Die vor kurzem veröffentlichte Jugendstudie der Bundesregierung, verantwortet von dem weit rechts stehenden Studienleiter Bernhard Heinzlmaier, hat allgemein, vor allem aber bei der zuständigen Staatssekretärin Claudia Plakolm, die Erkenntnis hervorgerufen: Die Jugend wird konservativer. Wirklich? Man kann das Ergebnis auch anders lesen.

Bei der Präsentation des "Berichts zur Lage der Jugend in Österreich": Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) und Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier.
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Ja, es stimmt: viele l6- bis 24-Jährige wünschen sich ein Eigenheim und eine Familie. Aber interessanter und für den aktuellen Diskurs wichtiger erscheint die Tatsache, dass die junge Generation in den angeblich wahlentscheidenden Fragen Migration und Zuwanderung bedeutend toleranter denkt als die ältere. Auf die Frage, ob Flüchtlinge den Befragten besondere Sorgen bereiteten, antworteten 41 Prozent der Älteren, aber nur zehn Prozent der Jungen mit Ja.

Großer Unterschied

Noch krasser war der Unterschied bei der Frage nach der Migration. 46 Prozent der Älteren machen sich darüber Sorgen, aber nur ganze acht Prozent der Jungen. Wenn man dieser Studie glaubt, geht die ganze Angstpropaganda von "Umvolkung" und "Islamisierung", wie sie besonders die FPÖ betreibt, an der jungen Zielgruppe vorbei.

Die Jungen sind mit Migranten aufgewachsen und haben sie als Mitschülerinnen und Arbeitskollegen erlebt. Typisch für diese Selbstverständlichkeit ist ein Schüler namens Max, der neulich zu Hause von einem Klassenkameraden erzählte, der besonders frech war und besonders gut Fußball spielte. Als er diesen Buben eines Tages mit nach Hause brachte, zeigte sich, dass dieser schwarz war. Max hatte diesen Umstand nicht etwa aus politischer Korrektheit verschwiegen, sondern weil er ihn einfach nicht berichtenswert fand. Interessanter als dessen Hautfarbe war, dass der Knabe ein Frechdachs und ein guter Fußballer war.

Seltsame Frage

In jener Studie fand sich auch die etwas seltsame Frage, bei welchen Themen man besonders "aufpassen" müsse. Viele Befragte nannten Migration, Nationalsozialismus, Faschismus, Islam. Kein Wunder, wenn man weiß, dass man sich bei diesen Begriffen leicht den Unmut von Leuten wie jenem Herrn Heinzlmaier zuziehen kann. Dieser hat, wie man inzwischen weiß, nicht nur ein Faible für altgermanische Symbole, sondern hat sich im Online-Medium Exxpress auch vehement gegen die "linke Kultur", den "Ökokommunismus" der "Bablers und Koglers" und den "haltlosen Individualismus" der 68er-Generation ausgesprochen. Dass ein Regierungsmitglied ausgerechnet mit diesem Mann eine quasi offizielle Studie präsentiert, ist zumindest problematisch.

Den verbreiteten Wunsch nach Wohnungseigentum hat die Staatssekretärin freilich vor allem für ihr Lieblingsanliegen, günstigere Kredite für Einfamilienhäuser, genutzt. Aber ist es wirklich konservativ, wenn Menschen in Zeiten steigender Mieten und unsicherer Jobs lieber sicher wohnen wollen? Ist der Wunsch nach Kindern konservativ? Ist, im Umkehrschluss, jeder, der links und ökologisch denkt, anti Kinder?

Vielleicht sollten wir mit solchen Zuweisungen vorsichtiger sein. Und vielleicht sagt Herrn Heinzlmaiers Studie einfach nur, dass die Generation Z vernünftig ist. Oder um es mit einem neuerdings beliebten Begriff auszudrücken: normal. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 17.8.2023)