Fünf festgenommene Personen, Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten – darunter bei der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG) – und ein vermuteter Schaden in Millionenhöhe: Das Ländle wird gerade von einem veritablen mutmaßlichen Betrugsskandal im Gesundheitsbereich erschüttert.

Die Staatsanwaltschaft Feldkirch ermittelt wegen des Verdachts des schweren Betrugs. Festgenommen wurden am Mittwoch drei Personen, die in der Abteilung Bauwesen der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft tätig sind; zudem zwei frühere, nun pensionierte Kollegen. Am Donnerstag wurden drei der Verhafteten in die Justizanstalt Feldkirch überstellt, die Staatsanwaltschaft (StA) Feldkirch hat einen Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft gestellt. Darüber muss nun binnen 48 Stunden ein Haft- und Rechtsschutzrichter entscheiden. Die anderen beiden Verhafteten waren am Donnerstagmittag noch bei der Polizei, das erklärte der Sprecher der StA Feldkirch auf Anfrage des STANDARD.

Ins Rollen gebracht hat die Ermittlungen Siemens. Das Unternehmen dürfte eine Anzeige erstattet haben: Im Rahmen von internen Untersuchungen sei man auf Ungereimtheiten gestoßen, gab das Unternehmen wie berichtet am Mittwoch bekannt. "Die Ermittlungsmaßnahmen stehen im Zusammenhang mit dieser Offenlegung", sagte ein Sprecher. Siemens hat in der Vergangenheit diverse Projekte für die Landeskrankenhäuser durchgeführt, die zur KHBG ressortieren. Das sind die Spitäler in Feldkirch, Bregenz, Hohenems, Rankweil und Bludenz.

Fingierte Rechnungen?

Dem Vernehmen nach soll es um fingierte Rechnungen gehen, die von Firmen einzelner Verdächtiger an Siemens gelegt worden seien. Die Verdächtigen hatten also einerseits im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Krankenhausbetreiberin mit Siemens als Auftragsnehmer zu tun, andererseits sollen sie daneben Scheingeschäfte abgewickelt und bezahlt bekommen haben. Über diese Konstruktion könnten Kickbacks geflossen sein, das ist aber derzeit noch Spekulation. Die zuständige Staatsanwaltschaft Feldkirch gibt keine Details bekannt, und es gilt die Unschuldsvermutung.

Angeblich sind die inkriminierten Geschäfte jahrelang gelaufen, manche reden davon, dass sie schon lange vor 2013 begonnen hätten. Zudem könnte der Schaden weit mehr als fünf Millionen Euro betragen - sollte dem so sein, wäre die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) für die Causa zuständig. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch gibt zu alldem keine Details bekannt, aus ermittlungstechnischen Gründen und weil das Ermittlungsverfahren nicht öffentlich ist, wie der Behördensprecher sagt. Für die Verdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.

KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch sprach jedenfalls von zwei Mitarbeitern mit "hoher krimineller Energie", er zeigte sich gegenüber ORF Vorarlberg "betroffen und bestürzt" und habe seinen Urlaub in Süditalien abgebrochen.

Die Hand eines älteren Patienten Hand klammert sich an eine Haltevorrichtung  
Rund um landeseigene Spitäler soll Geld abgezweigt worden sein.
APA/Hans Klaus Techt

Die Krankenhaus-Betriebsgesellschaft hat jedenfalls für Freitag ihre Aufsichtsratsmitglieder zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengetrommelt. Eines ist fix: Die Sache wird auch zu einem Politikum werden.

Prominent besetzter Aufsichtsrat

Allein ein Blick auf das Kontrollgremium der landeseigenen Gesellschaft legt das nahe: Vorsitzende des Gremiums ist Martina Rüscher, Gesundheitslandesrätin und seit vielen Jahren bei der ÖVP aktiv. Ihr Stellvertreter im Aufsichtsrat ist der Rechtsanwalt Adolf Concin, einst Landtagsabgeordneter der ÖVP. Weiters im Aufsichtsratsgremium: die Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker von den Grünen und die rote Gewerkschafterin und Landtagsabgeordnete Elke Zimmermann. Auch der Chef der landeseigenen Vermögensverwaltung, Karl Fenkart, sowie diverse Bürgermeister und ein Wirtschaftsprüfer haben im Gremium Sitz und Stimme.

Aufsichtsratschefin und Landesrätin Rüscher hat schon am Mittwoch "volle Aufklärung" gefordert, man werde interne und externe Prüfungen veranlassen. Betroffen sein soll auch das Unternehmen Hirschmann in Rankweil, das der Getränkehersteller-Familie Rauch gehört. Das berichtet die Vorarlberger "Neue".

Die Projekte der Spitäler selbst sind zum Teil von vielen Augen gesehen worden, gingen sie doch durch etliche Gremien. In den Jahren bis 2019 hat mitunter auch das Land Vorarlberg selbst Finanzierungen für Projekte der landeseigenen Krankenhäuser übernommen, immer dann, wenn es an Liquidität gefehlt hat. Dem Vernehmen nach hat das Land seiner Krankenhaus-Betreiberin in mehreren Jahren jeweils rund 20 Millionen Euro als Darlehen eingeräumt. In diesen Fällen müsste es auch zu Prüfungen in der Finanzabteilung bzw. Vermögensverwaltung des Landes gekommen sein. Zudem dürfte auch der Landtag immer wieder involviert gewesen sein, wurden die einzelnen Bauprojekte doch in dessen Ausschüssen diskutiert und beraten. Der Landesrechnungshof hatte schon 2011 mehr Ressourcen für die Interne Revision der KHBG moniert. Damals gab es gerade einmal eine Teilzeitstelle für den Job. Aufgestockt wurde nach der Rechnungshof-Kritik zwar, allerdings nur minimal. (Renate Graber, Fabian Schmid, 3.8.2023)