Russlands Präsident Wladimir Putin (links) wird in Peking von Chinas Staatschef Xi Jinping und dessen Frau empfangen.
Russlands Präsident Wladimir Putin (links) wurde am Dienstag in Peking von Chinas Staatschef Xi Jinping und dessen Frau empfangen.
via REUTERS/SPUTNIK

In Peking ist man unter Freunden. Das chinesische Staatsfernsehen strahlte ein ausführliches Interview mit Kreml-Chef Wladimir Putin aus. Dieser lobte das Partnerland in höchsten Tönen. China begreife, was in der Welt wichtig sei, und setze sich für gemeinsame internationale Ziele ein. Unbill, wie etwa eine Verhaftung wegen des internationalen Haftbefehls gegen ihn, muss Putin nicht befürchten. Wie Russland erkennt auch China den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht an.

Wie wichtig Putin sein erster Staatsbesuch nach dem Haftbefehl in einem nicht postsowjetischen Land ist, zeigt sich auch an der hochrangigen Delegation, die mitgereist ist. Laut Putin-Berater Juri Uschakow sind, neben diversen Ministern, die stellvertretenden Ministerpräsidenten Dmitri Tschernyschenko und Alexander Nowak mit dabei – und natürlich Außenminister Sergej Lawrow. Elvira Nabiullina, die Leiterin der russischen Zentralbank, ist an Bord sowie Wirtschaftsvertreter von Gazprom bis Rosatom. Putin sei der Hauptgast auf dem Seidenstraßen-Forum, er werde unmittelbar nach dem Vorsitzenden der Volksrepublik China sprechen, so Uschakow.

Am Mittwoch soll Russlands Präsident Chinas Staatsführer Xi Jinping zu Gesprächen treffen – unter vier Augen und gemeinsam mit den jeweiligen Delegationen. Und dann wird es um die wirklich wichtigen Dinge gehen.

Ganz vorn steht Nahost. Kurz vor seiner Reise hatte Putin mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu telefoniert. "Der Präsident Russlands drückte den Familien und Freunden der verstorbenen Israelis sein aufrichtiges Beileid aus und betonte seine entschiedene Ablehnung und Verurteilung aller Handlungen, der die Zivilbevölkerung, einschließlich Frauen und Kindern, zum Opfer fällt", so der Pressedienst des Kreml. Russland hat Kontakte zu Ägypten, dem Iran und Syrien – und auch gute Beziehungen zur Hamas. Im vergangenen September erst war eine Delegation des Hamas-Politbüros zu Gast bei Außenminister Lawrow.

Kreml als Nahostvermittler

Der Kreml bietet sich als Vermittler an. Es gebe die "grundsätzliche Bereitschaft der russischen Seite, weiterhin zielgerichtete Arbeit im Interesse der Beendigung der palästinensisch-israelischen Konfrontation und der Erreichung einer friedlichen Lösung mit politischen und diplomatischen Mitteln zu leisten", zitiert die Nachrichtenagentur Interfax den Kreml.

Auch über die chinesischen Friedensinitiativen in Sachen Ukraine werden die beiden Staatschefs wohl reden. Zumindest in seinem Fernsehinterview gibt Putin diesen Initiativen aber nur wenig Chancen. Er schätze sie hoch, so der Präsident, sie seien aber vorerst nicht realisierbar. "Ich glaube, dass sie durchaus realistisch sind, auf jeden Fall könnten sie als Grundlage für Friedensabkommen dienen. Aber leider will die andere Seite keine Verhandlungen führen."

Vielleicht der wichtigste Programmpunkt auf der Tagesordnung der beiden Staatschefs wird die wirtschaftliche Zusammenarbeit sein. China ist derzeit nach Indien der zweitgrößte Abnehmer von russischem Öl. In diesem Jahr wurde Russland zum größten Gaslieferanten Chinas und verdrängte Katar und Turkmenistan.

Eine neue Gaspipeline namens Power of Siberia 2 soll gebaut werden. Russischen Medien zufolge sei der Handelsumsatz der beiden Länder in den vergangenen neun Monaten um 29,5 Prozent auf 176,4 Milliarden US-Dollar gestiegen. Russland importiert Konsumgüter, umgeht über China aber auch die westlichen Sanktionen.

Nach Recherchen des Onlinemediums Verstka werden sanktionierte Mikrochips amerikanischer Hersteller nach Russland exportiert – wichtig für Russlands Rüstungsindustrie. Im Schulterschluss mit China will Russlands Präsident wieder eine bedeutende Rolle auf dem diplomatischen Parkett der Weltpolitik spielen.

Das ist auch ein wichtiges Signal nach innen, wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl in Russland. Zusammen mit China kann Putin die westlichen Sanktionen zumindest zum Teil ins Leere laufen lassen – und damit den Krieg in der Ukraine noch lange fortsetzen. Umgekehrt wird aber auch China seinen Preis einfordern. Etwa die russische Unterstützung in der Taiwan-Frage.

Orbáns Rolle im bösen Spiel

Am Rande des Seidenstraßen-Gipfels in Peking traf Ungarns Premier Viktor Orbán bereits am Dienstag mit Putin zu einem offiziellen Gespräch zusammen. Agenturbilder zeigten den Kreml-Chef und den ungarischen Rechtspopulisten beim freundlichen Händedruck. Putin habe seiner "Genugtuung" Ausdruck verliehen, dass es trotz der Spannungen mit dem Westen noch Länder in Europa gebe, die zu Russland Kontakt hielten, schrieben russische Medien.

Orbán ist der einzige Regierungschef eines EU-Landes, der zu dem Gipfel reiste. Laut seinem Sprecher trafen er und Putin Vereinbarungen über die bilaterale Zusammenarbeit, über Gas- und Öllieferungen sowie über Fragen der Nuklearenergie. (Jo Angerer aus Moskau, Gregor Mayer aus Budapest, 17.10.2023)