Kinderbuchautor und Regisseur Flo Staffelmayr mit seinem Huhn Polly.
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Das Spielhaus stand da, aber war nicht mehr oft in Verwendung. Die Corona-Pandemie brach aus, und Familie Staffelmayr war, wie alle anderen auch, ans Zuhause gebunden. Schon länger interessierte sie das Thema Hühnerhaltung, jetzt war der Zeitpunkt gekommen, das Vorhaben umzusetzen. Das Spielhaus im Garten wurde adaptiert, und die ersten drei Hühner zogen in den nunmehrigen Hühnerstall ein.

Dreieinhalb Jahre später stolzieren Polly und Fleckchen über die Wiese. Die eine weiß, die andere, wie ihr Name schon erkennen lässt, fleckig. Helga, ein braunes Huhn und die Dritte im Bunde, hat sich in den Stall zurückgezogen. "Die legt gerade ein Ei", sagt Flo Staffelmayr, der Vater der Familie, die in Wien-Salmannsdorf, am Rande des 19. Bezirks, zu Hause ist. Mittlerweile seien die Hühner fixer Bestandteil in seinem Alltag. Tagsüber halten sie sich im Freien auf, sind neugierig mit dabei, wenn Gartenarbeit geleistet wird. Sie umkreisen den Tisch, wenn Besuch da ist. Sie scharren im Komposthaufen, fangen und verzehren Würmer und manchmal sogar Blindschleichen. Nacktschnecken dafür weniger, bedauert Staffelmayr. Das würde dem leidenschaftlichen Gärtner gefallen. Am Abend ziehen sie sich in ihren Stall zurück. Ein Türchen mit Zeitschaltuhr, das sich mit Sonnenuntergang schließt und erst bei Sonnenaufgang wieder öffnet, sorgt dafür, dass die Tiere in der Nacht sicher vor Marder, Fuchs und Co sind.

Polly und Helga können sich im Garten frei bewegen. Hier sitzen sie unter Sträuchern.
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Auch wenn die Hühner Seite an Seite mit der Familie leben – streicheln und hochheben lassen sie sich normalerweise nicht. Tochter Mira, zehn Jahre alt, freut sich dennoch über die Haustiere. Die meiste Arbeit bleibt aber an den Eltern hängen. Das kennt man von anderen Haustieren. Wer geht mit dem Hund Gassi? Mama und Papa. Mira darf die Namen aussuchen, auch ihre Freundinnen und Schulkameraden finden Gefallen an den nicht ganz so üblichen Haustieren.

Immer wieder entdeckt man in Siedlungen kleine Häuschen oder Ställe, in denen Hühner gackern. Ist es ratsam, sich Hühner im Garten zu halten? Wenn man ausreichend Platz hat, ist das eine gute Idee, findet Janja Širovnik Koščica, Expertin für Geflügelhaltung am Institut für Tierschutzwissenschaften und Tierhaltung der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Ein Balkon sei allerdings nicht groß genug, pro Huhn solle man mindestens acht Quadratmeter Auslauffläche zur Verfügung haben. Außerdem sei zu beachten, dass schattige Bereiche vorliegen und dass die Hühner Rückzugsmöglichkeiten haben, wo sie sich vor Greifvögeln schützen können.

Zumindest drei Tiere

Zwar seien Hühner keine Kuscheltiere, aber soziale Wesen. Wichtig sei es daher auch, sich mindestens drei Tiere zuzulegen, da sie Artgenossen brauchen. Auch wenn sie nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen wie etwa Hunde mit dem vielen Gassigehen, solle man sich im Klaren sein, dass man sich täglich um sie kümmern muss. Es gehe etwa darum, Essen und frisches Wasser nachzufüllen. Oder Nachschau zu halten, ob sich die Hühner am Abend im Stall eingefunden haben.

