Notarity Team
Das Team von Notarity wurde von der Österreichischen Notariatskammer geklagt.
(c) Alexander Schindler

Die Klage der Österreichischen Notariatskammer (ÖNK) gegen das Start-up Notarity sorgt für viel Aufsehen in der heimischen Gründerszene und hat zuletzt auch die Frage aufgeworfen, inwieweit Gebietsschutz und andere Regelungen zwar etablierte Branchen schützen, zugleich aber Innovation behindern. In der aktuellen Causa beklagt die ÖNK, dass Notarity als "Generalanbieter" für Dienstleistungen auftritt, die nur Notare erbringen dürfen. Bedenken äußert die Kammer gegenüber dem STANDARD etwa auch in puncto Preisfestsetzung und Geheimhaltung.

Dabei ist Notarity nicht das einzige Beispiel für Klagen dieser Art, wie Markus Raunig, Vorstandsvorsitzender bei Austrian Startups, sagt: Allerdings werden nicht alle Fälle öffentlich. Die aktuelle Finanzierungslage in der Szene führe dazu, dass in den Jungunternehmen weniger Kapital vorhanden ist, wodurch derartige Klagen existenzbedrohend sein können. Doch auch wenn man wie Notarity zuvor erst eine größere Finanzierungsrunde abgeschlossen hat, nimmt ein derartiger Prozess Zeit und Geld in Anspruch – Ressourcen, die Gründerinnen und Gründer lieber in die Entwicklung des Produkts oder die Erschließung des Marktes als in Gerichtsverfahren stecken würden.

Was Start-ups tun sollten

Sind Start-ups mit einer derartigen Klage konfrontiert, so sollten sie laut Raunig versuchen, medial darauf aufmerksam zu machen. Denn schließlich profitieren die Endkonsumenten von der durch die Newcomer gebotenen Produktvielfalt, etwa in Form von besseren Produkten oder niedrigeren Preisen, so der Experte. Die breite Masse auf entsprechende Verhinderungsversuche aufmerksam zu machen schaffe Sympathien für das Start-up.

Besser wäre aber wohl noch, es gar nicht erst zu einem Gerichtsverfahren kommen zu lassen, sondern vorher eine außergerichtliche Einigung anzustreben, indem man das bilaterale Gespräch mit dem Gegenüber sucht. In der Causa Notarity geben beide Seiten gegenüber dem STANDARD an, sich offen für Gespräche gezeigt zu haben, die allerdings an der mangelnden Kompromissbereitschaft der anderen Seite gescheitert seien. Ähnliches vernahm man zuvor bereits in Bezug auf die Kontroversen zwischen dem Start-up Lernsieg und der Lehrergewerkschaft.

Forderungen an die Politik

Gefordert seien aber nicht nur die Start-ups selbst, sondern die Politik. "Wenn man Unternehmertum in Österreich fördern will, dann muss man das Verhindern verhindern", sagt Raunig. Eintrittsbarrieren müssten abgebaut und der Markt so geöffnet werden, dass mündige Konsumenten selbst entscheiden können, welche Produkte für sie die richtigen sind – wiewohl Regulierung sehr wohl noch angemessen sei in Bereichen, in denen es "um Leib und Leben geht".

Ein von verschiedenen Seiten der Gründerszene angeregter Fonds zur finanziellen Unterstützung von Start-ups im Fall derartiger Klagen wäre ebenfalls ein gangbarer Weg, so Raunig, ein anderer wären speziell auf Jungunternehmen zugeschnittene Rechtsschutzversicherungen. Hier sollte es laut Raunig "keine Denkverbote geben". (stm, 9.11.2023)