvertretung grundsätzlich weiterhin geschäftsfähig bleiben, hätten sie zumindest ein Recht auf ein Alltagskonto ohne Überziehungsrahmen. In der Praxis sei das aber mitunter nicht der Fall.

Kritik an Bank 99

Besonders scharfe Kritik übt das Vertretungsnetz an der Bank 99. Personen mit Erwachsenenvertretung können bei dem Institut kein Konto neu eröffnen, über das sie selbst verfügen können. Auch bestehende Konten können nicht in Alltagskonten ohne Überziehungsrahmen umgewandelt werden.

Als Post-Unternehmen sei die Bank eine der wenigen mit einem dichten Filialnetz und in manchen Orten die einzige Bankfiliale. "Menschen mit Beeinträchtigung, die nicht mobil sind, werden so von den Bankgeschäften ganz ausgeschlossen", sagt das Vertretungsnetz.

Auf Anfrage bei der Bank 99 heißt es dazu, dass es aktuell "technisch leider nicht möglich" sei, dass "eine weitere Person abgesehen vom Erwachsenenvertreter auf das Konto zugreifen kann". Man arbeite an einer Lösung; eine Umsetzung sei im ersten Quartal 2024 geplant.

Onlinebanking "zu hochschwellig"

Auf Anfrage bei der Bankensparte der Wirtschaftskammer heißt es, dass es "der Kreditwirtschaft ein besonderes Anliegen ist, sowohl die vertretenen Personen als auch die Erwachsenenvertretung bestmöglich bei der Bewältigung unterschiedlichster Lebenssituationen zu unterstützen".

Soweit man den Markt überblicke, "ermöglichen Kreditinstitute in allen Bankensektoren die Errichtung eines Alltagskontos". Wenn es dazu direkte Beschwerden gebe, bemühe man sich um eine "Lösung unter Einbindung aller Betroffenen".

Das Vertretungsnetz weist darauf hin, dass es für Ältere und Menschen mit Beeinträchtigung generell schwieriger werde, Bankgeschäfte selbst zu erledigen. "Immer mehr Filialen schließen, und Onlinebanking ist für viele leider zu hochschwellig." (Jakob Pflügl, 9.11.2023)