Wer Hühner halten will, muss nicht um Genehmigung ansuchen, die Tiere müssen aber bei der Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet werden. Wichtig sei zu beachten, was die Hausverwaltung vorgibt, sagt Ruth Jily, Leiterin des Veterinärmedizinischen Amts der Stadt Wien (MA 60). In Kleingartenvereinen sei oft in den Statuten geregelt, was erlaubt sei. Jily empfiehlt, auf die Ortsüblichkeit zu achten, und rät davon ab, sich einen Hahn zu halten. "Da sind die Probleme dann programmiert", das laute Krähen störe viele Nachbarn. Hält man sich mehrere Hähne, kann es zudem zu Hahnenkämpfen kommen. Niemand dürfe unzumutbar belästigt werden. Liegt eine Anzeige vor, werde das von Fall zu Fall eingeschätzt und bewertet.

Neben dem Lärm können Krankheiten eine Belastung in der Hühnerhaltung darstellen. Durch das Federkleid erkenne man oft nicht gleich, wenn Hühner abmagern. Kommt es zu Fällen von Geflügelpest, müsse man sich auch im Klaren sein, dass die Hühner im Inneren gehalten werden müssen. Viele Hühnerställe sind dafür nicht groß genug.

Hühnerstall mit Stecksystem

Hühnerhaltung einfach zu gestalten – das ist die Mission von Benedikt Stimpfl-Abele. Ähnlich wie Flo Staffelmayr legte auch er sich Hühner zu, als seine Kinder klein waren. Ein Dorn im Auge waren ihm von Anfang an die Ställe, die es für Hühner am Markt gibt. Dabei werden billige Materialien eingesetzt, und sie haben keine lange Haltbarkeit. In Ritzen und Schlupfwinkeln legt die Rote Vogelmilbe ihre Maden ab, Bissstellen und Hautentzündungen der Hühner sind die Folge, die im schlimmsten Fall tödlich sind.

Stimpfl-Abele begann Prototypen für Hühnerställe zu entwickeln, bei denen nur hochwertiges Lärchenholz zum Einsatz kommt. Er investierte mehrere tausend Stunden. Das Ergebnis ist das Hanehus, das er nun auch vertreibt. Vor bald einem Jahr hat er sich selbstständig gemacht. In Kürze geht der Webshop online. Was das Hanehus auszeichnet? Dank eines einfachen Stecksystems lässt es sich einfach aufbauen. Von der Größe her ist es individualisierbar – bis zu acht Hühner haben Platz. Und es enthält alles, was für die Hühnerhaltung benötigt wird: eine Hühnerleiter, Hühnerstangen, einen Futterspender und eine Tränke. Besonders wichtig ist, dass Fenster und Türen über Nacht geschlossen bleiben.

Das Eierlegen ist anstrengend. Danach gackert Helga laut.
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Denn in der Praxis kommt es oft zu Zwischenfällen. Nicht wenige Hühnerhalter geben auf, nachdem die Hühner von Tieren aus der freien Wildbahn attackiert wurden. Füchse, Marder, aber auch Greifvögel stellen eine Bedrohung dar. Auch bei Familie Staffelmayr sind bereits zwei Hühner der ersten Generation, die im Frühjahr 2020 angeschafft wurden, gestorben. Wildtiere waren aber keine im Spiel. Eines hatte einen Tumor, ein anderes fiel einem Hund zum Opfer, der über den Gartenzaun gesprungen war.

Gackern nach dem Eierlegen

Helga, die sich zuvor zum Eierlegen zurückgezogen hat, macht sich bemerkbar. Sie ist eines der drei Hühner, die die Familie bereits 2020 erworben haben. Fleckchen und Polly kamen dazu, nachdem die anderen beiden verstorben waren. Lautes Gackern schallt vom Hühnerstall herüber. "Jetzt hat sie das Ei gelegt", sagt Staffelmayr. Wenig später pirscht sie sich schon an und pickt nach Körnern, die sie ihrem Herrl aus der Hand frisst.

Körner zur Belohnung. Das tägliche Frühstücksei schätzt die Familie besonders.
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"Die Eier schmecken toll", sagt Staffelmayr. Die Hühner will er noch länger halten, sie können bis zu 15 Jahre alt werden. Viel mehr als drei sollen es aber nicht werden. (Rosa Winkler-Hermaden, 12.10.2023)