Im Community-Artikel erzählt Irina Radu von einer rumänischen Veranstaltungsreihe, die sich dem der Erhalt des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes verschrieben hat.

Die historische Region Haferland, die Archita/Arkeden, Saschiz/Keisd, Homorod/Hamruden, Rupea/Reps, Criț/Deutsch-Kreuz, Roadeș/Radeln, Meșendorf/Meschendorf, Cloașterf/Klosdorf, Bunești/Bodendorf und Viscri/Deutsch-Weisskirch umfasst, wird zum Treffpunkt für siebenbürgisch-sächsische Traditionen. Im Haferland, das für den traditionellen Weinbau immer viel zu kalt war und deshalb für den Haferanbau bevorzugt wurde, kann man jährlich im Sommer siebenbürgisch-sächsische Volkstanzvorführungen, Trachtenausstellungen, Orgelkonzerte, Besichtigungen örtlicher Bauernhöfe, Verkostungen von Biolebensmitteln und vieles mehr erleben.

Kirchenburg in Roadeș.Radeln
Die Kirchenburg in Roadeș/Radeln.
Săptămâna Haferland

Die elfte Ausgabe des Festes Kulturwoche Haferland/Săptămâna Haferland, der größten Veranstaltung in Rumänien zur Förderung der Kultur und Traditionen der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft, findet dieses Jahr vom 3. bis 6. August statt.

Das Fest Kulturwoche Haferland wurde 2013 von der Michael-Schmidt-Stiftung vom siebenbürgisch-sächsischen Unternehmer Michael Schmidt gemeinsam mit der Kinderstiftung Tabaluga von Peter Maffay, dem deutschen Musiker rumänischer Herkunft, initiiert. "Das allgemeine Ziel der Veranstaltung ist, die Kultur und Traditionen der Siebenbürger Sachsen zu fördern und den Tourismus in der Region Haferland auszubauen", sagt Michael Schmidt.

Pferd vor Haus
Freilaufende Pferde sind in der historischen Region Haferland allgegenwärtig.
Săptămâna Haferland

Vermittlung von Kultur und Bräuchen

Die Siebenbürger Sachsen, eine Gemeinschaft deutschen Ursprungs, lebten jahrhundertelang in Rumänien, insbesondere in den Regionen Siebenbürgen und Banat. In den 1970er- und 1980er-Jahren wanderten viele Siebenbürger Sachsen auf der Suche nach einer wohlhabenderen Zukunft in westeuropäische Länder aus. Von denen, die blieben, verließen viele das Land nach der rumänischen Revolution im Jahr 1989 durch die Öffnung der Grenzen. Die Siebenbürger Sachsen nehmen jedoch weiterhin einen wichtigen Platz in der Geschichte und Kultur Rumäniens ein.

Der in 1960 in Criț bei Rupea geborene Unternehmer Michael Schmidt verbrachte seine Kindheit in Brașov/Kronstadt, bis er 1981 mit seinen Eltern nach Deutschland auswanderte. Rumänien blieb aber immer in seinem Herzen, weswegen er 1990 zurückkehrte. Als er von der massiven Auswanderung der Siebenbürger Sachsen aus Rumänien erfuhr, wollte er einen Weg finden, das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe in Rumänien zu bewahren. 2010 gründete er die Michael-Schmidt-Stiftung, die deutschsprachige Kultur- und Bildungsprojekte in Rumänien fördert.

Michael Schmidt und Peter Maffay schütteln Hände
Das Fest Kulturwoche Haferland wurde 2013 von der Michael-Schmidt-Stiftung gemeinsam mit der Tabaluga-Kinderstiftung von Peter Maffay initiiert.
Săptămâna Haferland

Im Jahr 2009 wurde ein Pfarrhaus in Roadeș an Peter Maffay verkauft und anschließend von dem Musiker in ein Ferienheim für Kinder mit schwierigen Lebensbedingungen umgewandelt. Schmidt kaufte 2012 ebenfalls ein Pfarrhaus in Criț und renovierte es nach Plänen aus dem 19. Jahrhundert, um es später für das Publikum zu öffnen. "In jenem Sommer lud mich Peter Maffay zu einem Tag der offenen Tür in seiner Stiftungsfiliale in Roadeș ein. Da kam uns die Idee, uns zusammenzutun und gemeinsam eine Kulturwoche zu organisieren. Später erinnerten wir uns an die alte Bezeichnung der Region, und so war der Name für unsere Veranstaltung gefunden", erzählt Michael Schmidt.

Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist von Jahr zu Jahr gestiegen, sodass bei den bisherigen zehn Ausgaben insgesamt mehr als 37.500 Personen teilgenommen haben. Kirchenburgen oder malerische Orte wie zum Beispiel das Anwesen von König Charles III. in Viscri sind der Öffentlichkeit für Besuche zugänglich.

Burg aus Vogelperspektive
Die Kirchenburg in Viscri/Deutsch-Weisskirch.
Săptămâna Haferland
Kirche im Sonnenuntergang
Die Kirchenburg in Bunești/Bodendorf.
Săptămâna Haferland

"Meine Idee, aber auch die von Peter Maffay, war es, siebenbürgisch-sächsisches Brauchtum und Kultur möglichst vielen Menschen zu vermitteln. So kamen zum Beispiel viele Einheimische aus meinem Heimatdorf Criț, die längst nach Deutschland ausgewandert sind, zum Fest", sagt Michael Schmidt. "Der Lebensstandard in Rumänien hat sich verbessert. Viele Siebenbürger Sachsen könnten zurückkehren, um in die Gemeinschaft zu investieren", meint er.

Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des 1946 gegründeten und in München ansässigen Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., der seit 2021 Partner der Haferlandwoche ist und die Teilnahme von siebenbürgisch-sächsischen Kulturgruppen aus Bayern am Fest unterstützt, meint, dass die Kulturwoche Haferland eine hervorragende Gelegenheit ist, sich mit dem Thema Siebenbürger Sachsen auseinanderzusetzen, egal ob man als Besucherin oder Besucher aus Rumänien oder dem Ausland dabei ist. Weil sich hier jährlich Tausende von Gästen in den Ortschaften des Haferlandes einfinden, sei dieses Event für die gesamte siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft von essenzieller Bedeutung. "Neben den auswärtigen Gästen beteiligt sich aber auch die heutige Dorfbevölkerung an diesen Events. Dies ist genauso wichtig, weil viele die sächsischen Traditionen nicht kennen und hier einen guten Zugang zu diesen finden. Dadurch, dass in den meisten Orten des Haferlandes nur noch wenige Siebenbürger Sachsen leben, können die heutigen, meist rumänischen Bewohnerinnen und Bewohner sich viel mehr mit der Kultur ihrer früheren Nachbarinnen und Nachbarn auseinandersetzen und die Geschichte dieser Orte mit ihrer früheren Vielfalt erleben und vor allem an die nächste Generation weitergeben. Dafür kann man Michael Schmidt und seiner Stiftung nur dankbar sein", meint Lehni.

Siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft

Das diesjährige Fest steht unter dem Motto "Nachhaltigkeit in der Kulturlandschaft des Haferlandes". "Ich bin davon überzeugt, dass diese alten siebenbürgisch-sächsischen Siedlungen eine nachhaltige Zukunft haben, die durch einen ständigen Dialog zwischen den Siebenbürger Sachsen vor Ort, denen aus der Diaspora, den Rumäninnen und Rumänen, den Ungarinnen und Ungarn ausgestaltet wird. Die Traditionen und die Kultur der Siebenbürger Sachsen sind Aspekte, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen und die einen wesentlichen Beitrag zur Vitalität des multikulturellen Siebenbürgens leisten", erklärt der Unternehmer. (Irina Radu, 4.8.2023)

Lokale Lebensmittel auf Tellern
Im Haferland kann man Verkostungen von Biolebensmitteln erleben.
Săptămâna Haferland
Tanzende Menschen
Siebenbürgisch-sächsische Traditionen werden mit Volksmusik und Tanzaufführungen während der Kulturwoche Haferland gefeiert.
Săptămâna Haferland