Frau mit Shampoo in den Haaren.
Wer die Haare zu oft wäscht, bekommt eher Schuppen – das ist ein gängiger Mythos. Doch es stimmt so nicht.
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Im Moment sorgt eine Hitzewelle für Temperaturen um die 35 Grad. Da kommt eine lauwarme Dusche gerade recht. Und damit man so richtig erfrischt ist, werden die Haare auch gleich noch mitgewaschen. Immer wieder wird jedoch berichtet, dass zu häufiges Haarewaschen schlecht für die Kopfhaut sei. Die Haare würden noch schneller fetten, und womöglich bekomme man dadurch Schuppen. Aber stimmt das? Ist es tatsächlich besser, sich nur ein- bis zweimal pro Woche die Haare zu waschen?

"Das kommt darauf an", erklärt Julia Lämmerhirt, Dermatologin in Wien. "Viele meiner Patientinnen und Patienten kommen mit Problemen wie schuppiger und juckender Kopfhaut zu mir. Manche erzählen dann, dass sie durch selteneres Haarewaschen versucht haben, das Problem alleine in den Griff zu bekommen. Doch häufig verschlimmerte das die Situation nur."

Trockene Kopfhaut oder Hefepilze

Leidet man unter Schuppen, gibt es dafür nämlich unterschiedliche Auslöser. Ist trockene Kopfhaut die Ursache oder sogar Neurodermitis, profitieren die Betroffenen davon, wenn sie sich die Haare seltener waschen. "Aber sehr oft werden Schuppen, vor allem wenn es viele sind, von Hefepilzen ausgelöst, die natürlicherweise auf der Kopfhaut vorkommen", weiß die Dermatologin. "Unter bestimmten Voraussetzungen vermehren sich diese Hefepilze schneller, und die Kopfhaut beginnt sich zu schuppen." In dem Fall wäre eine seltene Haarwäsche genau das Falsche, dann lagern sich nämlich immer mehr Schuppen auf der Kopfhaut ab. "Ich empfehle in solchen Fällen sogar, die Haare täglich oder alle zwei Tage zu waschen." Und zweimal pro Woche sollte man zu einem medizinischen Shampoo gegen Schuppen greifen.

Diese Art von Schuppenbildung durch Hefepilze ist vermutlich genetisch bedingt, man kann vorbeugend einfach nichts dagegen tun. Genau deshalb ist es sinnvoll, die genaue Ursache immer von einer Hautärztin oder einem Hautarzt abklären zu lassen.

Und was ist mit dem Mythos, dass sich die Kopfhaut daran gewöhnt, wenn man die Haare täglich wäscht, und deshalb schneller nachfettet? "Wer zu stark fettender Kopfhaut neigt und seine Haare dann nur selten wäscht, wird vermutlich nicht den gewünschten Effekt erzielen. Auch in diesem Fall wird das Problem meistens nur verschlimmert statt verbessert", berichtet die Dermatologin.

Fünf- bis sechsmal pro Woche

Auch eine Studie aus Asien zeigt, dass häufigeres Haarewaschen weder der Kopfhaut noch den Haaren schadet. Bei der Studie gab es zwei Gruppen, alle mit normaler Kopfhaut. Die eine Gruppe wusch sich die Haare wie gewohnt und die andere griff fünf- bis sechsmal pro Woche zum Shampoo. Für die Beurteilung wurden Haut und Haare von den Wissenschafterinnen und Wissenschaftern untersucht. Zusätzlich gaben die Teilnehmenden ihre Selbsteinschätzung zu Protokoll. In beiden Gruppen war die Zufriedenheit der Probandinnen und Probanden am höchsten, wenn sie fast täglich ihre Haare wuschen. Und auch die Untersuchungen zeigten, dass es bei dieser Waschfrequenz keine Schädigungen an den Haaren oder der Kopfhaut gab. Die Expertinnen und Experten kamen zu dem Schluss, dass die Sorge der Überreinigung demnach subjektiv und objektiv unbegründet sei. 

Allerdings wurde in der Studie nicht auf unterschiedliche Haarstrukturen Rücksicht genommen. Asiatinnen und Asiaten haben häufig eine etwas dickere Haarstruktur als Europäerinnen und Europäer. Die Ergebnisse sind deshalb wohl nicht für alle Haartypen aussagekräftig.

Trotzdem plädiert Dermatologin Lämmerhirt dafür, selbst zu entscheiden, was einem guttut, vor allem bei normaler Kopfhaut. "Neben dem medizinischen Aspekt gibt es natürlich auch noch den kosmetischen Anspruch. Wer etwa nach dem Schlafen das Gefühl hat, die Haare stehen kreuz und quer herum und man kann sie nur durch eine Haarwäsche bändigen, kann das auch tun." Nur sportliche Personen, die vielleicht morgens bereits die Haare waschen und nach dem Sport nochmals unter die Dusche springen, sollten nicht unbedingt zweimal pro Tag Shampoo verwenden. "Beim zweiten Mal würde ich empfehlen, die Haare nur mit Wasser zu spülen."

Styling ohne Föhnen

Manche Menschen haben auch die Befürchtung, dass häufiges Haarewaschen zu mehr Haarverlust führen kann. Diese Sorgen kann die Dermatologin jedoch nicht bestätigen. "Beim Waschen verlieren wir nur die Haare, die uns sowieso ausgehen würden. Durch das Haarewaschen werden sie ja nicht ausgerissen." Lediglich beim Stylen kann es helfen, die Haare so oft es geht an der Luft trocknen zu lassen. Denn häufiges Bürsten und Föhnen kann das ein oder andere Haar dann doch zusätzlich ausreißen. (Jasmin Altrock, 11.7.2023)