Das Außenministerium hat erneut eine herbe Niederlage vor der Gleichbehandlungskommission einstecken müssen. Bei der Besetzung der Leitungsfunktion des Österreichischen Kulturforums in Paris sei es zu einer Diskriminierung "aufgrund der Weltanschauung und des Alters" gekommen, stellte der zuständige Senat vergangenen Herbst fest. Daran bestehe "kein Zweifel".

Bei dem unterlegenen Bewerber handelt es sich um einen prominenten Diplomaten: Walter Gehr ist seit 34 Jahren im Außenministerium tätig, unter Türkis-Blau wurde er Kabinettschef von Ministerin Karin Kneissl und führte eine später zurückgenommene Organisationsreform durch. Außerdem beriet er Vizekanzler Heinz-Christian Strache in außenpolitischen Fragen.

"Verrat nicht verzeihen"

Das sei ein Grund dafür, warum er diskriminiert worden sei, erläuterte Gehr vor der Gleichbehandlungskommission: "Die ÖVP-Leute würden einen derartigen 'Verrat' nicht verzeihen". Wer im Außenministerium "nicht einem gewissen Klüngel angehöre, habe wenige Chancen, einen bestimmten Posten zu erhalten", führte der Diplomat aus. Auch die "Familienbande" spiele eine wichtige Rolle, so gebe es "Brüderpaare an hoher Stelle, Ehepaare, die in einer Kontrollfunktion zueinander stünden, Söhne, die ihren Vätern als Sektionsleiter nachfolgen, und dies alles natürlich im Dunstkreis der ÖVP". Aus dem Außenministerium heißt es auf Anfrage: "Die Aussagen entbehren jeder Grundlage und werten die Arbeit aller Mitarbeiter:innen ab."

Gehr bei einer Veranstaltung im Parlament.
Parlamentsdirektion/Topf

Gehr, der privat als Chanson-Sänger auftritt, bezeichnet sich selbst als parteifrei, ist aber im Liberalen Klub, einer Art Vorfeldorganisation der FPÖ, tätig. Gehr sieht sich als Beamter, der "nur durch die Gesetze der Republik und das darin verankerte Objektivitätsgebot steuerbar" sei; nicht aber durch die ÖVP.

Bewerberin "in jeder Hinsicht optimal" 

Das Außenministerium hielt – mehr oder weniger glaubwürdig – dagegen, dass ihm Gehrs Engagement beim Liberalen Klub "gar nicht bekannt gewesen" sei. Die siegreiche Bewerberin erfülle die Voraussetzungen für die Leitung des Kulturforums in Paris "in jeder Hinsicht optimal", das habe eine Begutachtungskommission entschieden.

Die Kritik daran, dass der Ehemann der Bewerberin zeitgleich nach Paris beordert wurde und bei Abwesenheit des Botschafters quasi ihr Vorgesetzter sei, konnte die Vertreterin des Außenministeriums nicht nachvollziehen. Es sei "durchaus positiv, wenn zwei Personen an einen Dienstort gehen könnten" und "wenn Familien nicht auseinandergerissen" würden. Das Anciennitätsprinzip sei zu Recht abgeschafft worden; Beamte würden aufgrund ihrer Leistung und nicht ihres Dienstalters befördert werden.

"Kein Zweifel" an Diskriminierung

Die Gleichbehandlungskommission stellte jedoch deutlich mehr Erfahrung und Eignung bei Gehr fest. Während die siegreiche Bewerberin nur rund sieben Jahre Auslandserfahrung vorweisen konnte, sei Gehr allein zehn Jahre lang bei den Vereinten Nationen (Uno) beschäftigt gewesen. Außerdem habe die Bewerberin "lediglich rund zwei Jahre Führungserfahrung" in einer Abteilung mit vier Mitarbeitern; Gehr sei hingegen Kabinettschef im Ministerium und Abteilungsleiter bei der Uno gewesen. Dass die Vertreterin des Außenamtes von "frischem Wind" sprach, den die Bewerberin mitbringe, zeige eine Altersdiskriminierung von Gehr, der nun auf Schadenersatz klagen kann – und das auch vorhat, wie er dem STANDARD bestätigt.

Fazit: Das Ministerium habe die Gleichbehandlungskommission "nicht davon überzeugen können", dass im Auswahlverfahren "objektiv nachvollziehbare, sachliche Gründe" den Ausschlag in der Personalentscheidung gegeben hätten. Ähnliches war bereits rund um die Besetzung des Botschaftspostens in Abu Dhabi zu lesen gewesen: Den habe der Sprecher von Ex-Kanzler Sebastian Kurz "aus rein parteipolitischen Motiven" erhalten, hieß es im Frühjahr 2023.

Die FPÖ reagierte mit harter Kritik an Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP): Dieser agiere "in Gutsherrenart", als ob die Republik sein Besitz sei, sagte der blaue Generalsekretär Christian Hafenecker. Er forderte Schallenbergs Rücktritt. Helmut Brandstätter, außenpolitischer Sprecher der Neos, sprach von einem "jüngsten Beispiel" dafür, dass Besetzungen im Außenamt parteipolitischen Logiken folgten. (Fabian Schmid, 3.10.2023)