So ein Tag, so wunderschön wie Dienstag.
AFP/JONATHAN NACKSTRAND

Es ist praktisch vollbracht. Österreichs Fußballteam wird Teil der EM 2024 in Deutschland sein. Am Dienstagabend wurde in Solna Schweden nach einer abgebrühten und in der zweiten Hälfte famosen Vorstellung 3:1 geschlagen, der Vorsprung auf die Skandinavier beträgt drei Runden vor Ende der Gruppe F sieben Zähler. Österreich fehlen noch zwei Punkte. Da ist eine Zweidrittelmehrheit der ÖVP bei der nächsten Nationalratswahl wahrscheinlicher als ein Scheitern in der Qualifikation.

Vom relativ sinnbefreiten 1:1 gegen die Republik Moldau sind nur vier Spieler aus der Startformation übrig geblieben. Philipp Lienhart in der Innenverteidigung, Nicolas Seiwald und Konrad Laimer im Mittelfeld und vorne Torschütze Michael Gregoritsch. Aus einer B-Elf wurde sozusagen eine Einserpartie, Kapitän David Alaba, Stefan Posch, Phillipp Mwene, Xaver Schlager, Marcel Sabitzer, Marko Arnautovic und Goalie Alexander Schlager waren die sieben Neuen.

Ralf Rangnick überraschte mit dieser Wahl die Welt nicht wirklich, vielleicht hätte man eher mit Max Wöber und nicht mit Mwene als linkem Außenverteidiger gerechnet, aber das ist Geschmackssache. Und mit Kevin Danso neben Alaba im Abwehrzentrum, allerdings war Lienhart am vergangenen Donnerstag in Linz einen Hauch besser als Danso. Dass Arnautovic, der bei Inter Mailand vorerst ein Dasein als Joker fristet, doch beginnen durfte, begründete der Teamchef so: "Wir wollen zwei Spitzen bringen." Christoph Baumgartner, der zweifache Torschütze vom 2:0 in Wien, musste also mit der Bank vorliebnehmen, die in der Friends Arena übrigens bequem ist. Abgesehen davon ist es ein Luxusproblem.

Michael Gregoritsch, Marcel Sabitzer und Konrad Laimer. So sehen Sieger aus.
APA/ROBERT JÄGER

"Balleroberung und schnelles Umschalten" lautete die Devise, die Schweden waren aufgrund der Tabellenkonstellation gezwungen zu handeln. Allerdings schätzt Rangnick den "proaktiven Fußball", soll heißen, Österreich will selbst gestalten und mutig sein.

Das Spiel begann mit einer Trauerminute für die Erdbebenopfer in Marokko und die Flutopfer in Libyen. Nach dem Schweigen ging es rasant los. Österreich hatte nach 1:22 Minuten die erste Torchance, Posch schoss nach einer hervorragenden Aktion, Initiatoren waren Gregoritsch und Laimer, aber doch deutlich drüber. Die Schweden wurden durch Viktor Gyokeres (5.) und Alexander Isak (7.) halbgefährlich, über die Abschlüsse lächelte Keeper Schlager. 15. Minute: Der dynamische Rechtsverteidiger Posch marschiert durch, das Zuspiel auf Arnautovic ist perfekt, sein Halbvolley wird zur Ecke abgefälscht. Es ging munter hin und her, ein intensives Match auf Augenhöhe, Österreichs Abwehr wackelte in einigen Situationen ganz leicht, negative Folgen blieben aus, da hätte sie nämlich schwer wackeln müssen.

Die Gastgeber wurden dann doch dominanter, Isak war nahe dran am Führungstor, um Bruchteile einer Sekunde kam der Newcastle-Stürmer zu spät (32.) Halbzeitfazit: Die Österreicher hatten zwar mehr Ballbesitz, konkreter, im Sinne von gefährlicher, waren aber doch die Schweden.

Torschützen unter sich: Michael Gregoritsch und Marko Arnautovic.
APA/ROBERT JÄGER

52. Minute: Sabitzer schickt Gregoritsch in der Tiefe, der Schuss wird abgeblockt.

53. Minute: Österreich führt 1:0. Gregoritsch köpfelt die butterweiche Flanke von Posch in die Maschen, sein zwölftes Länderspieltor. Womit der Käse gegessen war, denn Schweden war geschockt. Der Gast nützte die Starre schamlos aus.

56. Minute: Die schwedische Abwehr ist konfus, Sabitzer legt den Ball Arnautovic auf, der trifft aus kurzer Distanz durch die Beine von Keeper Robin Olsen zum 2:0. Herr Arnautovic hat im 110. Länderspiel zum 35. Mal gescort, Hut ab.

Hat Österreich auf Schiene gebracht: Trainer Ralf Rangnick.
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69. Minute: Mwene wird im Strafraum gefoult, den Elfmeter fetzt Arnautovic zum 3:0 ins Tor. Ebenfalls durch die Beine des Goalies, Arnautovic numero 36. Drei Minuten später durfte der 34-Jährige gehen, Patrick Wimmer kam. Der Rapidler Matthias Seidl debütierte noch. 90. Minute: Emil Holm verschönert auf 1:3, völlig wurscht. Das ÖFB-Team jubelte nach Abpfiff rechtschaffen ausgelassen.

