Salzburg – Im Zoo Salzburg Hellbrunn ist es Dienstagfrüh zu einem tödlichen Unfall im Nashorngehege gekommen. Ein 1,8 Tonnen schweres Nashornweibchen ist bei der täglichen Pflege auf eine 33-jährige Tierpflegerin losgegangen. Als daraufhin ein weiterer Pfleger, er ist auch der Ehemann der Frau, versuchte, das Tier zu verscheuchen, griff das Nashorn auch ihn an, dabei wurde er schwer verletzt. Die Polizei bestätigte gegenüber der APA, dass die beiden Opfer ein Ehepaar waren. Die erfahrene, geprüfte Tierpflegerin aus Bayern erlag noch an der Unfallstelle ihren Verletzungen.

Video: Tödlicher Unfall in Nashornanlage im Zoo Salzburg
APA/kha

Das Rote Kreuz schickte ein Kriseninterventionsteam, um die Beschäftigten des Zoos und Angehörige zu betreuen. Die Polizei und das Arbeitsinspektorat untersuchen nun, wie es zu dem Unglück kommen konnte.

Die 33-Jährige war an diesem Tag dazu eingeteilt, die Nashörner mit einem Insektenstift einzuschmieren, weil diese Tiere sehr empfindlich auf Insektenstiche sind, erläuterte Zoodirektorin Sabine Grebner bei einem Mediengespräch. Dabei attackierte das 30 Jahre alte Nashornweibchen Jeti vermutlich die Pflegerin aus noch unbekanntem Grund im Nashornhaus 1. Der 34-jährige Ehemann, der mit der Fütterung beschäftigt war, wollte seiner Frau und Kollegin helfen und Jeti vertreiben. Als er Jeti in das Freigehege entließ, wurde er von dem Tier angegriffen und verletzt.

Genauer Unfalhergang wird noch ermittelt

Die 33-Jährige erlitt Verletzungen im Bereich des Brustkorbs. Wiederbelebungsversuche brachten keinen Erfolg mehr, die Frau starb noch am Unfallort. "Sie war bei den Tieren sehr vorsichtig und bedacht, und sie hatte ein extrem gutes Gespür für Tiere", sagte Grebner. Der Pfleger, ein Österreicher, erlitt einen Oberschenkelbruch. Das Rote Kreuz lieferte ihn ins Uniklinikum Salzburg ein, wo er operiert wurde. Er befinde sich ihren Informationen zufolge außer Lebensgefahr, sagte Grebner.

Ein Archivbild der Nashornanlage im Zoo Hellbrunn in Salzburg aus dem Jahr 2020.
APA/BARBARA GINDL

Der ausgebildete Tierpfleger arbeitet seit 2008 im Zoo Salzburg, die Verstorbene, eine geprüfte Tierpflegerin, seit 2014. Zuvor war sie in München beschäftigt. Am Dienstag in der Früh sei sie bei den Nashörnern eingeteilt gewesen und er zum Ausfahren des Futters, schilderte die Zoodirektorin.

Grebner sagte, die genauen Umstände, wie es zum Unfall gekommen ist, müssten erst ermittelt werden. "Vielleicht war es ein Störfaktor. Was genau passiert ist, wissen wir nicht, wir sind tief bestürzt und geschockt." Es würden auch alle Sicherheitsbestimmungen evaluiert, und sollten sich hier Möglichkeiten zur Optimierung zeigen, werde man diese natürlich umsetzen.

Erster Vorfall mit Nashörnern

Seit etwa 30 Jahren gibt es ein Nashorngehege im Zoo Salzburg. Es handle sich um eine "Vorzeigeanlage", und es habe bisher keinerlei Vorfälle mit Nashörnern gegeben, so Grebner. Erst heuer sei die Anlage von der European Association of Zoos and Aquaria gescreent worden. "Es wurde alles begutachtet und für korrekt empfunden."

Nashörner seien grundsätzlich sanft, würden aber sehr schlecht sehen. Das Gewicht von 1,8 Tonnen, das ein Nashorn hat, sei immer gefährlich, gab die Zoodirektorin zu bedenken. Wenn sich ein Nashorn in Bewegung setzt, bestehe ein großes Ungleichgewicht zwischen Mensch und Tier, das könne auch tödlich sein.

Die Unfallursache gibt jedenfalls noch Rätsel auf. Sobald es der Gesundheitszustand des verletzten Tierpflegers zulässt, soll er zum Unfallhergang befragt werden. Kameras sind laut Grebner außerhalb des Nashornhauses installiert, nicht im Inneren. Nun sollen die Aufnahmen der Außenkameras ausgewertet werden, um herauszufinden, ob womöglich "in der Nacht etwas auffällig war". Das Gehege verfügt über zwei Nashornhäuser, einen Vorplatz und eine große Außenanlage, die sich die Nashörner mit Antilopen und Zebras teilen.

Tiergarten geschlossen 

Jeti befindet sich seit 2009 im Zoo Salzburg, gekommen ist sie aus einem Reservat in Afrika, wie Gebner erklärte. Jeti sei das kooperativste Nashorn im Gehege und nie übermütig gewesen. Sie habe bei den Jungtieren die Tantenrolle übernommen und im Jahr 2015 selbst ein Jungtier auf die Welt gebracht. Der Zoo Salzburg hält insgesamt vier Nashörner – drei Weibchen und einen Bullen. "Die Tiere sind sehr kooperativ und sehr lange im Zoo Salzburg." Sie würden alle auf Handling reagieren, man könne sie auf Zuruf ins Nashornhaus hereinholen, und die Tierärztin könne auch ohne Narkose Blut abnehmen.

Ob zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen ergriffen werden, wird noch geprüft. Der Tagesablauf bleibe für Jeti vorerst gleich. "Wir müssen evaluieren. Da braucht es noch ein bisschen Zeit", sagte Grebner. Alle Zoos würden über ein Notfallsystem inklusive Waffen verfügen. Dass Beschäftigte zum eigenen Schutz vor Angriffen von Tieren Waffen tragen, sei nicht sinnvoll, wenn sie wie die tödlich Verunglückte im direkten Kontakt mit Tieren stünden. Wenn ein Nashorn auf einen zugehe, "geht das blitzschnell".

Grebner und der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Zoo Salzburg GmbH, Tierarzt Josef Schöchl, äußerten beim Mediengespräch auch ihr tiefes Bedauern und sprachen den Angehörigen der Bayerin ihr tiefes Mitgefühl aus. In der Geschichte des Zoos hätte es noch nie einen so schweren Unfall gegeben. Der Tiergarten bleibt am Dienstag den ganzen Tag geschlossen.

Tödliche Unfälle in Österreichs Zoos

Der Vorfall ist nicht der einzige tödliche Unfall, wie ein Blick zurück auf die vergangenen Jahre zeigt. Vor 32 Jahren wurde ein Pfleger im früheren Safaripark Gänserndorf im Juni 1991 im Raubtiergehege von einem Tiger angefallen und tödlich verletzt. Die Leiche des Mannes wurde rund zehn Meter von seinem Pkw entfernt gefunden. Zuvor war der Mann entgegen den Bestimmungen des Tierparks in dem Gehege aus seinem Auto gestiegen.

Die Einsatzkräfte sind vor Ort.
APA/FRANZ NEUMAYR

Im März 2002 starb eine Mitarbeiterin nach einem Genickbiss durch einen Jaguar im Wiener Zoo Schönbrunn während der Vorbereitungen für die Fütterungen. Der damalige Zoodirektor Helmut Pechlaner wurde bei einem Versuch, die Frau zu retten, an der Hand gebissen und verletzt. Im Zuge der Untersuchungen wurde entdeckt, dass die Frau übersehen hatte, die Türen zwischen dem Boxenbereich und dem Gehege zu schließen.

Der 1.600 Kilogramm schwere, vier Jahre alte Elefantenjungbulle Abu rammte im Februar 2005 einem Pfleger im Wiener Tiergarten Schönbrunn im Zuge der Morgendusche seine Stoßzähne in die Brust sowie in den Bauch und fügte ihm einen offenen Schädelbruch zu. Der Mann galt zur damaligen Zeit als einer "der besten und erfahrensten Elefantentrainer Europas", wie es vom Zoo hieß. Das Elefantenhaus blieb daraufhin für eine Woche geschlossen. Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass der Vorfall nicht vorherzusehen gewesen sei. (APA, red, 12.9.2023)