Gregoritsch sagte: "Ich hatte nie das Gefühl, dass es gegen uns laufen könnte. Wir sind eben eine sehr stabile und starke Mannschaft."

Die Qualifikation wird am 13. Oktober im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion gegen Belgien fortgesetzt, es folgen noch die Auswärtsspiele in Aserbaidschan und Estland. Die Belgier schlugen Estland 5:0 und sind punktegleich vor den Österreichern Tabellenführer. (Christian Hackl, 12.9.2023)

Reaktionen

Ralf Rangnick (Teamchef Österreich): Fix ist es "rechnerisch noch nicht, wir brauchen noch einen Sieg. Ich bin überzeugt, wir werden den auch schaffen. So wie sich die Mannschaft präsentiert hat, in diesem schweren Spiel. Vielleicht werden wir auch Gruppenerster. In der ersten Halbzeit haben wir bei eigenem Ballbesitz nicht richtig auf den Platz gebracht, was wir vorhatten. In der zweiten Halbzeit haben wir Gregerl (Gregoritsch, Anm.) auf die Zehn gestellt, das hat uns gut getan. Wir hatten dann mehr Ballbesitz und Umschaltmomente. In der ersten Halbzeit hatten wir auch im Ansatz gute Möglichkeiten, aber viel zu wenig über die Außenverteidiger gespielt. In der zweiten Halbzeit haben wir zwei Tore über die Außenverteidiger gemacht. Wir haben es dann richtig gut gespielt. Wenn das Stadion zehn Minuten vor Schluss halb leer ist, muss die Auswärtsmannschaft irgendetwas nicht ganz verkehrt gemacht haben."

Marko Arnautovic (zweifacher Torschütze Österreich): "Wir sind überglücklich, dass wir den Sieg in Schweden geholt haben. Fix ist noch nichts. Wir haben einen großen Schritt gemacht, aber es ist noch nicht vorbei. Unser Ziel ist es, Erster zu werden. Wir haben gewusst, dass uns die Schweden pressen werden. In der ersten Halbzeit war es von beiden Seiten Kick and Rush, in der zweiten Halbzeit haben wir es besser gemacht. Den Elfmeter wollte ich nicht so schießen, aber Tor ist Tor. Dass man Tore macht, ist mein Job. Aber wir probieren vorne hart zu arbeiten, damit die Mannschaft gewinnen kann, das ist das Wichtigste."

Über Platz zwei in der ewigen ÖFB-Torschützenliste: "Es ist irgendwie ein Ziel, aber nicht meine Nummer eins. Das wichtigste Ziel ist, bei der Euro zu sein. Schöne Grüße, Toni (Polster, Anm.)."

Michael Gregoritsch (Torschütze Österreich): "Wir freuen uns sehr und sind überglücklich. Ich glaube, das (Tor zum 1:0) war der Türöffner. In der ersten Halbzeit waren wir nicht ganz so gut, wir hatten ein bisschen Glück in der einen oder anderen Situation. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass es gegen uns laufen könnte. Die Mannschaft ist sehr, sehr stabil und gut. Man sieht, wie alle zusammenhalten."

David Alaba (Kapitän Österreich): "Ich bin superstolz und superglücklich, dass wir drei Punkte holen konnten. Das war unser Ziel. Wir wollen da weitermachen. Uns ist bewusst, dass wir noch einen Sieg brauchen, sind aber auf ganz gutem Weg. Es macht im Moment sehr viel Spaß."

Phillipp Mwene (Verteidiger Österreich): "Wir haben in der ersten Halbzeit dagegenhalten müssen. Mit dem 1:0 haben wir alle Energie bekommen. Ich bin stolz auf die Mannschaft. Wir wissen, dass das ein sehr, sehr großer Schritt war, auch für den Kopf. Wir werden die nächsten Spiele auch so angehen wie heute, wir wollen jedes Spiel gewinnen."

Janne Andersson (Teamchef Schweden): "Der Weg zur EM ist jetzt sehr lang für uns, aber wir geben nicht auf. Die erste Hälfte war von uns sehr gut, aber man muss auch Tore schießen. In der zweite Hälfte haben die Österreicher ein billiges Tor geschossen, dann war es schwierig für uns. Ich werde nicht zurücktreten, ich habe vollen Fokus auf die nächsten Spiele."

Fußball-EM-Qualifikation, Gruppe F, 6. Runde:
Schweden – Österreich 1:3 (0:0)
Solna, Friends Arena, 43.228 Zuschauer, SR Gözübüyük (NED)

Tore:
0:1 (53.) Gregoritsch
0:2 (56.) Arnautovic
0:3 (69.) Arnautovic (Elfmeter)
1:3 (91.) Holm

Schweden: Olsen - Wahlqvist (75. Holm), Hien, Lindelöf, Sema - Kulusevski, Cajuste (75. Claesson), A. Ekdal (64. Gustafson), Forsberg (64. Karlsson) - Gyökeres, Isak (83. Quaison)

Österreich: A. Schlager - Posch, Lienhart, Alaba, Mwene (72. Wöber) - Laimer (87. Seidl), X. Schlager (87. Grillitsch), Seiwald, Sabitzer - Gregoritsch (84. Onisiwo), Arnautovic (72. Wimmer)

Gelbe Karte: Mwene